Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt

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Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt ist eine 1932 erschienene theoretische Arbeit Ernst Jüngers, in welcher er sich mit der Figur des Arbeiters als einer elementaren, die bürgerliche Gesellschaft zerstörenden Macht auseinandersetzt. In ihr zeigt sich für Jünger der Aufzug einer neuen Epoche, welche durch den „totalen Arbeitscharakter“ bestimmt ist. Dieser untergräbt die Werte der bürgerlichen Welt – Wertschätzung des Individuums, demokratischer Liberalismus, Gesellschaftsvertrag – und setzt ihnen die Tatsachen des „Typus“, „Arbeiterstaats“ und Arbeitsplans entgegen.

Inhalt

Der „Arbeiter“ als theoretisches Werk

In einem Rundfunkinterview erklärt Jünger zu seinem Vorhaben, durch die Gestalt des Arbeiters eine Theorie der Moderne zu liefern:

„Meine Aufgabe stelle ich mir lediglich dahin, die heute überall sichtbar werdenden Perspektiven etwas zu verlängern, und, wenn sich mir bei dieser Arbeit eine besondere und zunächst nicht beabsichtigte Überzeugung aufdrängte, so besteht sie darin, daß alle diese Perspektiven auf einen gemeinsamen Schnittpunkt gerichtet sind. Diesen gemeinsamen Ort, an dem die Veränderungen ihren chaotischen Charakter verlieren und als sinnvoll zu erkennen sind, nenne ich die Gestalt des Arbeiters.“[1]

Zu den vorbereitenden Schriften gehören „Die totale Mobilmachung“, sowie „Die Arbeits-Mobilmachung“ aus „Die Kommenden“. Jüngers Werk kann dabei einerseits als Beschreibung, andererseits als Vorausschau auf kommende Verhältnisse gelesen werden, ist aber mit Sicherheit eine Aktualisierung apokalyptischer Denkmuster der 1920er Jahre. Dabei Betrachtet Jünger den Untergang der bürgerlichen Welt nicht neutral, sondern mit Genugtuung.[2] Auch im später verfassten Vorwort von 1963 erklärt Jünger, daß es ihm um die Möglichkeit ging, die Ereignisse „nicht nur zu begreifen, sondern, obwohl gefährlich, auch zu begrüßen“.[3]

Erster Teil: Begriff des Arbeiters

Jüngers Epochenüberblick ist nicht anhand einer stringenten Theorie expliziert, vielmehr umspielt er unter verschiedenen Perspektiven die Gestalt des Arbeiters. Dabei koppelt er diese von gesellschaftlichen und sozialen Zuständen ab, und schreibt sie einer elementaren Macht zu. Diese bricht in die bürgerliche Welt ein und überformt sie bis zu deren endgültigen Verschwinden.

Da die Gestalten keine sich spontan aus Konfigurationen bildende vergängliche Erscheinung sind, sondern überzeitlich, ist ihr verstärktes Eintreten und Eingreifen in der Moderne ein nicht aufzuhaltender Prozeß. Der Begriff der Gestalt hat somit bei Jünger nicht die zur selben Zeit aktuelle Bedeutung im Sinne der Gestaltpsychologie, sondern ist als metaphysischer Begriff zu lesen. Für Jünger bedeutet das „Sehen von Gestalten“ einen „revolutionären Akt“ (§ 10), da es geistig, sowie der Tat nach an neuen Entwicklungen teilhaben läßt.

Zweiter Teil: Phänomenologie der Moderne

Im zweiten Teil des Buches liefert Jünger ein reiches Panorama an Beobachtungen, in welchen er die Gestalt des Arbeiters heraufkommen sieht, dies reicht über die Garderobe, das Freizeitverhalten der Massen, Körperkult, Ablösung des Theaters durch das Kino, bis hin zur Physiognomie des Städters. Zentral hierbei ist die Ablösung des Individuums durch den Typus des Arbeiters. Damit geht eine Gleichförmigkeit der zivilisierten Welt einher (sichtbar auch an der Ähnlichkeit disparater Bereiche von Reklame, Hygiene, Statistik), die bisweilen in eine Grausamkeit ausschlagen kann.

Rezeption

Der Philosoph Martin Heidegger griff Jüngers Diagnose der „totalen Mobilmachung“ auf, in welcher er die „Machenschaft“ des modernen technologischen Zeitalters erblickt, welches alles zum Bestand degradiert und auf seine Verwertbarkeit hin stellt.

Jünger selbst wird sich später von seiner Haltung distanzieren, welche die beschriebenen Ereignisse noch begrüßte und auf Anteilnahme hieran ausgelegt war. Statt dessen versucht er Positionen zu entwickeln, durch welche der Einzelne sich dem Funktionalismus der totalen Arbeitswelt entziehen kann und „wie der Mensch angesichts der Vernichtung im nihilistischen Sog bestehen kann.“[4] Da entsprechend dem Konzept der totalen Mobilmachung das „System“ jeglichen aktiven Widerstand zu integrieren vermag, setzt ihm Jünger das „Schweigen“ entgegen, als ein Moment des Dysfunktionalen.

Literatur

Quellen

  • Ernst Jünger: Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, ISBN 978-3608936049

Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach Steffen Martus: Ernst Jünger. Stuttgart 2001, S. 88.
  2. Vgl. Steffen Martus: Ernst Jünger. Stuttgart 2001, S. 89.
  3. Ernst Jünger: Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, S. 7.
  4. Zitiert nach Steffen Martus: Ernst Jünger. Stuttgart 2001, S. 180; Sämtliche Werke, Stuttgart 1978, S. 253.