„Atal Bihari Vajpayee“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Ersetze Bush_Vajpayee_Oval_Office.jpg durch [[c:File:U.S._President_George_W._Bush_welcomes_Prime_Minister_Atal_Bihari_Vajpayee_of_India_to_the_Oval_Office_2001.jpg|U.S._President_George_W._Bush_welcomes_Prime_Minister_Atal_Bihari_Vajpayee_of_India_to_the
 
(26 dazwischenliegende Versionen von 17 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Ab vajpayee.jpg|mini|Atal Bihari Vajpayee (mit einem Strauß [[Lotosblumen]] – dem Parteisymbol der BJP)]]
[[Datei:Ab vajpayee.jpg|mini|Atal Bihari Vajpayee (mit einem Strauß [[Lotosblumen]] – dem Parteisymbol der BJP)]]
'''Atal Bihari Vajpayee''' ([[Hindi]]: {{lang|hi|अटल बिहारी वाजपेयी}}, {{IAST|Aṭal Bihārī Vājpeyī}}; * [[25. Dezember]] [[1924]] in [[Gwalior]], [[Gwalior (Staat)|Fürstenstaat Gwalior]]; † [[16. August]] [[2018]] in [[Neu-Delhi]]<ref>[https://www.ndtv.com/india-news/atal-bihari-vajpayee-dies-former-prime-minister-atal-bihari-vajpayee-dies-at-age-93-1901517 Atal Bihari Vajpayee Dies: Former Prime Minister Atal Bihari Vajpayee Dies At Age 93]</ref>) war ein indischer Politiker der [[Bharatiya Janata Party|Bharatiya Janata Party (BJP)]], früherer [[Abgeordneter]] im [[Lok Sabha|Unterhaus des indischen Parlamentes]] und ehemaliger [[Liste der Premierminister Indiens|Ministerpräsident]] [[Indien]]s.
'''Atal Bihari Vajpayee''' ([[Hindi]]: {{lang|hi|अटल बिहारी वाजपेयी}}, {{IAST|Aṭal Bihārī Vājpeyī}}; * [[25. Dezember]] [[1924]] in [[Gwalior]], [[Gwalior (Staat)|Fürstenstaat Gwalior]]; †&nbsp;[[16. August]] [[2018]] in [[Neu-Delhi]]) war ein indischer Politiker der [[Bharatiya Janata Party|Bharatiya Janata Party (BJP)]], Abgeordneter im [[Lok Sabha|Unterhaus des indischen Parlamentes]] und mehrfach [[Indien|indischer]] [[Liste der Premierminister Indiens|Ministerpräsident]].


== Leben ==
== Leben ==
=== Herkunft und Lebenslauf ===
=== Herkunft und Lebenslauf ===
Vajpayee stammte aus einer nordindischen [[Brahmane|brahmanischen]] Mittelklasse-Familie.<ref name="rediff">{{Internetquelle |url=http://www.rediff.com/election/1999/oct/13profc.htm |titel=The Vajpayee cabinet: All old timers minus one |hrsg=rediff.com |datum=1999-10-13 |zugriff=2014-11-07 |sprache=en}}</ref> Er besuchte das ''Victoria College'' (heute ''Lakshmibai College'') in seiner Geburtsstadt Gwalior und erwarb dort einen Abschluss in [[Hindi]], [[Englische Sprache|Englisch]] und [[Sanskrit]]. Anschließend studierte er Politische Wissenschaften am ''DAV College'' in Kanpur, wo er den Grad eines [[Magister#Magister Artium/Magistra Artium (M. A.)|M. A.]] erwarb. Er begann ein Studium der Rechtswissenschaft, das er jedoch aufgrund seiner zunehmenden politischen und journalistischen Aktivitäten nicht zum Abschluss führte. 1941 trat er dem [[Indischer Nationalkongress|Indischen Nationalkongress]], der damals noch von Mahatma Gandhi geführt wurde, bei.<ref name="rediff" /> Im Jahr 1942 wurde er aufgrund seiner Beteiligung an der [[Quit-India-Bewegung|„Quit India“-Bewegung]], die sich gegen die [[Britisch-Indien|britische Kolonialherrschaft]] richtete, vorübergehend inhaftiert.
Vajpayee stammte aus einer nordindischen [[Brahmane|brahmanischen]] Mittelklasse-Familie.<ref name="rediff">{{Internetquelle |url=http://www.rediff.com/election/1999/oct/13profc.htm |titel=The Vajpayee cabinet: All old timers minus one |hrsg=rediff.com |datum=1999-10-13 |zugriff=2014-11-07 |sprache=en}}</ref> Er besuchte das ''Victoria College'' (heute ''Lakshmibai College'') in seiner Geburtsstadt Gwalior und erwarb dort einen Abschluss in [[Hindi]], [[Englische Sprache|Englisch]] und [[Sanskrit]]. Anschließend studierte er Politische Wissenschaften am ''DAV College'' in [[Kanpur]], wo er den Grad eines [[Magister|M.A.]] erwarb. Er begann ein Studium der Rechtswissenschaft, das er jedoch aufgrund seiner zunehmenden politischen und journalistischen Aktivitäten nicht zum Abschluss führte. 1941 trat er dem [[Indischer Nationalkongress|Indischen Nationalkongress]], der damals noch von [[Mahatma Gandhi]] geführt wurde, bei.<ref name="rediff" /> Im Jahr 1942 wurde er aufgrund seiner Beteiligung an der [[Quit-India-Bewegung|„Quit India“-Bewegung]], die sich gegen die [[Britisch-Indien|britische Kolonialherrschaft]] richtete, vorübergehend inhaftiert.
In den folgenden Jahren war er als Journalist und Herausgeber verschiedener Zeitungen tätig (''Rashtra Dharma'' in [[Lucknow]], ''Panchajanya'', ''Chetna'' in [[Varanasi]], ''Dainik Swadesh'' in Lucknow und ''Veer Arjun'' in Delhi).<ref name="rediff" />
In den folgenden Jahren war er als Journalist und Herausgeber verschiedener Zeitungen tätig (''Rashtra Dharma'' in [[Lucknow]], ''Panchajanya'', ''Chetna'' in [[Varanasi]], ''Dainik Swadesh'' in Lucknow und ''Veer Arjun'' in Delhi).<ref name="rediff" />


Schon während seiner Jugendzeit kam er mit dem [[Rashtriya Swayamsevak Sangh]] in Berührung und wurde in der Jugendorganisation des [[Arya Samaj]] aktiv. Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 war Vajpayee 1951 eines der Gründungsmitglieder der [[Bharatiya Jana Sangh]], die von [[Syama Prasad Mukherjee]] gegründet worden war, und wurde dessen Sekretär. Sein erstes Parlamentsmandat für die [[Lok Sabha]] gewann Vajpayee [[Parlamentswahl in Indien 1957|1957]] im Wahlkreis Balrampur in [[Uttar Pradesh]]. Bei der [[Parlamentswahl in Indien 1962|Wahl 1962]] verlor er es, konnte es aber [[Parlamentswahl in Indien 1967|1967]] wiedergewinnen. Bei der [[Parlamentswahl in Indien 1971|Wahl 1971]] wurde er im Wahlkreis Gwalior, [[Parlamentswahl in Indien 1977|1977]] und [[Parlamentswahl in Indien 1980|1980]] im Wahlkreis New Delhi, sowie [[Parlamentswahl in Indien 1991|1991]], [[Parlamentswahl in Indien 1996|1996]] and [[Parlamentswahl in Indien 1998|1998]] jeweils im Wahlkreis Lucknow in die Lok Sabha gewählt.
Schon während seiner Jugendzeit kam er mit dem [[Rashtriya Swayamsevak Sangh]] in Berührung und wurde in der Jugendorganisation des [[Arya Samaj]] aktiv. Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 war Vajpayee 1951 eines der Gründungsmitglieder der [[Bharatiya Jana Sangh]], die von [[Syama Prasad Mukherjee]] gegründet worden war, und wurde dessen Sekretär. Sein erstes Parlamentsmandat für die [[Lok Sabha]] gewann Vajpayee [[Parlamentswahl in Indien 1957|1957]] im Wahlkreis Balrampur in [[Uttar Pradesh]]. Bei der [[Parlamentswahl in Indien 1962|Wahl 1962]] verlor er es, konnte es aber [[Parlamentswahl in Indien 1967|1967]] wiedergewinnen. Bei der [[Parlamentswahl in Indien 1971|Wahl 1971]] wurde er im Wahlkreis Gwalior, [[Parlamentswahl in Indien 1977|1977]] und [[Parlamentswahl in Indien 1980|1980]] im Wahlkreis New Delhi, sowie [[Parlamentswahl in Indien 1991|1991]], [[Parlamentswahl in Indien 1996|1996]] and [[Parlamentswahl in Indien 1998|1998]] jeweils im Wahlkreis Lucknow in die Lok Sabha gewählt.


[[Datei:Officials of India welcome Jimmy Carter and Rosalynn Carter during an arrival ceremony in New Delhi, India - NARA - 177371.tif|mini|Vajpayee (ganz rechts) als indischer Außenminister beim Staatsbesuch [[Jimmy Carter|Präsident Carters]] in Indien am 1.&nbsp;Januar 1978 (zweite von rechts: [[Rosalynn Carter]], daneben Premierminister [[Morarji Desai|Desai]])]]
[[Datei:Officials of India welcome Jimmy Carter and Rosalynn Carter during an arrival ceremony in New Delhi, India - NARA - 177371.jpg|mini|Vajpayee (ganz rechts) als indischer Außenminister beim Staatsbesuch [[Jimmy Carter|Präsident Carters]] in Indien am 1.&nbsp;Januar 1978 (zweite von rechts: [[Rosalynn Carter]], daneben Premierminister [[Morarji Desai|Desai]])]]
Vajpayee, der als inspirierender Redner galt, war zwischen 1957 und 1977 Fraktionsführer der Bharatiya Jana Sangh in der Lok Sabha und zwischen 1968 und 1973 deren Parteipräsident. Während der Zeit des [[Ausnahmezustand in Indien 1975–77|Ausnahmezustandes 1975–77]] wurde Vajpayee zusammen mit vielen anderen Oppositionspolitikern inhaftiert. Nachdem sich die Bharatiya Jana Sangh mit anderen Parteien 1977 zur [[Janata Party]] (JNP) vereinigt hatte, nahm Vajpayee führende Positionen in der neuen Partei ein. Nach dem Wahlsieg der Janata Party bei der [[Parlamentswahl in Indien 1977|Wahl 1977]] wurde er Außenminister in der neu gebildeten [[Kabinett Desai|Janata Party-Regierung]]. In dieser Funktion hielt er vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen erstmals eine Rede nicht in Englisch, sondern in [[Hindi]]. 1979 trat er von Ministeramt aufgrund ideologischer innerparteilicher Differenzen in der Janata Party wieder zurück. 1980 gründete er mit anderen Gleichgesinnten, namentlich [[Lal Krishna Advani]] and [[Bhairon Singh Shekhawat]] die Bharatiya Janata Party, deren Parteipräsident er bis 1996 blieb. Von 1993 bis 1997 war er Oppositionsführer in der [[Lok Sabha]].
Vajpayee, der als inspirierender Redner galt, war zwischen 1957 und 1977 Fraktionsführer der Bharatiya Jana Sangh in der Lok Sabha und zwischen 1968 und 1973 deren Parteipräsident. Während der Zeit des [[Ausnahmezustand in Indien 1975–1977|Ausnahmezustandes 1975–77]] wurde Vajpayee zusammen mit vielen anderen Oppositionspolitikern inhaftiert. Nachdem sich die Bharatiya Jana Sangh mit anderen Parteien 1977 zur [[Janata Party]] (JNP) vereinigt hatte, nahm Vajpayee führende Positionen in der neuen Partei ein. Nach dem Wahlsieg der Janata Party bei der [[Parlamentswahl in Indien 1977|Wahl 1977]] wurde er Außenminister in der neu gebildeten [[Kabinett Desai|Janata Party-Regierung]]. In dieser Funktion hielt er vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen erstmals eine Rede nicht in Englisch, sondern in Hindi. 1979 trat er vom Ministeramt aufgrund ideologischer innerparteilicher Differenzen in der Janata Party wieder zurück. 1980 gründete er mit anderen Gleichgesinnten, namentlich [[Lal Krishna Advani]] and [[Bhairon Singh Shekhawat]], die Bharatiya Janata Party, deren Parteipräsident er bis 1996 blieb. Von 1993 bis 1997 war er Oppositionsführer in der [[Lok Sabha]].


Vajpayee blieb sein Leben lang unverheiratet. Privat war er auch als Dichter aktiv und veröffentlichte mehrere Hindi-Gedichtbände. Bei öffentlichen Veranstaltungen trug er gelegentlich selbstverfasste Gedichte vor.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.firstpost.com/politics/vajpayee-the-peerless-poet-and-politician-turns-88-165064.html |titel=Vajpayee, the peerless poet and politician, turns 88 |hrsg=firstpost.com |datum=2011-11-25 |zugriff=2014-11-07 |sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.suedasien.info/nachrichten/848 |titel=Indiens Premierminister Vajpayee in Deutschland |hrsg=suedasien.info |datum=2003-05-31 |zugriff=2014-11-07}}</ref>
Vajpayee blieb sein Leben lang unverheiratet. Seit den 1970er Jahren lebte er mit der Familie Kaul, die er schon aus Schulzeiten in Gwalior kannte, in einem gemeinsamen Haus in Delhi. Nach dem Tode ihres Ehemannes führte Rajkumari Kaul seinen Haushalt und er adoptierte offiziell ihre beiden Töchter.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.newindianexpress.com/nation/2018/aug/16/atal-bihari-vajpayee-a-statesman-who-juggled-both-personal-and-political-spheres-1858686.html|hrsg=The New Indian Express|titel=Atal Bihari Vajpayee: A statesman who juggled both personal and political spheres|datum=2018-08-17|zugriff=2018-08-18|sprache=en}}</ref> Privat war Vajpayee auch als Dichter aktiv und veröffentlichte mehrere Hindi-Gedichtbände. Bei öffentlichen Veranstaltungen trug er gelegentlich selbstverfasste Gedichte vor.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.firstpost.com/politics/vajpayee-the-peerless-poet-and-politician-turns-88-165064.html |titel=Vajpayee, the peerless poet and politician, turns 88 |hrsg=firstpost.com |datum=2011-11-25 |zugriff=2014-11-07 |sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.suedasien.info/nachrichten/848 |titel=Indiens Premierminister Vajpayee in Deutschland |hrsg=suedasien.info |datum=2003-05-31 |zugriff=2014-11-07}}</ref>


=== Amtszeiten als Ministerpräsident ===
=== Amtszeiten als Ministerpräsident ===


Während seiner Zeit als Ministerpräsident erwarb sich Vajpayee erhebliches Ansehen im In- und Ausland, auch über die Grenzen seiner eigenen Partei hinweg, da er entgegen der zum Teil radikalen hindu-nationalistischen Rhetorik seiner Partei einen gemäßigten und ausgleichenden Kurs verfolgte. Vielen Indern, die die BJP misstrauisch beäugten, galt Vajpayee als „der richtige Mann in der falschen Partei“.<ref>{{internetquelle|url=http://news.in.msn.com/national/article.aspx?cp-documentid=3131559|titel=Vajpayee, the right man in the wrong party|hrsg=msn.com|datum=2009-08-12|zugriff=2014-11-07|sprache=en}}</ref><ref>{{internetquelle|titel=India's Vajpayee: Right man, wrong party|url=http://www.upi.com/Business_News/Security-Industry/2004/05/14/Indias-Vajpayee-Right-man-wrong-party/UPI-76171084549196/|hrsg=upi.com|datum=2004-05-14|autor=Harbaksh Singh Nanda|zugriff=2014-11-07|sprache=en}}</ref>
Während seiner Zeit als Ministerpräsident erwarb sich Vajpayee erhebliches Ansehen im In- und Ausland, auch über die Grenzen seiner eigenen Partei hinweg, da er entgegen der zum Teil radikalen hindu-nationalistischen Rhetorik seiner Partei einen gemäßigten und ausgleichenden Kurs verfolgte. Vielen Indern, die die BJP misstrauisch beäugten, galt Vajpayee als „der richtige Mann in der falschen Partei“.<ref>{{internetquelle|url=http://news.in.msn.com/national/article.aspx?cp-documentid=3131559|titel=Vajpayee, the right man in the wrong party|hrsg=msn.com|datum=2009-08-12|zugriff=2014-11-07|sprache=en|archiv-url=https://web.archive.org/web/20140826123723/http://news.in.msn.com/national/article.aspx?cp-documentid=3131559|archiv-datum=2014-08-26|offline=yes|archiv-bot=2022-10-05 22:18:17 InternetArchiveBot}}</ref><ref>{{internetquelle|titel=India's Vajpayee: Right man, wrong party|url=http://www.upi.com/Business_News/Security-Industry/2004/05/14/Indias-Vajpayee-Right-man-wrong-party/UPI-76171084549196/|hrsg=upi.com|datum=2004-05-14|autor=Harbaksh Singh Nanda|zugriff=2014-11-07|sprache=en}}</ref>


==== 16. bis 31. Mai 1996 ====
==== 16. bis 31. Mai 1996 ====
Zeile 30: Zeile 30:
==== 1999 bis 2004 ====
==== 1999 bis 2004 ====
[[Datei:Vladimir Putin 6 November 2001-5.jpg|mini|Vajpayee mit [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Präsident Putin]] am 6. Januar 2001]]
[[Datei:Vladimir Putin 6 November 2001-5.jpg|mini|Vajpayee mit [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Präsident Putin]] am 6. Januar 2001]]
[[Datei:Bush Vajpayee Oval Office.jpg|mini|Vajpayee im [[Oval Office]] mit [[George W. Bush|Präsident George W. Bush]] am 9.&nbsp;November 2001]]
[[Datei:U.S. President George W. Bush welcomes Prime Minister Atal Bihari Vajpayee of India to the Oval Office 2001.jpg|mini|Vajpayee im [[Oval Office]] mit [[George W. Bush|Präsident George W. Bush]] am 9.&nbsp;November 2001]]
Bei den [[Parlamentswahl in Indien 1999|Wahlen im Oktober 1999]] erreichte die von der BJP angeführte NDA mit den sie unterstützenden Parteien 303 von 543 möglichen Sitzen im Unterhaus. Diese komfortable Mehrheit ermöglichte es der [[Kabinett Vajpayee III|Regierung Vajpayee]] bis zum Ende der fünfjährigen Amtszeit zu regieren. Die folgende Regierungszeit war von einer weiteren wirtschaftlichen Liberalisierung und einem zunehmenden Wirtschaftswachstum Indiens geprägt. Das internationale Gewicht Indiens nahm zu, was auch in mehreren Auslandreisen des Premierministers zum Ausdruck kam. Vajpayee bemühte sich weiter um Entspannung im Verhältnis zu Pakistan, was zu einem Gipfeltreffen in Agra am 14.–16. Juli 2001 mit dem pakistanischen Präsidenten [[Pervez Musharraf]], der als Hauptinitiator des Kargil-Konflikts galt, führte. Allerdings erwiesen sich die Standpunkte in der [[Kaschmir-Konflikt|Kaschmir-Frage]] als unüberbrückbar.<ref>{{internetquelle|url=http://www.thehindubusinessline.com/2001/07/17/stories/14175501.htm|titel= Agra summit labours over Kashmir -- Vajpayee, Musharraf yield nothing in verbal match|autor=Sukumar Muralidharan|datum=2001-07-17|zugriff=2014-11-07|hrsg=The Hindu|sprache=en}}</ref> Einen Schatten auf die Regierung Vajpayee warfen allerdings die [[Ausschreitungen in Gujarat 2002]], bei denen ungefähr 1.000 Menschen durch religiös motivierte Gewalt ums Leben kamen. Dem damaligen [[Liste der Chief Minister von Gujarat|Chief Minister von Gujarat]] und Parteifreund Vajpayees [[Narendra Modi]] wurde durch seine passive Haltung eine erhebliche Mitschuld an den Gewalttätigkeiten gegeben. Später gestand auch Vajpayee eigene Fehler in der Behandlung dieser Affäre ein.<ref>{{internetquelle|url=http://edition.cnn.com/2002/WORLD/asiapcf/south/04/30/india.censure/index.html?_s=PM:asiapcf|titel=Vajpayee admits mistake over Gujarat|hrsg=CNN|datum=2002-04-30|zugriff=2014-11-07|sprache=en}}</ref>
Bei den [[Parlamentswahl in Indien 1999|Wahlen im Oktober 1999]] erreichte die von der BJP angeführte NDA mit den sie unterstützenden Parteien 303 von 543 möglichen Sitzen im Unterhaus. Diese komfortable Mehrheit ermöglichte es der [[Kabinett Vajpayee III|Regierung Vajpayee]], bis zum Ende der fünfjährigen Amtszeit zu regieren. Die folgende Regierungszeit war von einer weiteren wirtschaftlichen Liberalisierung und einem zunehmenden Wirtschaftswachstum Indiens geprägt. Das internationale Gewicht Indiens nahm zu, was auch in mehreren Auslandreisen des Premierministers zum Ausdruck kam. Vajpayee bemühte sich weiter um Entspannung im Verhältnis zu Pakistan, was zu einem Gipfeltreffen in Agra am 14.–16. Juli 2001 mit dem pakistanischen Präsidenten [[Pervez Musharraf]], der als Hauptinitiator des Kargil-Konflikts galt, führte. Allerdings erwiesen sich die Standpunkte in der [[Kaschmir-Konflikt|Kaschmir-Frage]] als unüberbrückbar.<ref>{{internetquelle|url=http://www.thehindubusinessline.com/2001/07/17/stories/14175501.htm|titel= Agra summit labours over Kashmir -- Vajpayee, Musharraf yield nothing in verbal match|autor=Sukumar Muralidharan|datum=2001-07-17|zugriff=2014-11-07|hrsg=The Hindu|sprache=en}}</ref> Einen Schatten auf die Regierung Vajpayee warfen allerdings die [[Ausschreitungen in Gujarat 2002]], bei denen ungefähr 1.000 Menschen durch religiös motivierte Gewalt ums Leben kamen. Dem damaligen [[Liste der Chief Minister von Gujarat|Chief Minister von Gujarat]] und Parteifreund Vajpayees [[Narendra Modi]] wurde durch seine passive Haltung eine erhebliche Mitschuld an den Gewalttätigkeiten gegeben. Später gestand auch Vajpayee eigene Fehler in der Behandlung dieser Affäre ein.<ref>{{internetquelle|url=http://edition.cnn.com/2002/WORLD/asiapcf/south/04/30/india.censure/index.html?_s=PM:asiapcf|titel=Vajpayee admits mistake over Gujarat|hrsg=CNN|datum=2002-04-30|zugriff=2014-11-07|sprache=en}}</ref>


Bei den [[Parlamentswahl in Indien 2004|am 20. April 2004 beginnenden Parlamentswahlen]] galt Vajpayees NDA als der haushohe Favorit. Es kam jedoch zu einem überraschenden Wahlsieg der Kongresspartei und Vajpayee trat von seinen Exekutivämtern zurück. Die als wahrscheinlichste Nachfolgerin gehandelte Führerin der Kongresspartei [[Sonia Gandhi]] verzichtete auf das ihr angetragene Amt des Premierministers, da sie Anfeindungen wegen ihrer italienischen Herkunft ausgesetzt gewesen war. Nachfolger wurde stattdessen am 20. Mai 2004 der frühere Finanzminister [[Manmohan Singh]].
Bei den [[Parlamentswahl in Indien 2004|am 20. April 2004 beginnenden Parlamentswahlen]] galt Vajpayees NDA als der haushohe Favorit. Es kam jedoch zu einem überraschenden Wahlsieg der Kongresspartei und Vajpayee trat von seinen Exekutivämtern zurück. Die als wahrscheinlichste Nachfolgerin gehandelte Führerin der Kongresspartei [[Sonia Gandhi]] verzichtete auf das ihr angetragene Amt des Premierministers, da sie Anfeindungen wegen ihrer italienischen Herkunft ausgesetzt gewesen war. Nachfolger wurde stattdessen am 20. Mai 2004 der frühere Finanzminister [[Manmohan Singh]].


=== Nach 2004 ===
=== Nach 2004 ===
Vajpayee zog sich Ende 2005 aus der aktiven Politik zurück, blieb aber noch bis 2009 Mitglied in der Lok Sabha. In seinen letzten Lebensjahren wurde Vajpayee, der seit langem an [[Diabetes mellitus]] erkrankt war, zunehmend von Gesundheitsproblemen heimgesucht. 2009 erlitt er einen [[Schlaganfall]], der ihn weitgehend der Sprachfähigkeit beraubte und an den Rollstuhl fesselte. Seitdem befindet er sich unter nahezu ständiger medizinischer Überwachung.<ref>{{Internetquelle|url=http://timesofindia.indiatimes.com/india/A-peek-into-the-life-Atal-Bihari-Vajpayee-now-leads/articleshow/32683790.cms|titel=A peek into the life Atal Bihari Vajpayee now leads|autor=Akshaya Mukul|datum=2014-03-26|hrsg=The Times of India|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://zeenews.india.com/news/nation/vajpayee-turns-88-amid-health-concerns_748305.html|titel=Vajpayee turns 88 amid health concerns|hrsg=zeenews.india.com|datum=2011-12-23|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref> Im Jahr 2015 erhielt er den [[Bharat Ratna]] zugesprochen.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.thehindu.com/news/national/bharat-ratna-padma-awards-2015/article7049632.ece|hrsg=The Hindu|titel=A look at Bharat Ratna, Padma awardees 2015|datum=2015-03-30|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref>
Vajpayee zog sich Ende 2005 aus der aktiven Politik zurück, blieb aber noch bis 2009 Mitglied in der Lok Sabha. In seinen letzten Lebensjahren wurde Vajpayee, der seit langem an [[Diabetes mellitus]] erkrankt war, zunehmend von Gesundheitsproblemen heimgesucht. 2009 erlitt er einen [[Schlaganfall]], der ihn weitgehend der Sprachfähigkeit beraubte und an den Rollstuhl fesselte. Seitdem befand er sich unter nahezu ständiger medizinischer Überwachung.<ref>{{Internetquelle|url=http://timesofindia.indiatimes.com/india/A-peek-into-the-life-Atal-Bihari-Vajpayee-now-leads/articleshow/32683790.cms|titel=A peek into the life Atal Bihari Vajpayee now leads|autor=Akshaya Mukul|datum=2014-03-26|hrsg=The Times of India|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=http://zeenews.india.com/news/nation/vajpayee-turns-88-amid-health-concerns_748305.html|titel=Vajpayee turns 88 amid health concerns|hrsg=zeenews.india.com|datum=2011-12-23|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref> Im Jahr 2015 erhielt er den [[Bharat Ratna]] zugesprochen.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.thehindu.com/news/national/bharat-ratna-padma-awards-2015/article7049632.ece|hrsg=The Hindu|titel=A look at Bharat Ratna, Padma awardees 2015|datum=2015-03-30|zugriff=2015-06-05|sprache=en}}</ref>

=== Tod ===
[[Datei:Atal Bihari Vajpayees Funeral Procession.jpg|mini|[[Trauerzug]] am 17. August 2018 in Neu-Delhi]]
Am 11. Juni 2018 wurde der 93-jährige Vajpayee mit den Symptomen eines [[Harnwegsinfekt]]s und [[Multiorganversagen]]s in das [[All India Institute of Medical Sciences]] (AIIMS) in Neu-Delhi eingeliefert.<ref>{{Internetquelle| url=https://www.thehindu.com/news/national/vajpayee-on-injectable-antibiotics-in-stable-condition/article24142834.ece| titel=Atal Bihari Vajpayee stable; treatment continues| zugriff=2018-08-17| autor=Bindu Shajan Perappadan| werk=The Hindu| datum=2018-06-12| sprache=en}}</ref> Dort starb er zwei Monate später am 16. August. Nach Bekanntgabe der Todesnachricht kondolierten Politiker der verschiedensten politischen Richtungen in Indien. Premierminister [[Narendra Modi]] ordnete eine siebentägige Staatstrauer an. Oppositionsführerin [[Sonia Gandhi]] bezeichnete Vajpayee als „überragende Persönlichkeit“ („a towering figure“), die für demokratische Werte gestanden habe. Zahlreiche Politiker anderer indischer Parteien einschließlich der Linksparteien und Kommunisten äußerten sich in ähnlichem Sinne.<ref>[https://www.ndtv.com/india-news/atal-bihari-vajpayee-dies-former-prime-minister-atal-bihari-vajpayee-dies-at-age-93-1901517 Atal Bihari Vajpayee Dies: Former Prime Minister Atal Bihari Vajpayee Dies At Age 93]</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://www.thehindu.com/news/national/reactions-to-atal-bihari-vajpayees-death/article24706582.ece|titel=Atal Bihari Vajpayee death: Tributes pour in |hrsg=The Hindu|datum=2018-08-16|zugriff=2018-08-16|sprache=en}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://indianexpress.com/article/india/atal-bihari-vajpayee-death-reactions-live-india-lost-a-great-son-says-rahul-gandhi/?#liveblogstart|hrsg=The Indian Express|titel=Atal Bihari Vajpayee death reactions LIVE: Subcontinent has lost visionary political figure today, says Imran Khan|datum=2018-08-16|zugriff=2018-08-16|sprache=en}}</ref>

Am 17. August 2018 wurde Vajpayees Leichnam nach einem längeren öffentlichen Trauerzug in Delhi [[Feuerbestattung|kremiert]].<ref>{{Internetquelle|url=https://www.business-standard.com/article/current-affairs/atal-bihari-vajpayee-laid-to-rest-daughter-namita-lights-funeral-pyre-118081700824_1.html|titel=Atal Bihari Vajpayee cremated, daughter Namita lights funeral pyre |hrsg=Business Standard|datum=2018-08-17|zugriff=2018-08-18|sprache=en}}</ref>


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Aktuelle Version vom 2. Juni 2024, 21:08 Uhr

Atal Bihari Vajpayee (mit einem Strauß Lotosblumen – dem Parteisymbol der BJP)

Atal Bihari Vajpayee (Hindi: अटल बिहारी वाजपेयी, Aṭal Bihārī Vājpeyī; * 25. Dezember 1924 in Gwalior, Fürstenstaat Gwalior; † 16. August 2018 in Neu-Delhi) war ein indischer Politiker der Bharatiya Janata Party (BJP), Abgeordneter im Unterhaus des indischen Parlamentes und mehrfach indischer Ministerpräsident.

Herkunft und Lebenslauf

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vajpayee stammte aus einer nordindischen brahmanischen Mittelklasse-Familie.[1] Er besuchte das Victoria College (heute Lakshmibai College) in seiner Geburtsstadt Gwalior und erwarb dort einen Abschluss in Hindi, Englisch und Sanskrit. Anschließend studierte er Politische Wissenschaften am DAV College in Kanpur, wo er den Grad eines M.A. erwarb. Er begann ein Studium der Rechtswissenschaft, das er jedoch aufgrund seiner zunehmenden politischen und journalistischen Aktivitäten nicht zum Abschluss führte. 1941 trat er dem Indischen Nationalkongress, der damals noch von Mahatma Gandhi geführt wurde, bei.[1] Im Jahr 1942 wurde er aufgrund seiner Beteiligung an der „Quit India“-Bewegung, die sich gegen die britische Kolonialherrschaft richtete, vorübergehend inhaftiert. In den folgenden Jahren war er als Journalist und Herausgeber verschiedener Zeitungen tätig (Rashtra Dharma in Lucknow, Panchajanya, Chetna in Varanasi, Dainik Swadesh in Lucknow und Veer Arjun in Delhi).[1]

Schon während seiner Jugendzeit kam er mit dem Rashtriya Swayamsevak Sangh in Berührung und wurde in der Jugendorganisation des Arya Samaj aktiv. Nach der Unabhängigkeit Indiens 1947 war Vajpayee 1951 eines der Gründungsmitglieder der Bharatiya Jana Sangh, die von Syama Prasad Mukherjee gegründet worden war, und wurde dessen Sekretär. Sein erstes Parlamentsmandat für die Lok Sabha gewann Vajpayee 1957 im Wahlkreis Balrampur in Uttar Pradesh. Bei der Wahl 1962 verlor er es, konnte es aber 1967 wiedergewinnen. Bei der Wahl 1971 wurde er im Wahlkreis Gwalior, 1977 und 1980 im Wahlkreis New Delhi, sowie 1991, 1996 and 1998 jeweils im Wahlkreis Lucknow in die Lok Sabha gewählt.

Vajpayee (ganz rechts) als indischer Außenminister beim Staatsbesuch Präsident Carters in Indien am 1. Januar 1978 (zweite von rechts: Rosalynn Carter, daneben Premierminister Desai)

Vajpayee, der als inspirierender Redner galt, war zwischen 1957 und 1977 Fraktionsführer der Bharatiya Jana Sangh in der Lok Sabha und zwischen 1968 und 1973 deren Parteipräsident. Während der Zeit des Ausnahmezustandes 1975–77 wurde Vajpayee zusammen mit vielen anderen Oppositionspolitikern inhaftiert. Nachdem sich die Bharatiya Jana Sangh mit anderen Parteien 1977 zur Janata Party (JNP) vereinigt hatte, nahm Vajpayee führende Positionen in der neuen Partei ein. Nach dem Wahlsieg der Janata Party bei der Wahl 1977 wurde er Außenminister in der neu gebildeten Janata Party-Regierung. In dieser Funktion hielt er vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen erstmals eine Rede nicht in Englisch, sondern in Hindi. 1979 trat er vom Ministeramt aufgrund ideologischer innerparteilicher Differenzen in der Janata Party wieder zurück. 1980 gründete er mit anderen Gleichgesinnten, namentlich Lal Krishna Advani and Bhairon Singh Shekhawat, die Bharatiya Janata Party, deren Parteipräsident er bis 1996 blieb. Von 1993 bis 1997 war er Oppositionsführer in der Lok Sabha.

Vajpayee blieb sein Leben lang unverheiratet. Seit den 1970er Jahren lebte er mit der Familie Kaul, die er schon aus Schulzeiten in Gwalior kannte, in einem gemeinsamen Haus in Delhi. Nach dem Tode ihres Ehemannes führte Rajkumari Kaul seinen Haushalt und er adoptierte offiziell ihre beiden Töchter.[2] Privat war Vajpayee auch als Dichter aktiv und veröffentlichte mehrere Hindi-Gedichtbände. Bei öffentlichen Veranstaltungen trug er gelegentlich selbstverfasste Gedichte vor.[3][4]

Amtszeiten als Ministerpräsident

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seiner Zeit als Ministerpräsident erwarb sich Vajpayee erhebliches Ansehen im In- und Ausland, auch über die Grenzen seiner eigenen Partei hinweg, da er entgegen der zum Teil radikalen hindu-nationalistischen Rhetorik seiner Partei einen gemäßigten und ausgleichenden Kurs verfolgte. Vielen Indern, die die BJP misstrauisch beäugten, galt Vajpayee als „der richtige Mann in der falschen Partei“.[5][6]

16. bis 31. Mai 1996

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem die BJP als stärkste politische Kraft aus den Parlamentswahlen 1996 hervorgegangen war, wurde Vajpayee am 16. Mai 1996 als Ministerpräsident vereidigt und mit der Regierungsbildung beauftragt. Da er jedoch keine Mehrheit für seine Regierung fand, reichte er Ende des Monats bereits wieder seinen Rücktritt ein.

Bei den vorgezogenen Neuwahlen 1998 konnte die BJP ihre Führungsrolle weiter ausbauen und Vajpayee wurde Ministerpräsident einer Koalitionsregierung, die aus Parteien der National Democratic Alliance (NDA) bestand.

Im Mai 1998 führte Indien Atomtests durch, welche mit dem Verweis auf die chinesische Bedrohung gerechtfertigt wurden (Angriff Chinas von 1962). In erster Linie verfolgte Indien mit den Tests jedoch eine internationale Statusaufwertung, welche auch die Gleichrangigkeit mit China untermauern sollte. Zwei Wochen darauf testete Pakistan erstmals nukleare Waffen. Der hiermit wieder aufgeflammte Konflikt mit Pakistan fand einen neuen Höhepunkt im Kargil-Krieg von 1999.

Im Mai 1999 zog sich die AIADMK aus der Koalitionsregierung zurück, worauf diese die Mehrheit verlor. Nach einer verlorenen Vertrauensabstimmung wurden Neuwahlen für Oktober angesetzt.

Vajpayee mit Präsident Putin am 6. Januar 2001
Vajpayee im Oval Office mit Präsident George W. Bush am 9. November 2001

Bei den Wahlen im Oktober 1999 erreichte die von der BJP angeführte NDA mit den sie unterstützenden Parteien 303 von 543 möglichen Sitzen im Unterhaus. Diese komfortable Mehrheit ermöglichte es der Regierung Vajpayee, bis zum Ende der fünfjährigen Amtszeit zu regieren. Die folgende Regierungszeit war von einer weiteren wirtschaftlichen Liberalisierung und einem zunehmenden Wirtschaftswachstum Indiens geprägt. Das internationale Gewicht Indiens nahm zu, was auch in mehreren Auslandreisen des Premierministers zum Ausdruck kam. Vajpayee bemühte sich weiter um Entspannung im Verhältnis zu Pakistan, was zu einem Gipfeltreffen in Agra am 14.–16. Juli 2001 mit dem pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf, der als Hauptinitiator des Kargil-Konflikts galt, führte. Allerdings erwiesen sich die Standpunkte in der Kaschmir-Frage als unüberbrückbar.[7] Einen Schatten auf die Regierung Vajpayee warfen allerdings die Ausschreitungen in Gujarat 2002, bei denen ungefähr 1.000 Menschen durch religiös motivierte Gewalt ums Leben kamen. Dem damaligen Chief Minister von Gujarat und Parteifreund Vajpayees Narendra Modi wurde durch seine passive Haltung eine erhebliche Mitschuld an den Gewalttätigkeiten gegeben. Später gestand auch Vajpayee eigene Fehler in der Behandlung dieser Affäre ein.[8]

Bei den am 20. April 2004 beginnenden Parlamentswahlen galt Vajpayees NDA als der haushohe Favorit. Es kam jedoch zu einem überraschenden Wahlsieg der Kongresspartei und Vajpayee trat von seinen Exekutivämtern zurück. Die als wahrscheinlichste Nachfolgerin gehandelte Führerin der Kongresspartei Sonia Gandhi verzichtete auf das ihr angetragene Amt des Premierministers, da sie Anfeindungen wegen ihrer italienischen Herkunft ausgesetzt gewesen war. Nachfolger wurde stattdessen am 20. Mai 2004 der frühere Finanzminister Manmohan Singh.

Vajpayee zog sich Ende 2005 aus der aktiven Politik zurück, blieb aber noch bis 2009 Mitglied in der Lok Sabha. In seinen letzten Lebensjahren wurde Vajpayee, der seit langem an Diabetes mellitus erkrankt war, zunehmend von Gesundheitsproblemen heimgesucht. 2009 erlitt er einen Schlaganfall, der ihn weitgehend der Sprachfähigkeit beraubte und an den Rollstuhl fesselte. Seitdem befand er sich unter nahezu ständiger medizinischer Überwachung.[9][10] Im Jahr 2015 erhielt er den Bharat Ratna zugesprochen.[11]

Trauerzug am 17. August 2018 in Neu-Delhi

Am 11. Juni 2018 wurde der 93-jährige Vajpayee mit den Symptomen eines Harnwegsinfekts und Multiorganversagens in das All India Institute of Medical Sciences (AIIMS) in Neu-Delhi eingeliefert.[12] Dort starb er zwei Monate später am 16. August. Nach Bekanntgabe der Todesnachricht kondolierten Politiker der verschiedensten politischen Richtungen in Indien. Premierminister Narendra Modi ordnete eine siebentägige Staatstrauer an. Oppositionsführerin Sonia Gandhi bezeichnete Vajpayee als „überragende Persönlichkeit“ („a towering figure“), die für demokratische Werte gestanden habe. Zahlreiche Politiker anderer indischer Parteien einschließlich der Linksparteien und Kommunisten äußerten sich in ähnlichem Sinne.[13][14][15]

Am 17. August 2018 wurde Vajpayees Leichnam nach einem längeren öffentlichen Trauerzug in Delhi kremiert.[16]

Commons: Atal Bihari Vajpayee – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c The Vajpayee cabinet: All old timers minus one. rediff.com, 13. Oktober 1999, abgerufen am 7. November 2014 (englisch).
  2. Atal Bihari Vajpayee: A statesman who juggled both personal and political spheres. The New Indian Express, 17. August 2018, abgerufen am 18. August 2018 (englisch).
  3. Vajpayee, the peerless poet and politician, turns 88. firstpost.com, 25. November 2011, abgerufen am 7. November 2014 (englisch).
  4. Indiens Premierminister Vajpayee in Deutschland. suedasien.info, 31. Mai 2003, abgerufen am 7. November 2014.
  5. Vajpayee, the right man in the wrong party. msn.com, 12. August 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. August 2014; abgerufen am 7. November 2014 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/news.in.msn.com
  6. Harbaksh Singh Nanda: India's Vajpayee: Right man, wrong party. upi.com, 14. Mai 2004, abgerufen am 7. November 2014 (englisch).
  7. Sukumar Muralidharan: Agra summit labours over Kashmir -- Vajpayee, Musharraf yield nothing in verbal match. The Hindu, 17. Juli 2001, abgerufen am 7. November 2014 (englisch).
  8. Vajpayee admits mistake over Gujarat. CNN, 30. April 2002, abgerufen am 7. November 2014 (englisch).
  9. Akshaya Mukul: A peek into the life Atal Bihari Vajpayee now leads. The Times of India, 26. März 2014, abgerufen am 5. Juni 2015 (englisch).
  10. Vajpayee turns 88 amid health concerns. zeenews.india.com, 23. Dezember 2011, abgerufen am 5. Juni 2015 (englisch).
  11. A look at Bharat Ratna, Padma awardees 2015. The Hindu, 30. März 2015, abgerufen am 5. Juni 2015 (englisch).
  12. Bindu Shajan Perappadan: Atal Bihari Vajpayee stable; treatment continues. In: The Hindu. 12. Juni 2018, abgerufen am 17. August 2018 (englisch).
  13. Atal Bihari Vajpayee Dies: Former Prime Minister Atal Bihari Vajpayee Dies At Age 93
  14. Atal Bihari Vajpayee death: Tributes pour in. The Hindu, 16. August 2018, abgerufen am 16. August 2018 (englisch).
  15. Atal Bihari Vajpayee death reactions LIVE: Subcontinent has lost visionary political figure today, says Imran Khan. The Indian Express, 16. August 2018, abgerufen am 16. August 2018 (englisch).
  16. Atal Bihari Vajpayee cremated, daughter Namita lights funeral pyre. Business Standard, 17. August 2018, abgerufen am 18. August 2018 (englisch).