BLS Ce 4/6
BLS-Gruppe Ce 4/6 | |
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Ce 4/6 307, seit 1986 ausgestellt im Verkehrshaus der Schweiz
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Nummerierung: | 301–314 |
Anzahl: | 14 |
Hersteller: | mechanischer Teil: SLM elektrischer Teil: 301–307: MFO 308–314: BBC |
Baujahr(e): | 1919 |
Ausmusterung: | 1968–1973 |
Achsformel: | (1’B)(B1’) |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Puffer: | 14,39 m |
Drehgestellachsstand: | 4350 mm |
Gesamtradstand: | 10.550 mm |
Dienstmasse: | 70 t |
Reibungsmasse: | 50 t |
Radsatzfahrmasse: | 12,5 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 60 km/h, ab Ende 1940er Jahre 65 km/h |
Stundenleistung: | 735 kW (1000 PS)[1] |
Anfahrzugkraft: | 108 kN |
Stundenzugkraft: | 74 kN |
Dauerzugkraft: | 60 kN |
Treibraddurchmesser: | 1230 mm[1] |
Laufraddurchmesser: | 850 mm |
Stromsystem: | 15 kV 16,7 Hz |
Stromübertragung: | Pantograf |
Anzahl der Fahrmotoren: | 2 |
Antrieb: | Schlitzkuppelstangen |
Übersetzungsverhältnis: | 1:3,781 |
Steuerung: | Stufenschalter |
Besonderheiten: | 308–314 zu Ce 4/4 umgebaut |
BN Be 4/6 | |
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Nummerierung: | 315–317 |
Anzahl: | 3 |
Hersteller: | mechanischer Teil:SLM elektrischer Teil: BBC |
Baujahr(e): | 1922 |
Ausmusterung: | 1956 |
Höchstgeschwindigkeit: | 75 km/h |
Übersetzungsverhältnis: | 1:3,06 |
Besonderheiten: | Umbau zu Ce 4/4 |
BLS-Gruppe Ce 4/4 | |
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Ce 4/4 315, 1991 abgestellt in Spiez
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Nummerierung: | 307–317 |
Anzahl: | 10 |
Hersteller: | SLM MFO |
Baujahr(e): | Umbau 1954–56 |
Ausmusterung: | 1968–1996 |
Achsformel: | B’B’ |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Puffer: | 12,34 m |
Drehgestellachsstand: | 2900 mm |
Dienstmasse: | 64 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 65 km/h |
Die Ce 4/6 war eine Elektrolokomotive, die von der Betriebsgruppe der Berner Alpenbahn-Gesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon (BLS) beschafft wurde. Die Serie umfasste 17 Lokomotiven, die ersten 14 wurden 1919 und die letzten drei 1922 beschafft. Die letzten drei Maschinen hatten eine etwas höhere Leistung und auch eine um 10 km/h erhöhte Höchstgeschwindigkeit. Drei Lokomotiven wurden der BLS, zwei der SEB, zwei der EZB, fünf der GTB, zwei der BSB und drei der BN zugeteilt. Sie waren jedoch unter den Bahnen freizügig einsetzbar.
Die letzten zehn Lokomotiven wurden zwischen 1954 und 1956 zu Ce 4/4 Lokomotiven umgebaut.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schweiz hat kaum abbauwürdige Kohlevorkommen im eigenen Land, weshalb es während des Ersten Weltkriegs zu einer grossen Kohlennot kam. Die Berner Regierung beschloss deshalb 1918, die von der BLS betriebenen Nebenbahnen zu elektrifizieren und die für den Betrieb nötigen Lokomotiven zu bestellen, was diesen den Spitznamen Dekretsmühlen einbrachte. Die Lokomotiven sollten als leichte Universalmaschinen die kleinen Dampflokomotiven ablösen. Jede Lokomotive kostete 700 000 Franken, was einem Geldwert von 3,4 Mio. Franken im Jahr 2023 entspricht. Der mechanische Teil wurde von der Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM), die elektrische Ausrüstung für die ersten sieben Lokomotiven stammte von der Maschinenfabrik Oerlikon (MFO), für die restlichen von Brown, Boveri & Cie. (BBC).
Für die in den Jahren 1923 bis 1928 elektrifizierte Bern-Neuenburg-Bahn (BN) wurden drei Lokomotiven nachbeschafft. Die bereits 1922 fertiggestellten Lokomotiven verblieben im Besitz der BBC und wurden bis zum Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten nur an die BN vermietet.
Einsatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lokomotiven bewährten sich vor allem im Simmental und im Gürbetal, auf der Bern-Schwarzenburg-Bahn (BSB) war die Lokomotive im Personenverkehr im Verhältniss zu den leichten Zügen viel zu schwer, so dass eine der beiden BSB-Lokomotiven 1925 gegen einen Halbesel der BLS getauscht wurde. Ab den 1940er Jahren waren die Lokomotiven hauptsächlich in der Region Spiez anzutreffen, im Personenverkehr wurden sie von den Leichttriebwagen verdrängt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Ce 4/6 auch an die Chemin de fer Régional du Val-de-Travers (RVT), die Oensingen-Balsthal-Bahn (OeBB) und an die Vereinigte Huttwil-Bahnen (VHB) ausgeliehen, weil für aufgrund der knappen Rohstoffe in den Kriegsjahren keine Lokomotiven für diese frisch elektrifizierten Bahnen gebaut werden konnten.
Technik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Pflichtenheft der Ce 4/6 sah vor, dass auf einer Steigung von 15 ‰ ein 310 t schwerer Zug befördert werden muss und auf 25 ‰ ein 180 t schwerer Zug 35 km/h erreichen muss. Gleichzeitig war die höchste zulässige Achslast 12,75 t.
Mechanik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ce 4/6 war die kleinere, leistungsschwächere Variante der gleichzeitig gebauten SBB Be 4/6, mit nur zwei statt vier Fahrmotoren. Sie basiert auf den gleichen Konstruktionsprinzipien wie die Krokodil-Lokomotiven, besitzt aber nur kurze Vorbauten, in welchen Kompressor und Sandvorrat untergebracht ist. Die Zug- und Stossvorrichtungen sind an den Drehgestellen angebracht, die über Drehzapfen mit Brückenrahmen verbunden sind. Die Drehzapfen übertragen nur die Zugkräfte auf die Brücke, die Stosskräfte werden über Pufferplatten direkt von einem Drehgestell auf das andere übertragen.[2] In jedem Drehgestell ist eine führende Adamsachse angeordnet. Diese war notwendig, weil noch nicht auf allen Strecken genügend hoher Achsdruck zulässig waren, wie sie sich bei einer laufachslosen Konstruktion ergeben hätte.
Elektrik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In jedem Drehgestell ist ein fremdbelüfteter Fahrmotor eingebaut, der über Zahnräder eine Blindwelle antreibt. Schlitzkuppelstangen verbinden diese mit den beiden Triebachsen. Die beiden Fahrmotoren waren ständig parallel geschaltet und wurden vom Transformator über einen Stufenschalter mit einer Spannung von maximal 500 V versorgt.
Die elektrische Ausrüstung der Lokomotiven unterschied sich geringfügig. Die MFO-Lokomotiven hatten 10-polige Fahrmotoren. Der Stufenschalter wurde von einem Elektromotor angetrieben, es standen 16 Fahrstufen zur Verfügung. Wie bei den Krokodil-Lokomotiven war der Transformator im Maschinenraum in einem oben und unten offenen Luftkanal angeordnet, das Öl zirkulierte durch Konvektion in seitlich am Transformator angeordneten Kühlrohren.[3]
Die BBC-Lokomotiven hatten 12-polige Fahrmotoren mit Widerstandsverbinder, deren Spannung von einem über dem Transformator angeordneten Stufenschalter mit Handantrieb geregelt wurde. Es standen 13 Fahrstufen zur Verfügung. Die BBC-Transformator hatte eine Ölumlaufkühlung und war dadurch leichter als der Transformator der MFO-Lokomotiven.[3]
Ende der 1940er Jahre wurden die Ölhauptschalter durch Dachsicherungen ersetzt und die Stufenschalter durch Hüpfersteuerungen ersetzt. Mit den neu gewickelten Fahrmotoren konnte die Höchstgeschwindigkeit auf 65 km/h erhöht werden. Anfang der 1950er Jahre wurden die Dachsicherungen durch Drucklufthauptschalter ersetzt und ein Stromabnehmer entfernt. Mitte der 1960er Jahre erhielten alle Lokomotiven, auch die nicht umgebauten Ce 4/6, BBC-Stromabnehmer anstelle der MFO-Stromabnehmer.
BN-Lokomotiven
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die 1922 nachgebauten BN-Lokomotiven hatten eine andere Getriebeübersetzung, die ihnen eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h ermöglichte, so dass sie auch für Schnellzüge eingesetzt werden konnten. Sie erhielten daher auch die Bezeichnung Be 4/6, statt Ce 4/6. 1930 wurden die Maschinen zusätzlich mit Laufachsbremsen ausgerüstet. Beim Umbau, bei dem die Laufachsen entfernt wurden, erhielten die Lokomotiven die gleichen Getriebe wie die übrigen, so dass auch sie zu Ce 4/4 mit einer neuen Höchstgeschwindigkeit von 65 km/h wurden.
Umbau zu Ce 4/4
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem alle Strecken auf höhere Achslasten umgebaut waren, wurden zwischen 1954 und 1956 bei zehn Lokomotiven die Laufachsen und die kleinen Vorbauten entfernt. Dadurch wurden die Lokomotiven rund sechs Tonnen leichter.[4] Das Fahrverhalten wurde durch den Umbau nicht negativ beeinflusst. Die Lokomotiven wurden dem Depot Holligen zugeteilt und verkehrten vor leichten Personenzügen auf der Gürbetal-Bern-Schwarzenburg-Bahn und vor Güterzügen auf dem ganzen BLS-Netz. Um 1960 wurden in den Seitenwänden Düsengitter für die Fahrmotorkühlung eingebaut.
Baujahre und Fabriknummern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ursprüngliche Nummer | Baujahr[5] | Werknr. SLM[5] | Elektrische
Ausrüstung |
Umbau Ce 4/4[6] |
Umzeichnungen (Nummer ab Jahr) |
Verbleib |
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BLS Ce 4/6 301 | 1919 | 2683 | MFO | - | - | 1972 Abbruch |
BLS Ce 4/6 302 | 1919 | 2684 | MFO | - | - | 1969 Abbruch |
BLS Ce 4/6 303 | 1919 | 2685 | MFO | - | - | 1971 Abbruch |
SEB Ce 4/6 304 | 1919 | 2686 | MFO | - | SEZ 304 (1943) | 1973 Abbruch |
SEB Ce 4/6 305 | 1919 | 2687 | MFO | - | SEZ 305 (1943) | 1968 Abbruch |
EZB Ce 4/6 306 | 1919 | 2688 | MFO | - | SEZ 306 (1943) | 1971 Abbruch |
EZB Ce 4/6 307 | 1919 | 2689 | MFO | - | SEZ 307 (1943) | 1973, seit 1982 erhalten im Verkehrshaus der Schweiz |
GTB Ce 4/6 308 | 1919 | 2690 | BBC | 1955 | GBS 308 (1944) BLS 308 (1956) GBS 309 (1957) |
1975 Abbruch |
GTB Ce 4/6 309 | 1919 | 2691 | BBC | 1954 | GBS 308 (1944) BLS 309 (1957) GBS 314 (1975) |
1975 Abbruch |
GTB Ce 4/6 310 | 1919 | 2692 | BBC | 1955 | GBS 310 (1944) |
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GTB Ce 4/6 311 | 1919 | 2693 | BBC | 1956 | GBS 311 (1944) | 1982 Abbruch[7] |
GTB Ce 4/6 312 | 1919 | 2694 | BBC | 1956 | GBS 312 (1944) |
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BSB Ce 4/6 313 | 1919 | 2695 | BBC | 1955 | GBS 313 (1944) | |
BSB Ce 4/6 314 | 1919 | 2696 | 1954 | GBS 314 (1944) BLS 308 (1975) |
1984 Abbruch | |
BN Be 4/6 315 | 1922 | 2843 | BBC | 1956 | - |
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BN Be 4/6 316 | 1922 | 2844 | BBC | 1956 | - | |
BN Be 4/6 317 | 1922 | 2845 | BBC | 1956 | - | 1968 Abbruch |
Die Ce 4/6 307 ist als historische Lokomotive erhalten und war lange Zeit im Verkehrshaus Luzern ausgestellt.
Die Ce 4/4 312 ist bei dem Club del San Gottardo erhalten, und zwar in dem Zustand wie sie zuletzt bei der SZU eingesetzt wurde. Im März 2013 ist die Ce 4/4 312 in den Bestand der BLS-Stiftung`Pioniertaten`übergegangen, welche sich um die historischen Fahrzeuge der BLS kümmert.
Der Transformator der Ce 4/4 316 wurde, anlässlich ihrer Revision von 1995 und 2008, in die SBB De 6/6 15301 eingebaut. Der Rest der 316 wurde danach verschrottet.
Vor der Verschrottung leisteten die 310 und 316 noch Rangierdienst in der Werkstätte Bönigen, wobei sie nur noch einen funktionsfähigen Motor besassen.
Anstrich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lokomotiven waren üblicherweise BLS-Braun. Ausnahmen waren die Ce 4/6 302, 309 und 313, die zeitweise einen grünen Anstrich trugen.[4] Die an die SZU verkaufte Ce 4/6 312 erhielt einen Anstrich in den Hausfarben der Bahn.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b René Thiessing: Ein Jahrhundert Schweizer Bahnen 1847 -1947. Band 3. Huber, Frauerfeld 1955, S. 170.
- ↑ Zindel Georges, S. 83
- ↑ a b Zindel Georges, S. 84
- ↑ a b Martn Klauser, S. 27
- ↑ a b Kaspar Vogel: Die Schweizerische Lokomotiv- und Maschinenfabrik 1871 - 1997. 2., erw. Auflage. Luzern 2007, ISBN 978-3-907014-17-2, S. 207, 210.
- ↑ Martin Klauser, S. 29
- ↑ a b c d Bruno Lämmli: BLS Ce 4/6: Betriebseinsatz Teil 2. In: lokifahrer.ch. 2022, abgerufen am 28. Januar 2023.
- ↑ EA 4/2013 Seite 175
- ↑ Nächste Generation: Elektro Lokomotive: Ce 4/4 313 ( vom 28. Februar 2019 im Internet Archive) abgerufen am 27. Februar 2019.
- ↑ Gotthard Schnyder AG, Eisen und Metalle. Abgerufen am 28. Januar 2023.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zindel Georges: Die 1B+B1 Wechselstrom-Lokomotiven für die Bernischen Dekretsbahnen. In: Schweizerische Bauzeitung. Band 76, Nr. 8, 21. August 1920, S. 83–84, doi:10.5169/SEALS-36510 (e-periodica.ch [abgerufen am 28. Januar 2023]).
- Peter Willen: Lokomotiven und Triebwagen der Schweizer Bahnen / 3, Privatbahnen Berner Oberland, Mittelland und Nordwestschweiz. 2., überarb. Auflage. Orell Füssli, Zürich 1985, ISBN 3-280-01526-X, S. 75–76.
- Peter Hürzeler: Die Berner Dekretsmühlen : Ce4/6 und Ce 4/4 sowie CFe 2/6 und Re 2/3 der BLS Gruppe. Bern 2019, ISBN 978-3-7272-6100-8.
- Martin Klauser: Die «Dektretsmühlen» Ce 4/6 BLS-Gruppe. In: Lökeli-Journal. Nr. 2. Kleinfeld, 1996, S. 25–31.