Flechten (Technik)
Die Tätigkeit „Flechten“ ist das regelmäßige Ineinanderschlingen mehrerer Stränge aus biegsamem Material. Der Unterschied zum Weben liegt darin, dass beim Flechten die Fäden nicht rechtwinklig zu der Produkthauptrichtung zugeführt werden.[1] Mit dem Begriff Flechtwerk bezeichnet man einerseits Geflochtenes allgemein, andererseits eine Matte oder einen Zaun, aber auch das Füllen eines Fachwerks mit geflochtenen Zweigen.[2]
Das Flechthandwerk ist als Immaterielles Kulturerbe in Deutschland anerkannt worden. Die Deutsche UNESCO-Kommission hat das Flechthandwerk im Dezember 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.[3]
Einsatzbereiche
Zum Flechten eignen sich viele Materialien, daher findet diese Methode in sehr unterschiedlichen Bereichen Verwendung. Flechten kann sowohl per Hand als auch maschinell erfolgen. Zur Erklärung sind einige Beispiele hier genannt:
- das Flechten von drei Haarsträhnen oder -strähnchen zu einem Zopf
- das Flechten von Lederstreifen oder -schnüren zu Riemen etwa für Gürtel
- das Korbflechten und das Flechten von Matten, also das Herstellen von Flechtwerk durch Ineinanderschlingen von biegsamem Material vor allem von Bast, Weide, Reisig, Rattan, Binsen. Diese Unterbedeutung umfasst auch das rechteckige Verflechten, etwa wenn Binsenmatten oder Weidenzäune hergestellt wurden.
- in der Schmiedekunst das Verflechten gleicher oder Verschmieden gleicher Stahlstränge im glühenden Zustand
- das Ineinanderschlingen von Teigsträngen etwa beim Hefezopf oder der Brezel
- maschinelles Flechten von mehreren Fäden zu Schnüren oder Litzen, wobei man üblicherweise
- bei einer geradzahligen Anzahl von Fäden von einem Rundgeflecht oder einer Schnur
- bei ungeradzahligen von einem Flachgeflecht oder einer Litze spricht. (siehe Flechtmaschine) Aus isolierten Kupferlitzen werden vier- und mehrpolige Kabel, aus nichtisolierten besonders flexible Litzenkabel, flache Entlötlitze und aus Stahldraht sich auf Zug verengende Ziehstrümpfe gefertigt.
- technisch anspruchsvolle Produkte, wie z. B. Seile. Ein Einsatzbereich von Drahtseilen sind als bekanntes Beispiel Hängebrücken oder Seilbrücken. Indessen wurden die ersten Hängebrücken seit mehr als 1000 Jahren in China oder Südamerika aus Leder oder Pflanzenfasern geflochten – wie die letzte noch bestehende Hängebrücke der Inkas aus Gras (Ichu-Gras), die Q’iswachaka.
- Herstellung von sog. 3D-Geflechten mit variabler Querschnittskontur wie bei Plattings und Scoubidous, u. a. bei Faserverbundbauteilen oder Medizinanwendungen, wie Stents.
Typisch für Bugholzstühle von Thonet ist die geflochtene Sitzfläche aus Wiener Geflecht, auch Achteck- oder Wabengeflecht genannt. Dünne etwa 2,5 mm breite Rattanstreifen laufen gespannt in vier Richtungen (alle 45°) und sind in den senkrechten Bohrungen des Rahmens verknotet.
Die Geschichte der Teppichherstellung kennt den gezopften Teppich.
Als Volkstanz gibt es den so genannten Bandltanz, wobei die Tänzer jeweils ein Band halten und gegenläufig um einen Baum oder eine Stange tanzen und so die oben befestigten Bänder um diesen Baum flechten.
Geschichte
Die Geschichte der Flechtkunst reicht bis in die Urzeiten der Menschheit zurück. Sie für eines der ältesten Handwerke zu halten, begründet sich darin, dass bei ihr außer den Händen fast kein Werkzeug gebraucht wird.
Außerdem bestand bereits in der Zeit der Jäger und Sammler der Bedarf, z. B. gesammelte Früchte, Nüsse etc. zu transportieren und aufzubewahren. Hierfür eigneten sich, neben Fellbeuteln oder ausgehöhlten Pflanzen wie Kürbissen, aus Binsen, Bast und ähnlichem Material geflochtene Körbe und Tragetaschen.
Bastreste von Linde und Eiche stellen die häufigsten Funde von jungsteinzeitlichen Faserresten dar. Die langen Fasern dieser Baumarten dienten als Werkstoff zur Herstellung von Körben, Matten und Schnüren. Die derzeit bekanntesten Beispiele dürften Umhang und Schuhwerk des Mannes vom Tisenjoch, vulgo „Ötzi“, sein.
Literatur
- Bruce W. Miller, Jim Widess: Das Buch vom Stuhlgeflecht: Bespannungen restaurieren. Rohr- Binsen- Holzspan- Rohleder- Papierflechtschnur und Korbmöbel. Verlag Vincentz Network GmbH & Co KG, 2005, ISBN 3-87870-572-7.
- Kulturverein Dorfleben: Flechtkunst im Steirischen Vulkanland. Stainz bei Straden 2012 (online).
- Susie Vaughan: Einfach Korbflechten. Verlag Ökobuch, 2005, ISBN 3-936896-14-3.
- Hilary Burns: Weiden, Binsen, Peddigrohr: Flechten mit Naturmaterialien. Haupt Verlag AG, 2000, ISBN 3-258-06045-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Yordan Kyosev: Braiding technology for textiles. Hrsg.: Woodhead Publishing. Woodhead Publishing, 2014, ISBN 978-0-85709-135-2, S. 416.
- ↑ Karl-Dieter Bünting (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Isis, Chur (Schweiz) 1996, S. 388.
- ↑ http://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/flechthandwerk.html