Ambrosianischer Gesang
Als ambrosianischer Gesang wird eine im 4. Jahrhundert n. Chr. aufgekommene Form der Liturgie und Kirchenmusik bezeichnet, die in der Region um Mailand und in Tälern des Kantons Tessin bis heute erhalten geblieben ist.
Ursprung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im vierten Jahrhundert kam es in Italien zu liturgischen und musikalischen Reformen. Sie gingen von Rom und Mailand aus. Die Mailänder Reformen wurden nach dem Bischof Ambrosius von Mailand (374–397) benannt, obwohl sie erst in späterer Zeit aufgezeichnet wurden. Der Ursprung des ambrosianischen Gesangs liegt in der Ostkirche, Mailand hatte mehrere griechische Bischöfe.
Ambrosius ordnete die Feier der Vigilien („Nachtwachen“) neu, um sie dem Volk attraktiver zu machen, und führte Hymnen und Antiphonen ein. Nach seinem Biographen soll er diese neuen Lieder zum ersten Mal angestimmt haben, als er mit seinen Getreuen in der Mailänder Basilika von der Kaiserin Justina belagert wurde.
Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ablösung der ambrosianischen durch die gregorianische Kirchenmusik erfolgte nicht friedlich. Im Bemühen, die Kirchenmusik und Liturgie zu vereinheitlichen, kam Karl der Große persönlich nach Mailand, um die ambrosianische Tradition auszumerzen. Bischof Eugenius rettete jedoch das Mailänder Erbe. Im 11. Jahrhundert versuchten Nikolaus II., Petrus Damiani und Gregor VII. die Reste des ambrosianischen Gesanges auszurotten. Als weitere 500 Jahre später, im Gefolge des Konzils von Trient, die römische Liturgie fast im ganzen Bereich der Lateinischen Kirche normgebend wurde, gelang es dem heiligen Karl Borromäus und seinem Cousin, dem Kardinal Friedrich Borromäus, die Mailänder Tradition zu bewahren.
So erhielt sich der ambrosianische Gesang in Mailand selbst, in einigen Kirchen des Schweizer Kantons Tessin, besonders im Bleniotal, der Leventina und der Riviera (Bistum Lugano) bis heute.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die älteste gut erhaltene Schrift ist das Antiphonarium Ambrosianum aus dem 12. Jahrhundert, jetzt im Britischen Museum (London). Daneben existieren noch Fragmente aus dem 10. Jahrhundert und ein ganz unlesbares Palimpsest aus dem 7. Jahrhundert. 1475 wurde das Missale Ambrosianum zum ersten Mal gedruckt. Karl Borromäus gab 1582 und 1588 ein neues Brevier heraus, bemüht, sich dem Ursprung dieser Musik wieder anzunähern.
Erforschung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dom Guerrino Amèlli (1848–1933) begann 1881 eine erneute Reform des ambrosianischen Gesangs und veröffentlichte 1883 das Directorium Chori und eine Sammlung von Messgesängen. Dom Gregori Sunyol widmete sein ganzes Leben der Erforschung und Herausgabe ambrosianischer Musik. Er arbeitete die Bedeutung dieser Musik für die Entstehung der lateinischen Kirchenmusik heraus.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Terence Bailey: Ambrosianischer Gesang. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Sachteil, Band 1 (Aachen – Bogen). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 1994, ISBN 3-7618-1102-0 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- The New Oxford History of Music, Vol. II: Early Medieval Music up to 1300. London 1954
- A. S. Walpole: Early Latin Hymns. Cambridge 1922; archive.org.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Päpstliches ambrosianisches Institut für Kirchenmusik
- Canto Ambrosiano (Schola Gregoriana Mediolanensis) ( vom 18. August 2013 im Internet Archive) (ital.)