„Carl Brinitzer“ – Versionsunterschied

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'''Carl Brinitzer''' (* [[30. Januar]] [[1907]] in [[Riga]], [[24. Oktober]] [[1974]] in [[Kingston (Dorset)|Kingston]], Großbritannien) war ein deutscher Jurist, Schriftsteller, Übersetzer und Feulletonist. Er war Biograph [[Heinrich Heine|Heinrich Heines]], [[Georg Christoph Lichtenberg|Lichtenbergs]] und des Verlegers [[Julius Campe]].
'''Carl Brinitzer''' (geboren [[30. Januar]] [[1907]] in [[Riga]], [[Russisches Kaiserreich]]; gestorben [[24. Oktober]] [[1974]] in [[Kingston near Lewes]], Großbritannien) war ein deutscher [[Jurist]], [[Schriftsteller]], [[Übersetzer]] und Feuilletonist. Er war Biograph [[Heinrich Heine]]s, [[Georg Christoph Lichtenberg|Lichtenbergs]] und des Verlegers [[Julius Campe]].


== Leben ==
== Leben ==
Brinitzer wuchs in einer Arztfamilie in [[Hamburg-Altona]] auf. Seit Vater war der Hautarzt Eugen Jacob Brinitzer, seine Mutter die Frauenärztin und Internistin Jenny Brinitzer, geb. Kaplan.<ref>[http://www.geni.com/people/Dr-Carl-Brinitzer/6000000026532562084 Eintrag Brinitzer in geni]</ref>
Carl Brinitzer wuchs in einer Arztfamilie in [[Hamburg-Altona]] auf. Seit Vater war der Hautarzt Eugen Jacob Brinitzer, seine Mutter die Frauenärztin und Internistin Jenny Brinitzer, geb. Kaplan.<ref>Ira Fiona Sebekow: [http://findingaids.cjh.org/?pID=994779#serIII ''Guide to the Papers of the Trude Kersten Family 1899-1989'']</ref>


Nach dem Abitur am [[Realgymnasium]] in Altona studierte Brinitzer Jura in [[Kiel]], wo er auch promovierte. Im August 1933 fand seine gerade in Hamburg begonnene Karriere im Justizdienst ein jähes Ende. Grund war das [[Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums]]. Brinitzer, der sich bis dahin kaum für seine Familiengeschichte interessiert hatte, stellte fest, dass seine Vorfahren im [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] „infolge der Religionswirren vom Katholizismus zum Judentum übergetreten waren“, wie es in einer generalogischen Urkunde hieß.<ref>Carl Brinitzer: ''Hier spricht London – von einem, der dabei war'', Seite 23</ref>
Nach dem Abitur am [[Realgymnasium|Reform-Realgymnasium]] in Altona studierte Brinitzer Jura in Genf, Hamburg, München, Berlin und [[Kiel]], wo er 1930 die Erste Staatsprüfung ablegte und im August 1933 promoviert wurde. Die Referendarzeit verbrachte er in Pinneberg und Kiel. Er war von 1930 bis 1933 Rechtsanwalt in Kiel und dann Staatsanwalt beim Oberlandesgericht Kiel. Er wurde im August 1933 aufgrund des [[Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums|Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums]] – er war jüdisch – entlassen. Brinitzer, der sich bis dahin kaum für seine Familiengeschichte interessiert hatte, stellte fest, dass seine Vorfahren im [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] „infolge der Religionswirren vom Katholizismus zum Judentum übergetreten waren“, wie es in einer genealogischen Urkunde hieß.<ref>Carl Brinitzer: ''Hier spricht London – von einem, der dabei war'', Seite 23</ref>


Er zog für einige Monate nach [[Rom]], wo er die Sängerin und Rundfunksprecherin Berte Grossbard kennenlernte. Das Paar emigrierte nach England, heiratete in [[London]]. Dort lebte Brinitzer in ärmlichen Verhältnissen vom Verfassen von Hörspielen und Texten für deutsche Sender, die er teilweise unter dem Pseudonym Usikota verölffentlichte.<ref>[http://www.abendblatt.de/archiv/1969/article201130345/Von-einem-der-dabei-war.html Hamburger Abendblatt, 3. April 1969]</ref>
Er emigrierte nach [[Rom]], wo er die Sängerin und Rundfunksprecherin Berte Grossbard kennenlernte. Das Paar zog 1936 nach England und heiratete in [[London]]. Dort lebte Brinitzer in ärmlichen Verhältnissen vom Verfassen von Hörspielen und Texten für deutsche Sender, die er teilweise unter dem Pseudonym Usikota veröffentlichte.<ref>[http://www.abendblatt.de/archiv/1969/article201130345/Von-einem-der-dabei-war.html Hamburger Abendblatt, 3. April 1969]</ref>


== Deutscher Dienst der BBC ==
== Deutscher Dienst der BBC ==
1938 suchte die [[British Broadcasting Corporation|BBC]] deutschsprachige Übersetzer, Journalisten und Sprecher für seinen im Aufbau befindlichen deutschsprachigen Dienst.<ref>ebenda; Seite 27</ref> Brinitzer bekam eine Stelle als Übersetzer, arbeitete auch als Redakteur und Sprecher. In der zweiten Kriegshälfte wurde er zum Leiter des Übersetzungsteams ernannt. Er ersetzte in den Nachrichten die typisch deutschen Schachtelsätze durch kurze Aussagen, zum einen wegen der allgemeinen Verständlichkeit, zum anderen, weil die kurzen Sätze von den deutschen Störsendern weniger leicht verstümmelt werden konnten. Nach Kriegsende blieb Brinitzer bei der BBC und wurde Leiter der Programmabteilung des deutschen Dienstes der BBC eine Stelle, die er bis weit in die 1960er Jahre innehatte.
1938 suchte die [[British Broadcasting Corporation|BBC]] deutschsprachige Übersetzer, Journalisten und Sprecher für ihren im Aufbau befindlichen deutschsprachigen Dienst.<ref>Carl Brinitzer: ''Hier spricht London – von einem, der dabei war'', Seite 27</ref> Brinitzer bekam eine Stelle als Übersetzer, arbeitete auch als Redakteur und Sprecher. In der zweiten Kriegshälfte wurde er zum Leiter des Übersetzungsteams ernannt. Er ersetzte in den Nachrichten die typisch deutschen Schachtelsätze durch kurze Aussagen, zum einen wegen der allgemeinen Verständlichkeit, zum anderen, weil die kurzen Sätze von den deutschen Störsendern weniger leicht verstümmelt werden konnten. Dabei bemühten sich Brinitzer und die durchweg aus Emigranten bestehende [[Londoner Rundfunk|deutschsprachige Redaktion der BBC]], streng bei der Wahrheit zu bleiben – selbst Nachrichten zu Verlusten britischer Verbände wurden nicht beschönigt. Diese Offenheit, so stellte sich nach dem Krieg heraus, fand bei der deutschen Bevölkerung großen Anklang, obwohl das Abhören von sogenannten „[[Feindsender]]n“ unter Strafandrohung stand.


Nach Kriegsende blieb Brinitzer bei der BBC und wurde Leiter der Programmabteilung des deutschen Dienstes der BBC – eine Stelle, die er bis weit in die 1960er Jahre innehatte.
== Schriften ==

== Schriften (Auswahl) ==
* Desmond Young: ''Rommel''. Vorwort von [[Claude Auchinleck]]. Übersetzung aus dem Englischen Carl Brinitzer. Wiesbaden: Limes, 1950
* ''G. C. Lichtenberg. Die Geschichte eines gescheiten Mannes'', Leins Verlag, 1956
* ''G. C. Lichtenberg. Die Geschichte eines gescheiten Mannes'', Leins Verlag, 1956
* ''Heinrich Heine. Roman seines Lebens'', Hoffmann und Campe 1960
* ''Heinrich Heine. Roman seines Lebens'', Hoffmann und Campe 1960
* ''Das streitbare Leben. des Verlegers Julius Campe''. Hoffmann und Campe 1962
* ''Das streitbare Leben. des Verlegers Julius Campe''. Hoffmann und Campe 1962
* ''Liebeskunst ganz prosaisch - Variationen über ein Thema von Ovid'', Rowohlt 1966 (Ausgabe 1974, ISBN 3-499-11730-4)
* ''Liebeskunst ganz prosaisch Variationen über ein Thema von Ovid'', Rowohlt 1966 (Ausgabe 1974, ISBN 3-499-11730-4)
* ''Hier spricht London. Von einem, der dabei war.'' Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1969
* ''Hier spricht London. Von einem, der dabei war.'' Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1969
* ''Die Geschichte des [[Daniel Chodowiecki|Daniel Ch.]] Ein Sittenbild des 18. Jahrhunderts'', Deutsche Verlagsanstalt 1973, ISBN 3-421-01658-5
* ''Die Geschichte des [[Daniel Chodowiecki|Daniel Ch.]] Ein Sittenbild des 18. Jahrhunderts'', Deutsche Verlagsanstalt 1973, ISBN 3-421-01658-5
* ''Kleine Geschichten über schöne Frauen'', Engelhorn Bücherei 1988, ISBN 3-87203-042-6
* ''Kleine Geschichten über schöne Frauen'', Engelhorn Bücherei 1988, ISBN 3-87203-042-6

== Literatur ==
* ''Brinitzer, Carl.'' In: ''[[Lexikon deutsch-jüdischer Autoren]].'' Band 4: ''Brech–Carle.'' Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München<!-- sic! --> 1996, ISBN 3-598-22684-5, S. 67–73.
* {{BibISBN|9783110193381|Seiten=296 f}}
* ''Brinitzer, Carl'', in: [[Joseph Walk]] (Hrsg.): ''Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945''. München : Saur, 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 47
* ''Brinitzer, Carl'', in: Werner Röder, [[Herbert A. Strauss]] (Hrsg.): ''Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben''. München : Saur, 1980, S. 96


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|124447023}}
* {{DNB-Portal|124447023}}
* [http://www.uelex.de/artiklar/Carl_BRINITZER Brinitzer] im UeLEX, [[Germersheimer Übersetzerlexikon]]; mit Liste seiner Übersetzungen


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Person im Zweiten Weltkrieg (Vereinigtes Königreich)]]
[[Kategorie:Person (BBC)]]
[[Kategorie:Person (BBC)]]
[[Kategorie:Geschichte des Hörfunks]]
[[Kategorie:Geschichte des Hörfunks]]
[[Kategorie:Propaganda im Zweiten Weltkrieg]]
[[Kategorie:Medien (Militär)]]
[[Kategorie:Medien (Militär)]]
[[Kategorie:Journalist (Deutschland)]]
[[Kategorie:Journalist (Deutschland)]]
[[Kategorie:Emigrant aus dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus]]
[[Kategorie:Schriftsteller (London)]]
[[Kategorie:Schriftsteller (London)]]
[[Kategorie:Brite]]
[[Kategorie:Hörfunkjournalist]]
[[Kategorie:Journalist (Vereinigtes Königreich)]]
[[Kategorie:Übersetzer aus dem Englischen]]
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[[Kategorie:Rechtsanwalt (Deutschland)]]
[[Kategorie:Emigrant aus dem Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Brite]]
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Aktuelle Version vom 30. August 2024, 09:48 Uhr

Carl Brinitzer (geboren 30. Januar 1907 in Riga, Russisches Kaiserreich; gestorben 24. Oktober 1974 in Kingston near Lewes, Großbritannien) war ein deutscher Jurist, Schriftsteller, Übersetzer und Feuilletonist. Er war Biograph Heinrich Heines, Lichtenbergs und des Verlegers Julius Campe.

Carl Brinitzer wuchs in einer Arztfamilie in Hamburg-Altona auf. Seit Vater war der Hautarzt Eugen Jacob Brinitzer, seine Mutter die Frauenärztin und Internistin Jenny Brinitzer, geb. Kaplan.[1]

Nach dem Abitur am Reform-Realgymnasium in Altona studierte Brinitzer Jura in Genf, Hamburg, München, Berlin und Kiel, wo er 1930 die Erste Staatsprüfung ablegte und im August 1933 promoviert wurde. Die Referendarzeit verbrachte er in Pinneberg und Kiel. Er war von 1930 bis 1933 Rechtsanwalt in Kiel und dann Staatsanwalt beim Oberlandesgericht Kiel. Er wurde im August 1933 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums – er war jüdisch – entlassen. Brinitzer, der sich bis dahin kaum für seine Familiengeschichte interessiert hatte, stellte fest, dass seine Vorfahren im Dreißigjährigen Krieg „infolge der Religionswirren vom Katholizismus zum Judentum übergetreten waren“, wie es in einer genealogischen Urkunde hieß.[2]

Er emigrierte nach Rom, wo er die Sängerin und Rundfunksprecherin Berte Grossbard kennenlernte. Das Paar zog 1936 nach England und heiratete in London. Dort lebte Brinitzer in ärmlichen Verhältnissen vom Verfassen von Hörspielen und Texten für deutsche Sender, die er teilweise unter dem Pseudonym Usikota veröffentlichte.[3]

Deutscher Dienst der BBC

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1938 suchte die BBC deutschsprachige Übersetzer, Journalisten und Sprecher für ihren im Aufbau befindlichen deutschsprachigen Dienst.[4] Brinitzer bekam eine Stelle als Übersetzer, arbeitete auch als Redakteur und Sprecher. In der zweiten Kriegshälfte wurde er zum Leiter des Übersetzungsteams ernannt. Er ersetzte in den Nachrichten die typisch deutschen Schachtelsätze durch kurze Aussagen, zum einen wegen der allgemeinen Verständlichkeit, zum anderen, weil die kurzen Sätze von den deutschen Störsendern weniger leicht verstümmelt werden konnten. Dabei bemühten sich Brinitzer und die durchweg aus Emigranten bestehende deutschsprachige Redaktion der BBC, streng bei der Wahrheit zu bleiben – selbst Nachrichten zu Verlusten britischer Verbände wurden nicht beschönigt. Diese Offenheit, so stellte sich nach dem Krieg heraus, fand bei der deutschen Bevölkerung großen Anklang, obwohl das Abhören von sogenannten „Feindsendern“ unter Strafandrohung stand.

Nach Kriegsende blieb Brinitzer bei der BBC und wurde Leiter der Programmabteilung des deutschen Dienstes der BBC – eine Stelle, die er bis weit in die 1960er Jahre innehatte.

Schriften (Auswahl)

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  • Desmond Young: Rommel. Vorwort von Claude Auchinleck. Übersetzung aus dem Englischen Carl Brinitzer. Wiesbaden: Limes, 1950
  • G. C. Lichtenberg. Die Geschichte eines gescheiten Mannes, Leins Verlag, 1956
  • Heinrich Heine. Roman seines Lebens, Hoffmann und Campe 1960
  • Das streitbare Leben. des Verlegers Julius Campe. Hoffmann und Campe 1962
  • Liebeskunst ganz prosaisch – Variationen über ein Thema von Ovid, Rowohlt 1966 (Ausgabe 1974, ISBN 3-499-11730-4)
  • Hier spricht London. Von einem, der dabei war. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1969
  • Die Geschichte des Daniel Ch. Ein Sittenbild des 18. Jahrhunderts, Deutsche Verlagsanstalt 1973, ISBN 3-421-01658-5
  • Kleine Geschichten über schöne Frauen, Engelhorn Bücherei 1988, ISBN 3-87203-042-6

Einzelnachweise

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  1. Ira Fiona Sebekow: Guide to the Papers of the Trude Kersten Family 1899-1989
  2. Carl Brinitzer: Hier spricht London – von einem, der dabei war, Seite 23
  3. Hamburger Abendblatt, 3. April 1969
  4. Carl Brinitzer: Hier spricht London – von einem, der dabei war, Seite 27