Goldfixing

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Goldfixing beschreibt den seit 1919 stattfindenden Handelsprozess im Goldhandel am London Bullion Market, welcher zweimal täglich mit dem Ziel durchgeführt wird, möglichst viele Transaktionen zu einem Fixpreis abzuwickeln. Beteiligt sind hierbei die Vertreter der fünf sogenannten Bullionbanken als Mitglieder der London Bullion Market Association (LBMA). Der ermittelte Fixingkurs dient als Richtgröße für alle weiteren Goldtransaktionen.

Geschichte

London Goldfixing 2000–2008

Seit dem 17. Jahrhundert wird am London Bullion Market der Goldpreis bestimmt. Mit dem Londoner Goldfixing am 12. September 1919 entstand die Marktstruktur, wie sie bis heute existiert. Gründungsmitglieder waren N M Rothschild & Sons, Mocatta & Goldsmid, Samuel Montagu & Co., Pixley & Abell sowie Sharps & Wilkins. Den Vorsitz übernahm dauerhaft N M Rothschild & Sons. Als erster Goldpreis wurden 4 Pfund 18 Schilling und 9 Pennies (GBP 4.18s.9d = 4,9375) pro Feinunze fixiert. Der New Yorker Goldpreis lag zur gleichen Zeit bei 20,67 US-Dollar pro Feinunze.

Zu dieser Veranstaltung trafen sich die Händler einmal täglich um 10:30 Uhr Ortszeit (11:30 Uhr MEZ) im Bankhaus Rothschild an der St. Swithin Lane, um Angebot und Nachfrage festzustellen. Wenn sich beides im Gleichgewicht befand, senkten die Teilnehmer ihre britischen Flaggen, und der Goldpreis des Tages konnte fixiert werden. Dieser Preis war repräsentativ für den gesamten Goldhandel des Tages, obwohl nur ein kleiner Teil der täglichen Goldumsätze an der Preisfestsetzung beteiligt war. Die Bank of England war unmittelbar nicht am Fixing beteiligt; für sie operierte die Firma Rothschild durch Käufe und Verkäufe.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges schloss der Londoner Goldmarkt am 3. September 1939. Letzter Fixpreis waren 8,05 Pfund Sterling pro Feinunze. Am 22. März 1954 fand nach 15 Jahren wieder ein Goldfixing statt. Als Eröffnungspreis wurden 12,42 Pfund Sterling ermittelt. Das entsprach 35,00 US-Dollar pro Feinunze.

Als die britische Regierung im November 1967 eine Abwertung des Pfund Sterling beschloss, damals die wichtigste Reservewährung nach dem US-Dollar, setzte am London Bullion Market ein Ansturm auf Gold ein. Am 17. März 1968 wurde der Goldmarkt erneut geschlossen. Nach Wiedereröffnung am 1. April 1968 war der Markt zweigeteilt, der eine Preis konnte sich weiterhin frei dem Markt anpassen, der andere war fix. Seit diesem Zeitpunkt gibt es ein weiteres tägliches Treffen in London um 15:00 Uhr Ortszeit (16:00 Uhr MEZ), um den Preis zur Öffnungszeit der US-Börsen erneut festzulegen.

Am 21. Januar 1980 markierte der Londoner Fixpreis angesichts der Krise im Iran und des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan einen Rekordstand von 850,00 US-Dollar je Feinunze. 1987 wurde die London Bullion Market Association (LBMA) in enger Absprache mit der Bank of England gegründet, die damals die Regulierungsbehörde für den Edelmetall-Markt war. Die primäre Regulierungsbehörde in Großbritannien ist seitdem die Financial Services Authority (FSA). Im April 2004 zog sich N M Rothschild & Sons vom Goldhandel und dem Goldfixing zurück.[1] Seit dem 5. Mai 2004 wird der Goldpreis telefonisch festgelegt.[2] Im Verlauf der Finanzkrise wurde am 14. März 2008 mit 1003,50 US-Dollar je Feinunze erstmals ein Preis über der 1000-Dollar-Marke fixiert.

Mitglieder

Seit 2004 findet das Goldfixing in der Londoner Barclays Bank statt.

Von den Gründungsmitgliedern des Londoner Goldfixings blieb nur NM Rothschild & Sons selbständig. Mocatta & Goldsmid Ltd. wurde 1973 eine Tochtergesellschaft der Standard Chartered Bank und 1997 an die Bank of Nova Scotia verkauft. Damit ging auch der Sitz beim Goldfixing an die Bank of Nova Scotia–ScotiaMocatta.[3] Sharps & Wilkins sowie Pixley & Abell verschmolzen 1957 zu Sharps Pixley. Letztere wurde 1966 an Kleinwort Benson und 1993 an die Deutsche Bank verkauft, die nun Mitglied beim Goldfixing wurde.[4] Samuel Montagu & Co. ging 1967 an die Midland Bank, die seit 1992 zum Bereich der HSBC gehört.[5]

Johnson Matthey Bankers Ltd. (JMB) übernahm 1957 den Sitz beim Goldfixing von Pixley & Abell. 1984 kam JMB vorübergehend in den Besitz der Bank of England, die die Firma angesichts drohender Verluste im Kreditgeschäft vom Edelmetall-Weltkonzern Johnson Matthey PLC übernahm. Die Zentralbank verkaufte JMB 1986 an Mase Westpac, die Goldhandelsbank von Westpac. 1993 ging der Sitz beim Goldfixing an die Republic-Mase Bank (früher Mase Westpac), eine Tochtergesellschaft der Republic National Bank of New York (RNB). Letztere wurde im Dezember 1999 von der HSBC übernommen. Im Mai 2000 wurde der Sitz an die Credit Suisse First Boston (CSFB) verkauft. Die CSFB annullierte im Oktober 2001 ihre Mitgliedschaft beim Goldfixing. Im Juli 2002 übernahm die Société Générale den Sitz von der CSFB.[6]

NM Rothschild & Sons verließ 2004 das Goldfixing. Seit dem 7. Juni 2004 findet die Sitzung, die früher dauerhaft von Rothschild geleitet wurde, unter jährlich rotierendem Vorsitz in der Barclays Bank statt. Zu dieser Veranstaltung treffen sich jeweils ein Vertreter der

  • Bank of Nova Scotia–ScotiaMocatta,
  • Barclays Bank,
  • Deutsche Bank AG London,
  • HSBC Bank USA NA London Branch und
  • Société Générale,

die alle Mitglieder der London Bullion Market Association (LBMA) sind.[7]

Preisermittlung

Die Deutsche Bundesbank benutzt den PM Fix am Nachmittag, um ihren Goldreserven einen Wert zu geben.

Am London Bullion Market wird der Weltmarktpreis für Gold festgestellt. Dieser Fixpreis wird von grossen Goldbesitzern wie Raffinerien und Bergbauunternehmen benutzt. Die meisten Notenbanken, darunter auch die Deutsche Bundesbank, beziehen sich auf den Preis beim Goldfixing am Nachmittag (PM Fix), um ihren Goldreserven einen Wert zu geben. Zahlreiche Edelmetallhändler im Einzelhandel ändern ihre Preise täglich in Überstimmung mit dem Goldfixing. Der Londoner Weltmarktpreis wird auch auf dem Markt für Gold-Futures benutzt, um beispielsweise Swaps und Optionen einen Preis zu geben.

Handelszeit am London Bullion Market ist Montag bis Freitag von 8:50 Uhr bis 15:00 Uhr UTC (9:50 bis 16:00 Uhr MEZ). Das Goldfixing wird zweimal täglich durchgeführt mit dem Ziel, möglichst viele Transaktionen zu einem Fixpreis abzuwickeln:

  • Vormittag: Montag bis Freitag 10:30 Uhr UTC (11:30 Uhr MEZ)
  • Nachmittag: Montag bis Freitag 15:00 Uhr UTC (16:00 Uhr MEZ).

Zu Beginn der Sitzungen wird ein Eröffnungspreis genannt, und auf dieser Basis beginnt das Handeln. Der Preis, zu dem ein Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage möglich ist, gilt als der zu veröffentlichende Fixpreis. Im Gegensatz zum Fixing des London Silver Market, das ohne Kontakt zur Außenwelt stattfindet, steht das Goldfixing in ständiger Verbindung mit Anbietern und Abgebern in der ganzen Welt. In der Regel dauert die Preisermittlung etwa zehn Minuten. Bei finanziellen oder politischen Krisen kann es deutlich länger dauern. Das längste Fixing der Geschichte war erst nach zwei Stunden und 15 Minuten beendet. Es fand am Schwarzen Montag, den 19. Oktober 1987 statt, als der Wert des Dow-Jones-Index an der New York Stock Exchange um 22,6 Prozent einbrach.[8]

Zwischen 1919 und 1968 wurde der Goldpreis nur in Pfund Sterling ermittelt. Grund war die britische Dominanz in den internationalen Finanz-, Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. 1968 kamen Notierungen in US-Dollar hinzu, die Ausdruck der gewachsenen Bedeutung des US-Währung in der Weltwirtschaft war. Seit 1999 wird der Preis zusätzlich in Euro abgerechnet. Die europäische Gemeinschaftswährung ist im internationalen Vergleich nach dem US-Dollar die wichtigste Reservewährung der Welt.

OTC-Handel

Der Handel am London Bullion Market läuft außerhalb der Börse (englisch: Over-The-Counter, OTC). Vertrauensbildend für Banken, Minengesellschaften und Investoren ist die hohe Liquidität des Marktes und die Tatsache, dass die Goldbarren tatsächlich physisch vorhanden sind. Die Edelmetalle lagern im Großraum London in LBMA-zertifizierten Lagerhäusern, die wie Festungen gesichert sind. Einblick in den OTC-Handel haben nur die Handelspartner und – zweimal am Tag – die fünf Banken, die das Goldfixing betreiben.

Zum Handel sind nur Barren von Affinerien und Münzprägeanstalten zugelassen, die bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen. Barren, die am London Bullion Market als „gute Lieferung“ (good-delivery) gelten sollen, müssen einen Goldinhalt von mindestens 350 und höchstens 430 Feinunzen und einen Feingehalt von mindestens 995 ‰ haben. Sie müssen ferner eine Seriennummer sowie den Stempel eines am Londoner Goldmarkt zugelassenen Herstellers oder Edelmetallprüfers (Assayers) tragen. Bezahlung und Lieferung des am Londoner Markt gehandelten Goldes erfolgen zwei Arbeitstage nach dem Abschluss des Geschäftes. Für alle Käufe im Fixing ist eine Kommission von 0,25 Prozent zu zahlen: die Verkäufe sind von einer Kommission nicht belastet.[9]

Einzelnachweise

  1. Handelsblatt: Rothschild zieht sich aus Goldhandel zurück, vom 16. April 2004
  2. Goldfixing.com: London Gold Market: 1660-2004
  3. Tax Free Gold: Mocatta & Goldsmid
  4. Tax Free Gold: Sharps Pixley
  5. Tax Free Gold: Samuel Montagu
  6. Tax Free Gold: Pixley & Abell
  7. London Bullion Market Association: Statistics FAQs
  8. Wirtschaftswoche: Goldfixing – Wer täglich den Goldpreis festlegt, vom 28. Januar 2011
  9. London Bullion Market Association: Good Delivery