Poor Things

Poor Things

Poor Things ist der neue Film von Regisseur Giorgos Lanthimos und gilt mit 4 Oscars als einer der großen Abräumer 2024. Beste Hauptdarstellerin, bestes Szenenbild, beste Kostüme sowie Make-Up konnte dieser Film ergattern. Dabei ist Lanthimos Modernisierung des Frankensteinmythos skurril und definitiv nicht für jeden geeignet.

Der entstellte, aber geniale Arzt Godwin Bexter startet sein bisher wohl größtes Experiment und überschreitet dabei zu Gunsten der Wissenschaft sämtliche Grenzen der Moral. Dieses Experiment trägt den Namen Bella Bexter. Ein kleines Kind im Körper einer erwachsenen Frau, das erst lernen muss, was es heißt zu Leben. Während der von ihr bezeichnete God, Bella bis ins letzte Detail untersuchen möchte, hat die neugierige Schöpfung jedoch andere Pläne. Sie möchte die weite Welt erkunden und so brennt sie bei der ersten Gelegenheit mit dem zwielichtigen Duncan Wedderburn durch. Auf ihrer langen Reise lernt Bella sowohl die schönen als auch grausamen Seiten des Lebens kennen. Auf diese Weise erfährt sie, was es heißt ein Mensch zu sein.

So wie auch Bella, muss sich auch der Film erst einmal entwickeln. Der Anfang gleicht alten Horrorklassikern wie besagtem Frankenstein von 1932. Ein schwarz-weißes Bild, skurrile Tiergestalten und unharmonische Klaviertöne. Die ungewohnte Inszenierung spiegelt Bellas Sicht auf die ihr noch unverständliche Welt ausgezeichnet wieder. So wird beispielsweise ein spezielles Teleobjektiv verwendet, um das Bild und gleichzeitig unsere Welt zu verzerren. Je weiter Bella ihr Umfeld erkundet und ihre Identität zu finden beginnt, entfaltet auch der Film seine Elemente. Poor Things entwickelt mit seiner Protagonistin gemeinsam seine eigene Musik, bunte Farben sowie künstlerische Kulissen. Dabei entsteht ein Kampf zwischen der querdenkenden Puppe und unserer geordneten Welt. Als Fremdkörper, durchbricht Bella die förmlichen Sitten der feinen Gesellschaft mit ihrer direkten Art. Sie macht sich auf ihrer Reise sowohl neue Freunde als auch Feinde, versucht jedoch stets ihr Schicksal selbst in der Hand zu behalten. Gleichzeitig muss sie sich jedoch auch der harten Realität stellen und lernt Angst wie auch Verzweiflung kennen. Daraus entsteht eine interessante Dynamik. Kann Bella die Welt verändern oder wird unsere Realität sie verändern?

Wer Poor Things gesehen hat, wird Emma Stones Oscar nicht anzweifeln. Ihr kommt die schwierige Aufgabe zu, eine Person zu verkörpern, die nicht weiß wie ein Mensch sich verhält. Doch durch ihre steifen, fast schon unmenschlichen Bewegungen wie auch Gesichtsausdrücke meistert die Schauspielerin diese Herausforderung. Wir können mit ihrer Bella Bexter mitfühlen und vor allen Dingen aufgrund Emma Stones Performance funktioniert diese Odyssey der Gefühle.

Poor Things ist ein originelles und skurriles Werk, wie man es wirklich selten zu Gesicht bekommt. Dieser Film fordert den Zuschauer heraus, verwehrt ihm sich in den Sitz zurück lehnen zu können und überschreitet dabei die Grenzen der modernen Sehgewohnheiten. Aber genau dieser Ansatz in Kombination mit dem unverwechselbaren Stil, machen Lanthimos neuen Film zu einer unvergesslichen Reise, der neugierige Kinogänger auf jeden Fall eine Chance geben sollten.

#14-2/2024

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