Atomemissionsspektrometrie
Die Atomemissionsspektrometrie (AES), oft auch optische Emissionsspektrometrie (OES) gennat, ist Methode der Atomspektrometrie. Sie wird zur quantitativen und qualitativen Analyse von festen, flüssigen und gasförmigen Proben eingesetzt. Die Methode basiert auf der Grundlage, dass angeregte Atome eine elementspezifische, elektromagnetische Strahlung aussendet und somit Informationen über die Probe liefert. Die Anregung der Atome erfolgt über eine externe Energiezufuhr, z. B. über eine Flamme, einen Bogen, einen Funken oder ein induktiv gekoppeltes Plasma (ICP), und der Überführung in den Plasmazustand.
Flammen-Atomemissionsspektrometrie (F-AES)
Bei der Flammen-Atomemissionsspektrometrie (engl.: flame atomic emission spectrophotometry, F-AES), wird eine Materialprobe (Analysesubstanz) in eine Flamme gebracht, z. B. als Lösung verdampft und der Dampf der Flamme zugeführt. Durch die Wärmeenergie der Flamme werden die äußeren Valenzelektronen angeregt und auf ein energetisch höheres Niveau gehoben. Beim Rückfall in den Grundzustand wird die vorher zugeführte Energie als Lichtenergie abgegeben; dabei emittieren die Atome ihr elementspezifisches Spektrum, das im Spektrometer dispergiert und analysiert wird. Das Flammenemissionsspektrum wird mit einem Flammenphotometer oder, da inzwischen häufiger am Markt vertreten, mit einem Flammen-Atomabsorptionsspektrometer im Emissionsbetrieb, gemessen. Die häufigste Anwendung der Emissionsmessung mit der Flamme ist die Bestimmung von Alkalimetallen im Bereich der pharmazeutischen Analytik. Die Methode ist sehr empfindlich und einfach in der Durchführung.
Zugunsten einer preiswerteren Analytik (keine Lampe notwendig) verzichtet man auf wesentliche Vorteile einer Messung in Atomabsorption (bessere Linearität, weiterer Arbeitsbereich, geringere Abhängigkeit von der Flammentemperatur). Im Pharmabereich existieren teilweise 30 Jahre alte Vorschriften, die eine Messung in Emission vorschreiben, obwohl sich in allen anderen Bereichen inzwischen die Atomabsorption durchgesetzt hat.
Optische Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-OES)
ICP-OES steht für englisch „inductively coupled plasma optical emission spectrometry“, also „optische Emissionsspektrometrie mittels induktiv gekoppeltem Plasma“. Das „A“ in der älteren Bezeichnung ICP-AES steht für atomic, was jedoch etwas irreführend ist, da in der OES Ionenlinien eine dominante Rolle spielen und nicht Atomlinien.
Die Methode des induktiv gekoppelten Plasmas beruht auf der Verwendung eines sehr heißen (ca. 10.000 K) Argon-Plasmas zur Anregung der optischen Emission der zu analysierenden Elemente. Die Grundlagen erarbeiteten unabhängig voneinander Greenfield und Fassel 1964/65. Das erste kommerzielle Gerät wurde 1975 vorgestellt, seit ca. 1985 wird es routinemäßig in der Industrie angewandt. So ist die ICP-OES-Technik inzwischen in der Umweltanalytik, Materialforschung, Metall- und Pharmaindustrie sehr weit verbreitet.
Prinzip
Ein Plasma ist ein ionisiertes Gas, das neben Atomen auch Elektronen und Ionen enthält. Als Gas wird aufgrund seiner gegenüber den zu bestimmenden Elementen großen Ionisierungsenergie (15,76 eV), seiner chemischen Inertheit, seines vergleichsweise niedrigen Preises, sowie der fehlenden Bandenspektren, meist Argon (einatomiges Gas) verwendet. Die Energieübertragung erfolgt dabei nach der Zündung durch einen Teslafunken durch das in den Spulen anliegende Hochfrequenzfeld. Freie Elektronen werden nun durch das anliegende Feld beschleunigt und heizen durch Kollision mit den Atomrümpfen das Plasma auf. Bedingt durch die hohe Teilchendichte im Plasma erhitzen sich Plasma und Probenaerosol auf 6.000–12.000 K (abhängig von der RF-Leistung des Hochfrequenzgenerators). Die herrschenden Temperaturen sind dabei lokal unterschiedlich, man unterscheidet Ionisations-, Elektronen- und Anregungstemperaturen. Wichtig ist vor allem die Anregungstemperatur mit ca. 6.000 K. Das Probenaerosol wird dabei durch die Mitte des Plasmastromes geleitet, ohne dessen Stabilität/Gleichgewicht zu beeinflussen.
Aufbau
Die wichtigsten Teile eines ICP-Spektrometers sind Hochfrequenzgenerator (27 MHz oder 40 MHz), Plasmafackel, Probenzerstäuber (Ultraschall, 1 MHz) und das eigentliche Spektrometer. Der Monochromator moderner OES ist hauptsächlich in der Echelle-Anordnung aufgebaut, da bei dieser Technik aufgrund der kontinuierlichen Emission des Spektrums eine wesentlich bessere Auflösung als in der AAS notwendig ist. Am häufigsten wird ein Polychromator verwendet, da mit ihm die simultane Messung vieler Elemente in kurzer Zeit und sehr stabil möglich ist. Meist kommen Echelle-Polychromatoren in Verbindung mit einem CCD-Flächendetektor zum Einsatz. Die Eigenschaften des Argonplasmas lassen sich in dieser Kombination am besten nutzen:
- Großer dynamischer Messbereich
- Multielementtechnik
- Gute Langzeitstabilität für große Messserien
Die elektromagnetischen Wellen können an zwei verschiedenen Stellen von der Plasmafackel aufgenommen werden.
- axial, d. h. vom Ende der Fackel (verlängerte Achse) und
- radial, d. h. von der Seite.
Mikrowellen-Plasmafackel-AES (MPT-AES)
MPT-AES steht für englisch microwave plasma torch atomic emission spectrometry also Mikrowellen-Plasmafackel-Atomemissionsspektrometrie. Es ist ein Verfahren der Spurenanalytik und dient zur empfindlichen Elementanalyse. Der Vorteil bei diesem Verfahren liegt im relativ einfachen Aufbau und in der Verwendung von preiswerten Komponenten. Insbesondere der Gasverbrauch ist im Vergleich zur ICP-OES bedeutend geringer.
Interferenzen in der MPT-AES
Auch hier unterscheidet man spektrale Störungen und nicht-spektrale Störungen. Chemische Störungen sind kaum von Bedeutung, da die meisten chemischen Verbindungen durch die hohen Temperaturen in der Induktionszone (10.000–12.000 K) des Plasmas dissoziiert werden. Die spektralen Störungen entstehen durch Emissionslinien der Fremdelemente (Interferenten) und Moleküle in der Probenmatrix. Hierzu zählen:
- Direkte Überlagerung von Linien
- Kontinuumsstrahlung aus der Matrix
- Emission von Molekülbanden, wie: –OH, C2, CN, NO, N2
Diese Störungen lassen sich durch:
- geeignete Untergrundanpassung
- die Betrachtung mehrerer Linien pro Element
- spektrale Entfaltung der Linie durch Messung Blindlösung/Analyt/Störer
- Inter-Element-Korrektur
- Standardadditionsverfahren
- veränderte Beobachtungsrichtung
beseitigen.
Zu den nicht-spektralen Störungen zählen auch hier die physikalischen Eigenschaften der Probenlösungen, wie:
- Dichte
- Oberflächenspannung
- Viskosität
Diese können die Zerstäubungseigenschaften, Zerstäuberkammeraerodynamik und den Probentransport nachhaltig beeinflussen. Weiterhin zählen zu den nicht-spektralen Störungen Veränderungen der Anregungsbedingungen im Plasma durch:
- Temperaturänderungen
- Änderungen der Elektronenanzahl im Plasma (Impedanz)
Sie lassen sich durch geeignete Matrixanpassungen sowie Standard-Additionsverfahren beseitigen.
Literatur
- Bernhard Welz, Michael Sperling: Atomabsorptionsspektrometrie. 4. Auflage, Weinheim 1999, ISBN 3-527-28305-6.
- D. A. Skoog, J. J. Leary: Instrumentelle Analytik. Springer, Berlin 1996, ISBN 3-540-60450-2.
- D. C. Harris: Quantitative Chemical Analysis 7. Auflage, W. H. Freeman and Company, New York 2003, ISBN 0-7167-7694-4.
- K. Cammann: Instrumentelle Analytische Chemie. Spektrum Akademischer Verlag, 2000, ISBN 3-8274-0057-0.
- J. Nölte: ICP Emissionsspektrometrie für Praktiker. Grundlagen, Methodenentwicklung, Anwendungsbeispiele. Verlag Wiley-VCH, Weinheim 2002, ISBN 3-527-30351-0.
- G. Wünsch: Optische Analysenverfahren zur Bestimmung anorganischer Stoffe. In: Sammlung Göschen. Bd. 2606, Verlag de Gruyter, Berlin, ISBN 3-11-003908-7.
- J.-M. Mermet, E. Poussel: ICP Emission Spectrometers: Analytical Figures of Merit. In: Applied Spectroscopy. 49, 1995, S. 12A–18A (doi:10.1366/0003702953965588).
Weblinks
- R. D. Beaty, J. D. Kerber: Concepts, Instrumentation and Techniques in Atomic Absorption Spectrophotometry. Second Edition, The Perkin Elmer Corporation (96-seitiges Buch zur AAS als pdf-Dokument (422 kB) in englischer Sprache (an der Eingabemaske nach „Beaty Kerber“ suchen)).
- Ulrich Engel: Anwendung und Entwicklung von Mikrowelleninduzierten Plasmen für die Analytische Atomspektrometrie. Dissertation, Technische Universität Dortmund, 2000 (Informationen vor allem zur OES).
- The 30-Minute Guide to ICP-MS. (8-seitige Perkin Elmer Applikationsnote als pdf-Dokument (370 kB) in englischer Sprache (an der Eingabemaske nach „30-minute guide“ suchen)).
[[Kategorie:Atomphysik]] [[Kategorie:Atomspektroskopie| Atomspektroskopie]] [[en:atomic emission spectroscopy]]