Otto Normalverbraucher

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Otto Normalverbraucher (auch Otto Normalbürger[1][2] oder kurz Otto Normal[3][4]) ist eine fiktive Person mit den durchschnittlichen Bedürfnissen bzw. Eigenschaften der Gesamtbevölkerung. Der Name beschreibt in der Marktforschung den durchschnittlichen Verbraucher.

Entstehung und Bedeutung

Populär wurde der Name durch den deutschen Spielfilm Berliner Ballade von 1948, einem der ersten Filmprojekte der Nachkriegszeit. Gert Fröbe spielt darin den nach Berlin heimgekehrten Wehrmachtssoldaten Otto Normalverbraucher. Drehbuchautor Günter Neumann legte ihn als Durchschnittsmann und ehrlichen Typen an, der sich in der zerstörten Reichshauptstadt durch das Leben schlägt. Arbeit findet er in einer Druckerei, die Schilder mit dem Aufdruck „Ware noch nicht eingetroffen“ herstellt.[5]

Otto Normalverbrauchers Nachname beruht auf einem Zitat. „Nur für Normalverbraucher“ stand auf Marken für die Lebensmittelzuteilung, die seit Kriegsbeginn und noch mehrere Jahre nach Kriegsende ausgegeben wurden. Sie gingen an Personen, denen – anders als etwa Schwerstarbeitern, Schwangeren oder Kriegsversehrten – kein besonderer Bedarf zuerkannt wurde.[5]

Otto hieß seit der Kaiserzeit im Berlinischen eine Sache, über die in expressiven Anredesätzen Hochachtung ausgedrückt wurde, einen Braten etwa: „Das ist aber ein Otto!“ Der Schauspieler Hans Albers, der um 1930 zum Star wurde, popularisierte die Wendung und trug selbst den Spitznamen „Otto-Otto“. Neumann kannte Hans Albers, als er das Drehbuch für die „Berliner Ballade“ schrieb. In der Vorlage, Neumanns Kabarettprogramm „Schwarzer Markt“ von 1947, fehlte die Figur noch.[5]

In seinem Buch Hitlers Volksstaat schrieb der Historiker Götz Aly, der Name „des seither sprichwörtlichen Otto Normalverbrauchers“ entstamme bereits der Kriegszeit um 1942. Die Aussage ist nicht belegt.[6]

Ablösung des Typs

Mit der Ausdifferenzierung des Konsumverhaltens in der Bundesrepublik Deutschland in den 1970er Jahren verlor der Typ an Aussagekraft. Eine Studie stellte 1979 neue „Sinus-Milieus“ fest.[5] „Der Regelkonsument ‚Otto Normalverbraucher‘“, schrieb der Markt- und Verbraucherforscher Rüdiger Szallies, „wird abgelöst durch den postmodernen anything-goes-Typ ‚Markus Möglich‘, der für alle Optionen offen ist.“[7] Zudem war Otto Normalverbraucher ein Mann, während viel neues Umsatzwachstum von Frauen ausging. Auch das unterschiedliche Konsumverhalten west- und ostdeutscher Haushalte ab 1990 konnte sich in einem Otto Normalverbraucher nicht wiederfinden.[5]

Andere Generalisierungen im Deutschen

Als ähnliche Bezeichnungen kommen auch Otto Normalbürger[8] oder Otto Normal[9] vor. Im deutschen Sprachraum sind weitere Personalisierungen verbreitet:

Siehe auch

Wiktionary: Otto Normalverbraucher – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Joe Sixpack - Otto Normalbürger. leo.org, 2. Januar 2009, abgerufen am 29. Oktober 2019.
  2. Otto Normalbürger. OpenThesaurus, 2019, abgerufen am 29. Oktober 2019.
  3. Prof. Dr. Otto Normal rät … Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2019, abgerufen am 29. Oktober 2019.
  4. ARD-Morgenmagazin: Sportschlau, 29. Oktober 2019.
  5. a b c d e Dietmar Bartz, Superstar Otto Normalverbraucher, in: die tageszeitung, 1. Februar 2003, online, abgerufen am 3. September 2018.
  6. Götz Aly: Hitlers Volksstaat – Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus, Frankfurt am Main 2005, S. 206.
  7. Rüdiger Szallies, Wertewandel und Konsum. Landsberg/Lech 1990, S. 53, zitiert nach Kai-Uwe Hellmann, Der ideale Kunde: möglichst gebunden und immer treu. In: Heike Jacobsen, Stephan Voswinkel (Hrsg.), Der Kunde in der Dienstleistungsbeziehung. Beiträge zur Soziologie der Dienstleistung, Wiesbaden 2005, S. 101.
  8. Joe Sixpack - Otto Normalbürger. leo.org, 2. Januar 2009, abgerufen am 29. Oktober 2019., Otto Normalbürger. OpenThesaurus, 2019, abgerufen am 29. Oktober 2019.
  9. Prof. Dr. Otto Normal rät … Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2019, abgerufen am 29. Oktober 2019.