Nynorsk

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Juli 2024 um 03:06 Uhr durch 2001:9e8:1763:2f00:18ea:4559:82c:bc76 (Diskussion) (Entwicklung und Verbreitung: Korrektur).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Karte der offiziellen Standardschriftsprache in den norwegischen Kommunen
  • Bokmål
  • Nynorsk
  • neutral
  • Nynorsk (deutsch Neunorwegisch) ist neben Bokmål eine der beiden offiziellen Standardvarietäten des Norwegischen. Als skandinavische Sprache wurde Nynorsk von dem Sprachwissenschaftler Ivar Aasen Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Aktuelle Untersuchungen zum Gebrauch in Schulen, auf der Post, unter Rekruten etc. zeigen, dass etwa 10 bis 15 Prozent der norwegischen Bevölkerung Nynorsk bevorzugen.[1] Bokmål (wörtlich „Buchsprache“) wurde hingegen aus der dänisch-norwegischen literarischen Tradition entwickelt und wird von der Mehrheit der norwegischen Bevölkerung verwendet. Nynorsk und Bokmål werden vorwiegend als Schriftsprachen gebraucht und sind in mündlicher Form unüblich; die meisten Norweger sprechen in der Regel einen regionalen Dialekt oder, besonders im Südosten, zunehmend einen bokmålnahen Regiolekt. Trotzdem kann Nynorsk für die Mehrheit der Mundarten besser als Dachsprache dienen, was manchmal zu der verwirrenden Aussage führt, es gebe Personen, die Nynorsk als gesprochene Sprache verwendeten.

    Entwicklung und Verbreitung

    [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Ivar Aasen bildete aus traditionellen, zumeist west- und zentralnorwegischen Dialekten eine neue Schriftsprache.[2] Diese Arbeit ist im Zusammenhang mit der nationalromantischen Rückbesinnung auf eine als ursprünglich gedachte norwegische Kultur zu sehen, die während der 400 Jahre dauernden dänischen Fremdherrschaft in den Hintergrund gedrängt worden sei. Es handelte sich also um ein nationales Unterfangen, nach der Trennung von Dänemark im Kieler Frieden vom 14. Januar 1814 eine eigenständige norwegische Nation mit einer eigenständigen nationalen Sprache zu schaffen.

    In den Reformen von 1917 und 1938 wurde Nynorsk auch vermehrt dem Ostnorwegischen hin geöffnet, und insbesondere die sehr konservativen Elemente des Zentralnorwegischen (Midlandsmål) traten seither stark in den Hintergrund. Vor 1929 wurde Nynorsk Landsmål („Landessprache“) genannt.

    1894 erschien mit dem Gesetz zur Festlegung einer einheitlichen Normalzeit (Log um sams normaltid fyr kongeriket Norig) zum ersten Mal ein Gesetzestext auf Nynorsk bzw. Landsmål. Gesetze und Verordnungen liegen in Norwegen nicht in beiden Varietäten vor, sondern entweder auf Bokmål oder auf Nynorsk.[3] Etwa 15 % des geltenden Rechts in Norwegen waren 1995 auf Nynorsk verfasst.[4]

    Im Jahr 2005 wurde die Initiative Slepp nynorsken til! gegründet, die versuchte, durch das Sammeln von Unterschriften die Verbreitung von Nynorsk in der norwegischen Presselandschaft voranzutreiben. Ziel war es, dass ein Gesetz verabschiedet würde, dass alle Zeitungen beide Sprachformen verwenden müssen. Die Initiative blieb jedoch erfolglos.[5]

    Am 1. August 2012 trat eine weitere Rechtschreibreform in Kraft. Ein Hauptanliegen der Reform war es, den Unterschied zwischen voll anerkannten und bedingt anerkannten Parallelschreibungen und -formen aufzuheben; seither gibt es nur noch gleichberechtigte Varianten. Im Vorfeld der Reform öffnete der Rat für Norwegische Sprache ein Internetforum, in dem Vorschläge für die neue Rechtschreibung von allen Internetnutzern gemacht und diskutiert werden konnten.[6] Der obligatorische Nynorsk-Unterricht für norwegische Schüler geriet 2013 wieder in die Kritik.[7]

    Zu den auf Nynorsk schreibenden Schriftstellern gehören Olav Aukrust, Bernhardine Catharine Brun, Elias Blix, Olav Duun, Johan Falkberget, Kjartan Fløgstad, Jon Fosse, Arne Garborg, Frode Grytten, Ragnar Hovland, Ruth Lillegraven, Eldrid Lunden, Olaug Nilssen, Maria Parr, Agnes Ravatn, Per Sivle, Carl Frode Tiller, Lars Amund Vaage, Tarjei Vesaas und Aasmund Olavsson Vinje.[8]

    Linguistisch werden beide Varietäten ausführlich im Artikel norwegische Sprache beschrieben. Ein erstes deutliches Merkmal zur Bestimmung, um welche Varietät es sich bei einem konkreten norwegischen Text handelt, sind die unbestimmten Artikel:

    Genus Bokmål Nynorsk Deutsch
    Maskulinum en rev ein rev ein Fuchs
    Femininum en/ei jente ei jente ein Mädchen*
    Neutrum et hus eit hus ein Haus

    * „Mädchen“ ist abweichend im Deutschen Neutrum.

    Allgemeines, Übersichten

    • Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Francke, Tübingen 1991, ISBN 3-7720-1694-4, S. 146–169.
    • Åse Birkenheier: Ivar Aasen – der Mann, der eine neue, alte Sprache schuf. In: dialog. Mitteilungen der Deutsch-Norwegischen Gesellschaft, Bonn. Nr. 42, 32. Jahrgang 2013, S. 24–27.
    • Janet Duke, Hildegunn Aarbakke: Nynorsk. In: Janet Duke (Hrsg.): EuroComGerm. Germanische Sprachen lesen lernen. Band 2: Seltener gelernte germanische Sprachen. Afrikaans, Färöisch, Friesisch, Jenisch, Jiddisch, Limburgisch, Luxemburgisch, Niederdeutsch, Nynorsk. Shaker, Düren 2019, ISBN 978-3-8440-6412-4, S. 267–293.

    Grammatiken:

    • Jan Terje Faarlund, Svein Lie, Kjell Ivar Vannebo: Norsk referansegrammatikk. Universitetsforlaget, Oslo 1997. (3. Auflage 2002, ISBN 82-00-22569-0) (Bokmål und Nynorsk).
    • Olav T. Beito: Nynorsk grammatikk. Lyd- og ordlære. Det Norske Samlaget, Oslo 1986, ISBN 82-521-2801-7.
    • Kjell Venås: Norsk grammatik. Nynorsk. Universitetsforlaget, Oslo 1990. (2. Auflage ebd. 2002, ISBN 82-13-01972-5).

    Wörterbücher:

    • Nynorskordboka, hrsg. von der Avdeling for leksikografi ved Institutt for lingvistiske og nordiske studier (ILN) ved Universitetet i Oslo, in Zusammenarbeit mit dem Språkrådet, mehrere Auflagen; digital: Bokmålsordbok | Nynorskordboka.
    • Norsk Ordbok. Ordbok over det norske folkemålet og det nynorske skriftmålet. Bände 1–12, Oslo 1965–2016.
    Wiktionary: Nynorsk – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

    Einzelnachweise

    [Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
    1. Språkrådet: Språkstatistikk – nokre nøkkeltal for norsk (norwegisch). (Memento vom 24. Juli 2011 im Internet Archive)
    2. Oddmund Løkensgard Hoel: Nasjonalisme i norsk målstrid 1848–1865 („Nationalismus im norwegischen Sprachstreit 1848–1865“), Oslo, Noregs Forskingsråd, ISBN 82-12-00695-6 (Krundalsbloggen, norwegisch).
    3. Lovdata – Hvorfor er noen lover og forskrifter på nynorsk?, Rechtsinformationen des Justizministeriums und der juristischen Fakultät der Universität Oslo. Abgerufen am 5. November 2018 (norwegisch).
    4. Nynorsk faktabok 2005, Abb. 12.7 (PDF; 38 kB) Ivar-Aasen-tunet, abgerufen am 5. November 2018 (norwegisch).
    5. Unn Conradi, ERSEN: Vil tvangsinnføre nynorsk. 30. Oktober 2005, abgerufen am 17. September 2019 (norwegisch).
    6. Nynorsk 2011 Språkrådet, abgerufen am 5. November 2018.
    7. Sebastian Balzter: Du sollst den Søndag ehren! Und den Sundag FAZ, 29. Dezember 2013, abgerufen am 5. November 2018.
    8. 1400 skjønnlitterære forfattarar på nynorsk, Ivar-Aasen-tunet, abgerufen am 24. September 2019.