Heribert Prantl
Heribert Prantl (* 30. Juli 1953 in Nittenau, Oberpfalz, Bayern) ist ein deutscher Jurist, Journalist und Autor. Er leitet das Ressort für Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung in München und ist seit Januar 2011 Mitglied der Chefredaktion.
Leben
Prantl war Stipendiat des Cusanuswerks, der katholischen Studienförderung; nach dem Studium der Rechtswissenschaften, der Geschichte und der Philosophie in Regensburg sowie einer journalistischen Ausbildung als Stipendiat beim Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses war Prantl zunächst als Anwalt, dann als Richter sowie als Staatsanwalt in Bayern tätig.[1] Er wurde 1982 an der Universität Regensburg bei Dieter Schwab mit der Dissertation Die journalistische Information zwischen Ausschlußrecht und Gemeinfreiheit. Eine Studie zum sogenannten Nachrichtenschutz, zum mittelbaren Schutz der journalistischen Information durch § 1 UWG und zum Exklusivvertrag über journalistische Informationen promoviert.[2]
Prantl ist seit 1988 innenpolitischer Redakteur und Verfasser vieler Leitartikel bei der Süddeutschen Zeitung, Autor zahlreicher politischer Bücher und Essays, politischer Kommentator bei öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern und häufiger Gast in Radio- und Fernsehdiskussionen. Von 1992 bis 1995 war er stellvertretender Chef des Ressorts Innenpolitik, das er seit 1995 leitet.
Der als linksliberal eingestufte Prantl gilt als engagierter Verteidiger eines liberalen und weltoffenen Rechtsstaats. „Entschieden fordert er die Beachtung der Grundrechte“, heißt es in der Verleihungsurkunde des Geschwister-Scholl-Preises 1994 an Prantl. Seine „klare Stimme“ sei „in der deutschen Publizistik ohnegleichen“.[3] In seiner Laudatio zur Verleihung des Arnold-Freymuth-Preises 2006 an Prantl nannte ihn Altbundeskanzler Gerhard Schröder den „dritten Senat“ des Bundesverfassungsgerichts. Winfried Hassemer, der damalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, sagte 1999 über die Kritik Prantls an der Asylrechtsprechung des höchsten Gerichts:
„Es ist Urteilsschelte in schärfster Zuspitzung, und die trifft das Gericht genau an der Stelle, an der es verwundbar ist: bei Solidität und Ernsthaftigkeit des Grundrechtsschutzes.“
In seiner Streitschrift Wir sind viele (2011) klagt Prantl den Finanzkapitalismus an und weist darauf hin, dass das Eigentum im Sinne des Grundgesetzes auch die Banken verpflichtet und dass die Märkte sich nicht von der Moral lösen dürfen. Es ist ein Appell an die Verantwortung des Finanzmarkts sowie der Politik: Europa basiere nicht auf dem Euro, sondern auf seinen Bürgern, die die Grundlage der Demokratie bildeten.[4]
Im Juli 2012 geriet Prantl mit einem Porträt des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle, in dem er aus dessen Küche und zu seinen Kochgewohnheiten berichtete, in die Kritik.[5] Dabei gab Prantl nicht an, dass er nie in der Küche Voßkuhles gewesen war und die Darstellung auf Erzählungen Dritter beruhte.[6] Die Debatte griff zurück auf die Entziehung des Egon-Erwin-Kisch-Preises in der Sparte Reportage von 2011, weil in einer Spiegel-Reportage aus dem Hobby-Keller von Horst Seehofer berichtet wurde, ohne dass der Journalist jemals dort war.[7]
Prantl ist Dozent an den Journalistenschulen in Hamburg und München, Mitglied des Ethikrates der Hamburger Akademie für Publizistik und Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland. Seit 2002 ist er Lehrbeauftragter an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld, 2010 wurde er dort zum Honorarprofessor ernannt.[8] Seit 2004 engagiert sich Prantl als Stiftungsbeirat bei der Stiftung Pro Justitia[9], die die Rechtstatsachenforschung fördert. Prantl ist Mitglied des Rotary Clubs München-Nymphenburg. Er war zudem Beiratsmitglied der Humanistischen Union. Er sitzt im Senat der von Helmut Schmidt und Kurt Biedenkopf gegründeten Deutschen Nationalstiftung. Seit 2010 ist er Mitglied des Beirats der European Law Students’ Association Deutschland e. V.
Heribert Prantl lebt in München.
Auszeichnungen
- 1983: Wissenschaftspreis der Universität Regensburg und des Hauses Thurn und Taxis für die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
- 1989: Leitartikelpreis der Pressestiftung Der Tagesspiegel in Berlin für „hervorragende und parteiunabhängige Kommentierung“
- 1992: Pressepreis des Deutschen Anwaltvereins für sein „Plädoyer für die Stärkung des Grundgesetzes“
- 1994: Geschwister-Scholl-Preis für sein Buch „Deutschland, leicht entflammbar“
- 1996: Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik
- 1999: Siebenpfeiffer-Preis für Freiheit und demokratische Rechte
- 2001: Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie „Essay“ für den Beitrag „Lob der Provinz“, Süddeutsche Zeitung am 1./2. April 2000
- 2004: Rhetorikpreis für die „Rede des Jahres 2004“, verliehen von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
- 2006: Erich-Fromm-Preis, gemeinsam mit Hans Leyendecker[10]
- 2006: Arnold-Freymuth-Preis „für Verdienste um den demokratischen und sozialen Rechtsstaat“
- 2007: Roman-Herzog-Medienpreis des Konvents für Deutschland für seine Analysen und Kommentare zum Föderalismus
- 2008: Goldener Prometheus für politischen Journalismus verliehen vom Medienmagazin V. i. S. d. P.
- 2008: puk-Preis für Kulturjournalismus, verliehen vom Deutschen Kulturrat
- 2008: Ketteler-Preis der KAB-Stiftung 'Zukunft der Arbeit und der sozialen Sicherung' (ZASS)
- 2009: Justizmedaille des Freistaats Bayern
- 2010: Cicero-Rednerpreis
- 2011: Wilhelm-Hoegner-Preis der SPD Fraktion im Bayerischen Landtag
Schriften
- Die journalistische Information zwischen Ausschlußrecht und Gemeinfreiheit. Eine Studie zum sogenannten Nachrichtenschutz, zum mittelbaren Schutz der journalistischen Information durch § 1 UWG und zum Exklusivvertrag über journalistische Informationen. Verlag E. u. W. Gieseking, Bielefeld 1983, ISBN 3-7694-0199-9
- Deutschland – leicht entflammbar. Ermittlungen gegen die Bonner Politik. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1994, ISBN 3-446-17691-8
- Heribert Prantl (Hrsg.): Wehrmachtsverbrechen. Eine deutsche Kontroverse. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1997, ISBN 3-455-10365-0
- Sind wir noch zu retten? Anstiftung zum Widerstand gegen eine gefährliche Politik. Carl Hanser Verlag, München/Wien 1998, ISBN 3-446-18541-0
- Rot-Grün – Eine erste Bilanz. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-455-10383-9
- Hans Leyendecker, Heribert Prantl, Michael Stiller: Helmut Kohl, die Macht und das Geld. Steidl Verlag, Göttingen 2000, ISBN 3-88243-738-3
- Heribert Prantl, Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2000 in der Süddeutschen Zeitung. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2001, ISBN 3-7890-7540-X
- Arthur Kaufmann/Heribert Prantl, Was der Mensch dem Menschen schuldet. Carl Heymanns Verlag, Köln/Berlin/Bonn/München, Sonderdruck 2001
- Verdächtig – Der starke Staat und die Politik der inneren Unsicherheit. Europa Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-203-81041-7
- Heribert Prantl, Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2001 in der Süddeutschen Zeitung. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2002, ISBN 3-7890-8298-8
- Heribert Prantl, Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2002 in der Süddeutschen Zeitung. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-8305-0618-X
- Heribert Prantl, Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2003 in der Süddeutschen Zeitung. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-8305-0882-4
- Heribert Prantl, Thomas Vormbaum (Hrsg.): Juristisches Zeitgeschehen 2004 in der Süddeutschen Zeitung. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-8305-1062-4
- Heribert Prantl: Kein schöner Land – Die Zerstörung der sozialen Gerechtigkeit. Droemer Verlag, München 2005, ISBN 3-426-27363-2
- Heribert Prantl im Gespräch mit Hans-Jochen Vogel: Politik und Anstand. Warum wir ohne Werte nicht leben können. Herder Verlag, Freiburg/Basel/Wien 2005, ISBN 3-451-28608-4
- Heribert Prantl, Nina von Hardenberg (Hrsg.): Schwarz Rot Grau. Altern in Deutschland. München 2008, ISBN 978-3-86615-616-6
- Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man mit Angst Politik macht. Droemer/Knaur 2008, ISBN 978-3-426-27464-4
- Heribert Prantl, Robert Probst: Einigkeit und Recht und Wohlstand: Wie Deutschland wurde, was es ist. 60 Jahre Bundesrepublik. Süddeutsche Zeitung/Bibliothek; Juli 2009, ISBN 978-3-866-15727-9
- Heribert Prantl: Demokratiealarm. In: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Deutsche Zustände: Folge 8. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2010, ISBN 978-3-518-12602-8, S. 296–304
- Der Zorn Gottes – Denkanstöße zu den Feiertagen. Süddeutsche Zeitung Edition, München 2011, ISBN 3-866-15888-2
- Wir sind viele: Eine Anklage gegen den Finanzkapitalismus. Süddeutsche Zeitung Edition, München 2011, ISBN 3-866-15999-4
- Die Welt als Leitartikel. Die Zukunft des Journalismus. Picus, Wien 2012, ISBN 978-3-85452-683-4
Literatur
- Winfried Hassemer: Lob des anderen. Laudatio zur Verleihung des Siebenpfeiffer-Preises 1999 an Heribert Prantl. In: Winfried Hassemer: Freiheitliches Strafrecht. Philo-Verlag Berlin 2001, S. 55 ff., ISBN 3-8257-0142-5
- Die Stimme der Vernunft (Interview), in: freischuss. das magazin für jurastudierende, Wintersemester 2007/08, S. 6 bis 9. cfmueller-campus.de pdf
Weblinks
- Literatur von und über Heribert Prantl im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Im Herzen Europas: Heimat Böhmen, Heimat Oberpfalz. Ein Märchen, das meist keines war (Vortrag von Prantl anlässlich der Eintragung ins Goldene Buch seiner Geburtsstadt Nittenau am 9. Februar 2012, mit vielen autobiographischen Hinweisen)
- Festrede zum „Stadtschreiberfest“ in Bergen, August 2009
- Erich-Fromm-Preis 2006: Dokumentation mit O-Ton und Text zur Verleihung des Preises an Hans Leyendecker und Heribert Prantl im offenen Archiv von radio-luma.net
- Website Stiftung ProJustitia
- Interview: Notleidende Bürgerrechte, Das Parlament, Nr. 16, 14. April 2008
Einzelnachweise
- ↑ Theodor Wolff Preis: Dr. Heribert Prantl. Abgerufen am 23. Februar 2012.
- ↑ a.a.O. Seite VII books.google
- ↑ http://www.geschwister-scholl-preis.de/preistraeger_1990-1999/1994/index.php
- ↑ hingesehen.net
- ↑ Heribert Prantl: Der Verfassungsschützer, Süddeutsche Zeitung vom 10. Juli 2012, Seite 3.
- ↑ Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte am 31. Juli eine Klarstellung: In eigener Sache, 31. Juli 2012, Seite 3
- ↑ Frankfurter Rundschau: SZ-Autor trickst bei Voßkuhle-Porträt, 30. Juli 2012
- ↑ Universität Bielefeld: Dr. Heribert Prantl neuer Honorarprofessor der Fakultät für Rechtswissenschaft
- ↑ http://www.stiftung-projustitia.de/st_stiftungsbeirat.html
- ↑ O-Ton und Text im offenen Archiv von radio-luma.net
Personendaten | |
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NAME | Prantl, Heribert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist |
GEBURTSDATUM | 30. Juli 1953 |
GEBURTSORT | Nittenau |