Über den Dächern von Nizza

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Film
Titel Über den Dächern von Nizza
Originaltitel To Catch a Thief
Produktionsland USA
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1955
Länge 106 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Alfred Hitchcock
Drehbuch John Michael Hayes
Produktion Alfred Hitchcock
Musik Lyn Murray
Kamera Robert Burks
Schnitt George Tomasini
Besetzung

Über den Dächern von Nizza ist ein US-amerikanischer Spielfilm von Alfred Hitchcock, der auf dem gleichnamigen Roman von David Dodge basiert. Der Film wurde von Mai bis August 1954 gedreht und im Jahr 1955 durch Paramount Pictures veröffentlicht.

Handlung

Ein Juwelendieb treibt an der französischen Riviera sein Unwesen. John Robie, vor dem Zweiten Weltkrieg berüchtigter Juwelendieb (bekannt als die Katze) und während des Krieges Held der Résistance, wird verdächtigt, da seine alte Methode vom neuen Dieb kopiert wird. Als er von der Polizei vernommen werden soll, taucht er unter. Um seine Unschuld zu beweisen, macht er sich selbst auf die Suche nach dem Gauner. Seine ehemaligen Partner, die allesamt inzwischen einem ehrbaren Beruf im Restaurant Bertani nachgehen, sind verärgert, da sie ihn für den Dieb halten und sich die französische Polizei daher wieder für sie interessiert. Dennoch helfen ihm Bertani und Danielle Foussard der Polizei zu entwischen. Die junge Danielle ist in Robie verliebt und schlägt ihm vor, mit ihr nach Südamerika zu fliehen.

Robie wendet sich aufgrund eines Hinweises durch den Restaurantbetreiber Bertani an den Versicherungsagenten Hughson, der ihm – anfangs noch misstrauisch – seine Hilfe anbietet. Dadurch freundet sich Robie mit der Millionärin Mrs. Stevens und deren Tochter Frances an, die im Besitz wertvoller Juwelen sind. Bald darauf wird Mrs. Stevens ebenfalls bestohlen. Für Robie wird es eng. Frances, die mit Robie eine Liebesnacht verbracht hatte, misstraut ihm und macht ihm das Leben schwer, während ihre Mutter an die Ehrlichkeit Robies glaubt.

Robie setzt alles auf eine Karte und versucht, den Dieb bei dessen nächstem Coup auf frischer Tat zu ertappen. Dies muss er fast mit seinem Leben bezahlen, denn er gerät in eine Falle. Doch da er auf den Angriff gefasst war, kann er ihn abwehren. Foussard, ein früherer Kumpan aus der Résistance, kommt dabei versehentlich ums Leben. Nach Foussards Tod präsentiert die Polizei diesen als die Katze, obwohl ihr klar ist, dass dieser ein Hinkebein hatte und unmöglich der Meisterdieb gewesen sein konnte.

Wohl wissend, dass er sich selbst die Schlinge um den Hals legt, falls der Dieb entwischt und er am Tatort verhaftet wird, setzt Robie erneut alles auf eine Karte. Auf einem Maskenball kann er schließlich im letzten Moment den Dieb entlarven: Es ist Danielle, die Tochter des verstorbenen Foussard. Sie hatte die Diebstähle für Bertani begangen. John ist rehabilitiert. Frances und John werden schließlich ein Paar.

Hintergründe

Drehorte

Das Filmhaus von John Robie in Saint-Jeannet 2016

Hitchcock drehte Über den Dächern von Nizza in Saint-Jeannet, Gourdon, Nizza, Monaco, Grasse, Cannes, Èze Village, Saint-Jean-Cap-Ferrat und Cagnes-sur-Mer. Die rasanten Luftaufnahmen einer Verfolgungsjagd durch mehrere Dörfer wurde um Saint-Paul-de-Vence gedreht sowie eine längere Filmsequenz einer weiteren Ausflugsfahrt auf der am höchsten gelegenen Küstenstraße Grande Corniche (zwischen Nizza und Monaco) mit einem ausgedehnten Blick auf das Mittelmeer und Cap Ferrat. Auf einer sehr ähnlich aussehenden Küstenstraße außerhalb Monacos verunglückte Grace Kelly am 13. September 1982 mit ihrer Tochter Stéphanie mit ihrem zehn Jahre alten Rover 3500.[1] Aus ungeklärten Gründen kamen sie in einer Haarnadelkurve von der Straße ab und stürzten 40 Meter tief einen Abhang hinunter (43° 43′ 35″ N, 7° 24′ 10″ O). Das Auto, mit dem Grace Kelly bei diesem Ausflug fährt, ist ein saphirblaues Sunbeam Alpine Mark III-Cabriolet. In einer ganz ähnlichen Haarnadelkurve - diesmal allerdings in Monaco - machen die beiden Akteure dann ein Picknick. Nah aufeinanderfolgende Filmsequenzen, die im Film räumliche Nähe vermitteln, liegen geographisch oft sehr weit auseinander. Dieser Umstand ist für den Zuschauer durch die Bildkomposition jedoch nicht zu bemerken.

Drehbuch

Zugrunde liegt der Roman To Catch a Thief von David Dodge aus dem Jahr 1952, das Drehbuch schrieb John Michael Hayes. Der Originaltitel ist mehrdeutig: Vordergründig geht es darum, den Juwelendieb einzufangen, am Ende des Films fängt Frances John Robie, den Juwelendieb, ein und heiratet ihn. Zudem basiert der Originaltitel auf einem Wortspiel, das nicht übersetzbar ist: Die englische Redewendung „take a thief to catch a thief“ (oder „to set a thief to catch a thief“) entspricht dem deutschen „den Bock zum Gärtner machen“, während die Anspielung in der Filmhandlung in mehrfacher Hinsicht wörtlich genommen wird (und – typisch für Hitchcock – der „Bock“ das Gärtnern sozusagen besser beherrscht; also ist es im Film entgegen der eigentlichen Bedeutung durchaus sinnvoll, einen Dieb zu bemühen, um einen Dieb zu fangen. Die Ironie der Redewendung wird also erneut ironisch verkehrt).

Hitchcock brachte in zwei Szenen seine Aversion gegen Eier zum Ausdruck. In der ersten Szene schaut Cary Grant durch ein Fenster in die Küche des Restaurants Bertani, in diesem Moment klatscht ein rohes Ei gegen das Fenster. In der zweiten Szene drückt Jessie Royce Landis ihre Zigarette im Gelb eines Spiegeleies aus.

Hitchcock begründete mit Über den Dächern von Nizza ein neues Sub-Genre: die „kultivierte Thriller-Romanze“ (Harris/Lasky, 1976), das später unter anderem von Stanley Donen in Charade und Arabeske aufgegriffen wurde.

Darsteller

Hitchcock besetzte die beiden Hauptrollen mit seinen damaligen Lieblingsstars Grace Kelly (die dritte Rolle in Folge) und Cary Grant (die dritte von vier Hauptrollen für Hitchcock). Beide trugen viel zur Popularität des Films bei.

Produktion

Über den Dächern von Nizza ist der zweite von fünf Filmen, die Hitchcock zwischen 1954 und 1958 für Paramount produzierte. Ursprünglich lautete der Vertrag über acht Filme, bei vieren dieser Filme sollten nach der Erstveröffentlichung nach einer Auswertungszeit von acht Jahren die Rechte an Hitchcock zurückfallen, als Teil seines Nachlasses. Diese vier Filme wurden gedreht und anschließend drei Jahrzehnte lang nicht aufgeführt.

Über den Dächern von Nizza war letztlich der einzig übrig gebliebene Film aus dem Paket, bei dem die Rechte bei Paramount blieben (anders als bei Das Fenster zum Hof, Immer Ärger mit Harry, der Neuverfilmung Der Mann, der zuviel wußte und Vertigo – Aus dem Reich der Toten). Daher konnte Paramount alle Kopien (inklusive der internationalen Tonspuren) des Films verwahren und den Film in den folgenden Jahrzehnten weiter international auswerten. Dies schließt Fernsehausstrahlungen in Deutschland ein, wo der Film am 13. Dezember 1969 erstmals im ZDF gezeigt wurde.

Sexuelle Anspielungen

Die von Hitchcock am fertigen Drehbuch vorgenommenen Überarbeitungen sorgten für eine Pointierung der beiden Hauptcharaktere und für eine deutlichere Herausstellung der Liebesgeschichte, bis hin zu eindeutigen sexuellen Anspielungen, die zu damaliger Zeit für Hollywood-Produktionen mehr als unüblich waren. In den USA galt zwischen 1934 und 1967 der Hays Code (oder Production Code), eine Sammlung von Richtlinien über die Einhaltung der gängigen Moralvorstellungen und über die Zulässigkeit der Darstellung von Kriminalität, Gewalt und Sexualität im Film. Die Einhaltung des Hays Code wurde streng überwacht, und kein Regisseur konnte sich ihr entziehen, da jeder Film vor Veröffentlichung der "Production Code Administration" vorgelegt werden musste. Dies führte dazu, dass sich unter den Filmemachern im Laufe der Jahre eine Symbolsprache mit versteckten sexuellen Bezügen etablierte, um die Zensur umgehen zu können.

Hitchcock machte bereits Anfang der 1940er-Jahre leidige Erfahrungen mit Hollywoods Zensurbehörde. Ihn reizte es schon immer, die Grenzen des Erlaubten auszuloten und die Sittenwächter zu überlisten. In Über den Dächern von Nizza sind visuelle und verbale Anspielungen sexueller Art in einer Direktheit enthalten, die alles bis dahin in Hollywood Gekannte überschritt, die die Zensur aber erstaunlicherweise schadlos überstand.

In mehreren Szenen gibt es versteckte sexuelle Anspielung und Zweideutigkeiten, (die nachfolgenden Übersetzungen der englischen Zitate stimmen nicht mit der deutschen Synchronfassung überein):

  • Beim Picknick an der Klippe sprechen sie vordergründig über Essen. Vorlage:"-en.
  • Deutlicher ist der Kelly-Grant-Dialog, in dem er ihr darlegt, sie brauche etwas, was er ihr mangels Zeit und Neigung nicht bieten könne, nämlich eine zweiwöchige Hochzeitsreise mit einem richtigen Mann. Vorlage:"-en
  • In einer Szene unterhalten sich Grant und Kelly über Diamanten und den Wunsch, sie zu berühren und zu besitzen: Vorlage:"-en Darauf folgt eine Szene, in der sich beide auf dem Sofa sitzend küssen. Diese hätte laut den damaligen scharfen Bestimmungen sexueller Anzüglichkeiten, kurz bevor sich Grant zusammen mit Kelly gegen das Sofa lehnt, geschnitten werden müssen. Hitchcock wollte jedoch keine Kürzung vornehmen und beauftragte den Komponisten, die Filmmusik an der Stelle weniger „suggestiv“, sondern eher leicht „fröhlich-komödiantisch“ zu gestalten. Der Filmeditor George Tomasini musste zudem die Szene mit mehreren Zwischenbildern zum gleichzeitig stattfindenden Feuerwerk verbinden. Die Szene mit geänderter Filmmusik und geändertem Schnitt bestand später die Prüfung und wurde komplett im Film gezeigt.
  • Als Grant davon erzählt, dass er Holzhändler sei, erwidert Kelly in Bezug auf sein Treffen mit der jungen Französin Vorlage:"-en, was eine weitere Zweideutigkeit in Bezug auf die Männlichkeit von Grants Figur ergibt. In der deutschen Synchronisation tritt diese Anspielung allerdings nicht so deutlich hervor.
  • In einer Szene zwischen Frances Stevens (Kelly) und ihrer Mutter (Landis) schimpft Frances über John Robie (Grant), und ihre Mutter fragt zurück, was er denn von ihr gestohlen habe. Die unbeantwortete Frage der Mutter Vorlage:"-en sollte eine Anspielung auf den „Verlust ihrer Unschuld“ sein.

Synchronfassung

Im Gegensatz zu anderen Hitchcockfilmen wurde Über den Dächern von Nizza nur ein einziges Mal synchronisiert. Die deutsche Synchronfassung entstand im Jahr 1955 bei der Berliner Synchron Wenzel Lüdecke. Das Dialogbuch wurde von Fritz A. Koeniger verfasst - Dialogregie führte Volker Becker. Diese deutsche Fassung wird auch für die aktuellen, mit einem restaurierten Filmbild ausgestatteten, deutschen TV-Ausstrahlungen und neusten DVD-Editionen verwendet.

In der deutschen Synchronfassung fehlen viele im Original enthaltenen Hinweise auf den Kampf gegen die Deutschen im französischen Widerstand (Résistance). Beispielsweise wird im Original davon gesprochen, dass er aus der Haft entkommen sei, als die Deutschen das Gefängnis bombardierten. In der deutschen Fassung wird als Grund aber eine Generalamnestie angegeben. Während Robie im Original Hughson davon berichtet, dass er während seiner Zeit in der Résistance 72 Menschen getötet habe und dass seine Haushälterin mit ihren Händen einen deutschen General erwürgt habe, handelt die Synchronfassung davon, dass er in seinem Fach ein berühmter Mann gewesen sei und seine Haushälterin einen Löwen mit bloßen Händen gefangen habe.

Rolle Schauspieler Dt. Synchronstimme
John Robie, die Katze Cary Grant Curt Ackermann
Frances Stevens Grace Kelly Eleonore Noelle
Jessie Stevens Jessie Royce Landis Friedel Schuster
H. H. Hughson John Williams Siegfried Schürenberg
Monsieur Bertani Charles Vanel Walther Suessenguth
Danielle Foussard Brigitte Auber Margot Leonard
Vater Foussard, Kellner Jean Martinelli Klaus Miedel
Inspektor Lepic René Blancard André Saint-Germain

Kritiken

  • The New Yorker: „Das ist romantischer Suspense, spritzig heiter, mediterran verspielt, mit Cary Grant und Grace Kelly, wie sie sehr hübsch und cool mit den Reizen der appetitlichen Côte-d'Azur-Kulisse konkurrieren.“
  • Lexikon des Internationalen Films: „Temperament- und geistvolle Kriminalhumoreske mit spitzzüngigen Dialogen und raffiniert verschlungenem Spannungsknoten.“
  • Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz in Lexikon „Filme im Fernsehen“ (Erweiterte Neuausgabe). Rasch und Röhring, Hamburg 1990, ISBN 3-89136-392-3, S. 844: „Spannend-amüsantes Abenteuer vor dem traumhaften Hintergrund der französischen Riviera.“ (Wertung: 3 Sterne = sehr gut)
  • 6000 Filme. Kritische Notizen aus den Kinojahren 1945 bis 1958. Handbuch V der katholischen Filmkritik, 3. Auflage, Verlag Haus Altenberg, Düsseldorf 1963, S. 443: „Humorvoll, spannend, mit spritzigem Dialog und farbschöner Landschaft.“
  • Süddeutsche Zeitung: „Der Film pendelt zwischen parodistischem Gruselkintopp und frischfröhlichem Lustspiel, ohne die Balance zu verlieren.“
  • Evangelischer Filmbeobachter, Evangelischer Presseverband München, Kritik Nr. 16/1956: „Ein gut gemachter und gespielter Hitchcock-Film mit herrlichen Landschaftsaufnahmen. Ab 16 Jahren kann man helles Vergnügen daran haben.“

Auszeichnungen

Oscarverleihung 1956:

Oscar-Nominierungen 1956:

Hitchcock ist im Bus rechts neben Cary Grant zu sehen – allerdings nicht in der jahrzehntelang im deutschen Fernsehen ausgestrahlten 4:3-Fassung. Dort ist er nur im seitlichen Anschnitt zu sehen. In der restaurierten Fassung (auch DVD), die mittlerweile häufiger im deutschen Fernsehen zu sehen war, ist Hitchcock nun wieder fast ganz zu erkennen. Hitchcock war bekannt für seinen Bildwitz, der jedoch nicht immer sofort für jeden Betrachter zu erkennen ist. In der Busszene setzt sich Grant zwischen Hitchcock und eine Frau mit einem Vogelkäfig. Verständlich, dass in diesem Moment die Vögel im Käfig beginnen, nervös umherzuflattern, angesichts der Tatsache, dass sie der Katze so nahe kommen.

Veröffentlichungen

  • Über den Dächern von Nizza. DVD, CIC Video/Paramount Home Entertainment 2004
  • Über den Dächern von Nizza. DVD, Special Collector’s Edition. CIC Video/Paramount Home Entertainment 2007
  • Über den Dächern von Nizza. Blu-ray Disc, Paramount Home Entertainment 10. Mai 2012

Soundtrack

Literatur

  • David Dodge: Über den Dächern von Nizza. Die "Katze" und ihr Doppelgänger (OT: To Catch a Thief). Diogenes, Zürich 1990, ISBN 3-257-21865-6
  • François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?. Heyne, 2003, ISBN 3-453-86141-8 (Abfolge von Interviews(circa 50 Stunden) des frz. Regisseurs aus dem Jahr 1962). Originalausgabe: François Truffaut: Le cinéma selon Hitchcock (dt. "Der Film gemäß Hitchcock") Simon und Schuster, 1984, ISBN 0-671-52601-4
  • Robert A. Harris, Michael S. Lasky, Hrsg. Joe Hembus: Alfred Hitchcock und seine Filme (OT: The Films of Alfred Hitchcock). Citadel-Filmbuch bei Goldmann, München 1976, ISBN 3-442-10201-4
  • John Russel Taylor: Die Hitchcock-Biographie, Fischer Cinema 1982, ISBN 3-596-23680-0
  • Donald Spoto: Alfred Hitchcock – Die dunkle Seite des Genies. Heyne, München 1984, ISBN 3-453-55146-X (dt. Übersetzung von Bodo Fründt)
  • Bodo Fründt: Alfred Hitchcock und seine Filme. Heyne Filmbibliothek Band Nr. 91, 1986, ISBN 3-453-86091-8
Commons: To Catch a Thief (film) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Grace Kelly: Vor 30 Jahren: Horrorcrash in den Tod In: Berliner Kurier, 12. September 2012