„Gewaltmonopol des Staates“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
|||
Zeile 9:
In seiner idealtypischen Ausprägung schützt das Gewaltmonopol den [[Bürger]] vor Übergriffen anderer, indem Vollzugsbeamte gewaltsamen Rechtsmissbrauch oder Willkür einzelner Personen oder Gruppen verhindern. Das staatliche Gewaltmonopol stellt eine entscheidende Rahmenbedingung für ein möglichst angstfreies Sozialleben dar und gilt als zivilisatorischer Fortschritt.<ref>Peter Leßmann-Faust, ''Polizei und Politische Bildung'', VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1. Auflage 2008, ISBN 978-3-531-15890-7, S. 68.</ref>
== Geschichte ==▼
Die Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols begann mit der [[Staatsentstehung]] als solcher. Seit der [[Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]] hat sich in Europa der Staat allmählich als einziger Gewaltinhaber gegenüber anderen sozialen Kräften durchgesetzt. Das historische Ziel war die Machtausweitung des jeweiligen [[Monarchie|Monarchen]]. Diese Entwicklung wurde durch eine neue Staatsidee beflügelt, die nicht mehr den gottgewollten Monarchen, sondern eine imaginierte, eigene Substanz des Staates als Träger des Gewaltmonopols betrachtete.<ref>Wolfgang Reinhard, ''Geschichte der Staatsgewalt'', 1999, passim.</ref> Dieser Prozess war auch mit der Entwicklung des staatlichen [[Steuer|monopols]] verbunden, das nur auf Basis eines Gewaltmonopols durchgesetzt werden konnte.▼
Nach [[Norbert Elias]] ist der Prozess der Durchsetzung des Gewaltmonopols von der Ersetzung körperlicher Zwänge und Bedrohungen (z. B. Fronarbeit, Blutrache, Wegelagerei, triebhaft ausgelebte Gewalt) durch ökonomische Zwänge und durch die Verbreitung der Geldwirtschaft begleitet. Während Elias zufolge Gesellschaften ohne Gewaltmonopol Elias durch eine geringe Arbeits- und Funktionsteilung und kurze, triebgebundene Handlungsketten gekennzeichnet sind, sind die Handlungsketten in Gesellschaften mit stabilem Gewaltmonopol länger und die funktionalen Abhängigkeiten größer. Der Einzelne ist hier geschützt vor dem schockartigen Einbruch körperlicher Gewalt in seinen Alltag, aber er muss seine Affekte zurückdrängen und die langfristigen Aspekte seines Handelns bedenken („Zwang zur Langsicht“); d. h. die Gewalt und insbesondere die Reaktionen auf individuelle Gewalt werden im Laufe des zivilisatorischen Prozesses berechenbar. Körperliche Strafen werden im Laufe der Zeit immer häufiger durch Geld- oder Gefängnisstrafen ersetzt.<ref>Norbert Elias: ''Über den Prozess der Zivilisation: Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Zweiter Band: Wandlungen der Gesellschaft: Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation.'' Frankfurt 2010, S. 320 ff., wörtliches Zitat S. 336.</ref>▼
== Ausnahmen ==
Zeile 25 ⟶ 20:
Weitgehend anerkannt ist ein privates [[Widerstandsrecht]] für den Fall, dass die staatliche Rechtsordnung versagt oder der Staat selbst zur Bedrohung für die Rechte der Bürger wird. Im [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland]] ist dies in {{Art.|20|gg|juris}} Abs. 4 GG festgehalten ([[Widerstandsrecht#Rechtliche Situation in Deutschland|Widerstandsrecht in Deutschland]]).
▲== Geschichte ==
▲Die Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols begann mit der [[Staatsentstehung]] als solcher. Seit der [[Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]] hat sich in Europa der Staat allmählich als einziger Gewaltinhaber gegenüber anderen sozialen Kräften durchgesetzt. Das historische Ziel war die Machtausweitung des jeweiligen [[Monarchie|Monarchen]]. Diese Entwicklung wurde durch eine neue Staatsidee beflügelt, die nicht mehr den gottgewollten Monarchen, sondern eine imaginierte, eigene Substanz des Staates als Träger des Gewaltmonopols betrachtete.<ref>Wolfgang Reinhard, ''Geschichte der Staatsgewalt'', 1999, passim.</ref> Dieser Prozess war auch mit der Entwicklung des staatlichen [[Steuer|monopols]] verbunden, das nur auf Basis eines Gewaltmonopols durchgesetzt werden konnte.
▲Nach [[Norbert Elias]] ist der Prozess der Durchsetzung des Gewaltmonopols von der Ersetzung körperlicher Zwänge und Bedrohungen (z. B. Fronarbeit, Blutrache, Wegelagerei, triebhaft ausgelebte Gewalt) durch ökonomische Zwänge und durch die Verbreitung der Geldwirtschaft begleitet. Während Elias zufolge Gesellschaften ohne Gewaltmonopol Elias durch eine geringe Arbeits- und Funktionsteilung und kurze, triebgebundene Handlungsketten gekennzeichnet sind, sind die Handlungsketten in Gesellschaften mit stabilem Gewaltmonopol länger und die funktionalen Abhängigkeiten größer. Der Einzelne ist hier geschützt vor dem schockartigen Einbruch körperlicher Gewalt in seinen Alltag, aber er muss seine Affekte zurückdrängen und die langfristigen Aspekte seines Handelns bedenken („Zwang zur Langsicht“); d. h. die Gewalt und insbesondere die Reaktionen auf individuelle Gewalt werden im Laufe des zivilisatorischen Prozesses berechenbar. Körperliche Strafen werden im Laufe der Zeit immer häufiger durch Geld- oder Gefängnisstrafen ersetzt.<ref>Norbert Elias: ''Über den Prozess der Zivilisation: Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Zweiter Band: Wandlungen der Gesellschaft: Entwurf zu einer Theorie der Zivilisation.'' Frankfurt 2010, S. 320 ff., wörtliches Zitat S. 336.</ref>
== Siehe auch ==
|