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Alban Bergs "Lyrische Suite" Zeugnis einer heissen Liebesaffäre

8. Januar 1927. Alban Bergs ‘Lyrische Suite’ hat in Wien Premiere. Die Presse ist entzückt, wie expressiv sie ist. Und hat erst mal keine Ahnung, dass diese Expressivität spezielle Wurzeln hat.

Bildquelle: picture alliance / Mary Evans Picture Library

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Die "Lyrische Suite" ist ein Streichquartett und sie ist ‘ein kleines Denkmal einer großen Liebe’, wie Alban Berg sie nennt. Freilich nicht, weil er sie seinem älteren Freund und Mentor Alexander Zemlinsky widmet und auch mit dem Titel auf dessen "Lyrische Sinfonie" anspielt. Oh nein.

Geschichte einer explosiven Leidenschaft

Sechs Sätze hat die "Lyrische Suite", allesamt vielsagend überschrieben: erst Allegretto gioviale (da ist die Welt noch in Ordnung, quasi). Dann aber gehts los, und zwar heftig: von Andante amoroso und Allegro misterioso (mit einem Trio estatico) zum Adagio appassionato und zum Presto delirando. Die Geschichte einer explosiven Leidenschaft – die mit einem Largo desolato und dem Gedicht ‘de profundis clamavi’ von Charles Baudelaire auch entsprechend tragisch zu Ende geht. Nicht ein Lied ohne Worte, sondern eines mit. Aber die werden verschwiegen.

Hang zur Zahlenmystik

1925 lernt Alban Berg Hanna Fuchs kennen, Schwester des Schriftstellers Franz Werfel und Industriellen-Gattin – und es beginnt eine kurze, stürmische und hoffnungslose Romanze. Mit seinem ausgeprägten Hang zur Zahlenmystik verschlüsselt er die Musik: das Stück ist voller Anagramme, Zahlenspiele und Zitate. So kommen die Töne H F und A B immer wieder vor, oder die Zahlen 10 (Hanna Fuchs hat in der Quersumme 10 Buchstaben) und 23, die Alban Berg als seine Schicksalszahl empfand. Die Taktzahlen der einzelnen Sätze sind Vielfache der 10 und der 23, dazu gibt es Zitate, zum Beispiel aus Richard Wagners "Tristan".

Warum Alban Berg all die Anspielungen nicht öffentlich machte? Ging erstens außer seiner Hanna niemanden was an, und zweitens wollte Berg, dass man seine Musik als genial zwölftontechnisch konstruierte Musik hört und nicht als biografisches Dokument.

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Alban Berg - Lyrische Suite [Lyric suite] [With score]

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Sendung: "Allegro" am 8. Januar 2025 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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