„Centgericht“ – Versionsunterschied
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Ein Centgericht war im Rahmen der Ausübung der [[Blutgerichtsbarkeit|Hochgerichtsbarkeit]] mit der Rechtsprechung betraut.<ref name="HAB-Höchstadt-Herzogenaurach 25" /> Es nahm damit den [[judikative]]n Aufgabenteil eines [[Centamt]]es wahr, denn wie im HRR üblich bestand keine [[Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung]]. Der [[exekutive]] Aufgabenteil eines Centamtes wurde hingegen vom [[Ausschuss (HRR)|Ausschuss]] ausgeübt, einem paramilitärisch organisierten Truppenverband, der unter anderem auch zur [[Strafverfolgung]] eingesetzt wurde.<ref name="HAB-Höchstadt-Herzogenaurach 28" /> Aufgeboten wurde der Ausschuss vom [[Centrichter]], der der oberste Beamte eines Centamtes war. Dieser ursprünglich vom Bischof bestellte Richter stand dem Centgericht vor und hielt mit seinem Schöffenkollegium Gerichtssitzungen ab, in denen straffällig gewordene Bewohner |
Ein Centgericht war im Rahmen der Ausübung der [[Blutgerichtsbarkeit|Hochgerichtsbarkeit]] mit der Rechtsprechung betraut.<ref name="HAB-Höchstadt-Herzogenaurach 25" /> Es nahm damit den [[judikative]]n Aufgabenteil eines [[Centamt]]es wahr, denn wie im HRR üblich bestand keine [[Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung]]. Der [[exekutive]] Aufgabenteil eines Centamtes wurde hingegen vom [[Ausschuss (HRR)|Ausschuss]] ausgeübt, einem paramilitärisch organisierten Truppenverband, der unter anderem auch zur [[Strafverfolgung]] eingesetzt wurde.<ref name="HAB-Höchstadt-Herzogenaurach 28" /> Aufgeboten wurde der Ausschuss vom [[Centrichter]], der der oberste Beamte eines Centamtes war. Dieser ursprünglich vom Bischof bestellte Richter stand dem Centgericht vor und hielt mit seinem [[Landschöffe|Schöffenkollegium]] Gerichtssitzungen ab, in denen straffällig gewordene Bewohner des [[Centbezirk]]s abgeurteilt wurden.<ref name="HAB-Stadtsteinach 18" /><ref name="HAB-Stadtsteinach 13" /> Das Bestimmungswort der Bezeichnung „Centgericht“ wurde von {{laS|''centum''}} („hundert“) abgeleitet, was auf die Zeit der [[Fränkische Landnahme|Fränkischen Landnahme]] zurückging, denn in dieser Zeit erfolgte die Ansiedlung von Kolonisten nach [[Hundertschaft]]en.<ref name="HAB-Kitzingen 33" /> |
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Die Rolle des Centgerichtes erfuhr während des 16. Jahrhunderts einen erheblichen Bedeutungsverlust. Ursächlich dafür war der große Umwälzungsprozess, der sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts im Rechtswesen des HRR ergeben hatte.<ref name="HAB-Stadtsteinach 34" /> Dadurch wurde der Zuständigkeitsbereich des Centgerichtes deutlich eingeengt und ein wesentlicher Teil seiner bisherigen Kompetenzen fiel nun dem Bereich der [[Vogteiliche Gerichtsbarkeit|Vogteilichen Gerichtsbarkeit]] zu, deren Ausübung dem [[Vogtgericht]] oblag.<ref name="HAB-Bamberg 41" /> Dem Centgericht verblieb danach nur noch die Abstrafung schwerer Kriminalfälle, denn deren Bearbeitung fiel weiterhin in den rechtlichen Wirkungsbereich eines [[Hochgerichtsamt]]es.<ref name="HAB-Forchheim 15" /> Diese mit der Todesstrafe bedrohten Straftaten umfassten die vier oder fünf „hohen Rügen“, die bereits in Urkunden aus dem frühen 14. Jahrhundert genannt wurden.<ref name="HAB-Kronach 127" /> Dazu zählten vor allem Mord oder Totschlag, schwere blutige Körperverletzung, schwerer Diebstahl, Notzucht und nächtliche Brandstiftung.<ref name="HAB-Bamberg 42" /><ref name="HAB-Kronach 45" /><ref name="HAB-Forchheim 25" /> |
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Aktuelle Version vom 5. Oktober 2024, 16:42 Uhr
Ein Centgericht war eine mittelalterliche und neuzeitliche Rechtsinstitution im Heiligen Römischen Reich (HRR).
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Centgericht war im Rahmen der Ausübung der Hochgerichtsbarkeit mit der Rechtsprechung betraut.[1] Es nahm damit den judikativen Aufgabenteil eines Centamtes wahr, denn wie im HRR üblich bestand keine Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung. Der exekutive Aufgabenteil eines Centamtes wurde hingegen vom Ausschuss ausgeübt, einem paramilitärisch organisierten Truppenverband, der unter anderem auch zur Strafverfolgung eingesetzt wurde.[2] Aufgeboten wurde der Ausschuss vom Centrichter, der der oberste Beamte eines Centamtes war. Dieser ursprünglich vom Bischof bestellte Richter stand dem Centgericht vor und hielt mit seinem Schöffenkollegium Gerichtssitzungen ab, in denen straffällig gewordene Bewohner des Centbezirks abgeurteilt wurden.[3][4] Das Bestimmungswort der Bezeichnung „Centgericht“ wurde von lateinisch centum („hundert“) abgeleitet, was auf die Zeit der Fränkischen Landnahme zurückging, denn in dieser Zeit erfolgte die Ansiedlung von Kolonisten nach Hundertschaften.[5]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Rolle des Centgerichtes erfuhr während des 16. Jahrhunderts einen erheblichen Bedeutungsverlust. Ursächlich dafür war der große Umwälzungsprozess, der sich seit dem Ende des 15. Jahrhunderts im Rechtswesen des HRR ergeben hatte.[6] Dadurch wurde der Zuständigkeitsbereich des Centgerichtes deutlich eingeengt und ein wesentlicher Teil seiner bisherigen Kompetenzen fiel nun dem Bereich der Vogteilichen Gerichtsbarkeit zu, deren Ausübung dem Vogtgericht oblag.[7] Dem Centgericht verblieb danach nur noch die Abstrafung schwerer Kriminalfälle, denn deren Bearbeitung fiel weiterhin in den rechtlichen Wirkungsbereich eines Hochgerichtsamtes.[8] Diese mit der Todesstrafe bedrohten Straftaten umfassten die vier oder fünf „hohen Rügen“, die bereits in Urkunden aus dem frühen 14. Jahrhundert genannt wurden.[9] Dazu zählten vor allem Mord oder Totschlag, schwere blutige Körperverletzung, schwerer Diebstahl, Notzucht und nächtliche Brandstiftung.[10][11][12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hildegard Weiß: Stadt- und Landkreis Bamberg (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 21). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1974, ISBN 3-7696-9884-3.
- Hanns Hubert Hofmann: Höchstadt-Herzogenaurach (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 1). Kommission für Bayerische Landesgeschichte, München 1951, DNB 452071143 (Digitalisat).
- Helmut Demattio: Kronach – Der Altlandkreis (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. I, 32). Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1998, ISBN 3-7696-9698-0.
- Erich Freiherr von Guttenberg, Hanns Hubert Hofmann: Stadtsteinach. In: Historischer Atlas von Bayern. Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1953.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Höchstadt-Herzogenaurach. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 25 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Höchstadt-Herzogenaurach. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 28 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Stadtsteinach. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 18 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Stadtsteinach. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 13 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Kitzingen. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 33 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Stadtsteinach. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 34 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Stadt- und Landkreis Bamberg. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 41.
- ↑ Forchheim. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 15 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).
- ↑ Kronach – Der Altlandkreis. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 127.
- ↑ Stadt- und Landkreis Bamberg. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 42.
- ↑ Kronach – Der Altlandkreis. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 45.
- ↑ Forchheim. In: Historischer Atlas von Bayern. S. 25 (digitale-sammlungen.de [abgerufen am 27. Mai 2020]).