Für die wasserabweisende Beschichtung von Outdoor-Textilien setzen die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IGB hingegen auf einen biobasierten, nachhaltigen Ersatzstoff: Chitosan. Er bildet eine robuste Hülle um die Textilfaser und sorgt so für eine bessere Abriebbeständigkeit. Gewonnen wird er unter anderem aus Krustentieren. In der EU fallen jährlich rund 250 000 Tonnen Schalenabfälle an, weltweit mehr als 6 Millionen – eine ergiebige Rohstoffquelle. Auch Insektenhäute und -panzer, ein häufiger Reststoff bei der Tierfutterproduktion, enthalten Chitin, aus dem Chitosan hergestellt wird. »Chitosan ist wesentlich reaktiver als Chitin. Das machen wir uns zunutze. Wir bringen es gleichzeitig mit wasserabweisenden Pflanzenölen auf das Textil aus. Unter Hitze und Druck verbinden sich die Substanzen zu einer gleichmäßigen, robusten Schutzschicht«, erklärt Dr.-Ing. Thomas Hahn, stellvertretender Leiter der Arbeitsgruppe Bioprozessentwicklung am Fraunhofer IGB. Und sein Kollege Dr. Achim Weber ergänzt: »Der Clou ist, dass sich unsere naturstoffbasierte Imprägnierung nach der Reinigung in der Waschmaschine einfach wieder aktivieren lässt, indem man das Textil bügelt oder in den Trockner gibt.« Ein weiterer Pluspunkt: Die Formulierung lässt sich mit den bereits in der Textilindustrie verwendeten Maschinen und Produktionstechnologien problemlos aufbringen. »Auch Lebensmittelverpackungen oder beschichtete Kartonagen, die beispielsweise Waschpulver vor Nässe und Verklumpen schützen, sind mit Chitosan gut machbar«, so Weber. Auf PFAS könne hier getrost verzichtet werden.
Unverzichtbar sind die Ewigkeitschemikalien hingegen bisher für die Energiewende. Egal ob in Elektrolyseuren zur Gewinnung von Wasserstoff, in Brennstoffzellen oder in Batterien – überall stecken Membranen aus PFAS. Sie müssen unter anderem über eine hohe chemische Stabilität, spezielle Leit- und Durchlässigkeiten verfügen. »Die Materialanforderungen sind extrem«, weiß Dr. Taybet Bilkay-Troni, Leiterin der Abteilung Polymere und Elektronik am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP. Trotzdem hat sie sich zusammen mit ihrem Team auf die Suche nach Alternativen gemacht – mit Erfolg. Zusammen mit dem Zentrum für BrennstoffzellenTechnik ZBT ist es ihnen gelungen, ein neuartiges Polymer zu entwickeln und daraus Membranen für Anionenaustauschermembran-Wasserelektrolyseure (AEM-WE) zu fertigen.
Bilkay-Troni erklärt: »Die Membran ist das Herzstück jedes Elektrolyseurs. Sie ist entscheidend für die Zuverlässigkeit und den Wirkungsgrad der Elektrolyse, also der Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff durch den Einsatz von elektrischem Strom.« Für die Elektrolyse werden außer der Membran zwei Elektroden (Anode und Kathode) benötigt, eine Gleichstromquelle und eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit, das Elektrolyt. An der Kathode sammelt sich der positiv geladene Wasserstoff, an der Anode der negativ geladene Sauerstoff. Die Membran sorgt für den Transport der negativ geladenen Ionen, der sogenannten Anionen, und trennt den Anoden- und Kathodenraum. Als Elektrolyt dient eine schwache Lauge, die Elektrolyse erfolgt bei Temperaturen von etwa 60 bis 80 Grad – Betriebsbedingungen, denen die Membran dauerhaft ausgesetzt ist. Trotzdem darf sie nicht spröde werden, muss flexibel bleiben und ihre ionische Leitfähigkeit behalten.
Die ersten Ergebnisse in der Elektrolyse-Testzelle sind vielversprechend, die PFAS-freie Membran bleibt stabil. Auch lässt sich das neue Polymer, aus dem die Membran gefertigt ist, sehr gut verarbeiten. Ein weiterer Vorteil: Auf den Einsatz kostspieliger Elektroden aus seltenen Edelmetallen, wie sie bei den derzeit gebräuchlichen Protonenaustauschermembranen notwendig sind, kann verzichtet werden. In Zukunft könnte die Membran auch in Brennstoffzellen zur Anwendung kommen.
»Bis dahin sind jedoch noch einige Entwicklungsschritte nötig«, räumt Bilkay-Troni ein. »Wir sind gerade erst am Anfang unserer Forschung. Als Nächstes wollen wir die Membran gemeinsam mit unserem Partner, der ZBT GmbH, in einer realen Umgebung über einen längeren Zeitraum testen, um die Stabilität und Leitfähigkeit weiter verbessern zu können.« In drei bis fünf Jahren, glaubt sie, könne die Mem-bran marktreif sein. »Die Nachfrage ist groß. Die Unternehmen wollen allerdings immer am liebsten ein fertiges Produkt. Das können wir nicht bieten. Nur gemeinsam mit der Industrie können wir gute Lösungen entwickeln, die ihren Bedürfnissen auch gerecht werden.«