„August Bebel“ – Versionsunterschied
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Bei Bebel begann sich ein politischer Richtungswechsel zu vollziehen. Er blieb zwar entschiedener Gegner Lassalles, begann aber dessen Schriften intensiv zu lesen und sich allmählich dem Marxismus anzunähern.
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Bebel, aus meinem Leben, S. 100 f., vgl. Hirsch, Bebel, S. 42.</ref>}}
Soziale Konflikte stärkten bei Bebel ebenfalls Zweifel daran, ob die enge Bindung der Arbeiter an den Liberalismus weiterhin sinnvoll sei. Eine Rolle spielte dabei der Kontakt mit dem Philosophen und Sozialpolitiker [[Friedrich Albert Lange]] in der Führung des VDAV. Bebel war in einem Buchdruckerstreik Vermittler und an der Gründung einer [[Gewerkschaft|Bergarbeitergewerkschaft]] beteiligt. Zusammen mit Anhängern Lassalles war die Organisation an einem Streik beteiligt.
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==== Reichstagsmitglied ====
[[Datei:Bebel reichstag.jpg|mini|hochkant=1.4|Reichstagssitzung (Bebel rechts unten in der Ecke mit der Nummer 6)]]
Bebel wurde im Februar 1867 in den [[
Bei allen Gemeinsamkeiten gab es in dieser Zeit zwischen Bebel und Liebknecht erhebliche Unterschiede in der Bewertung der parlamentarischen Arbeit. Liebknecht lehnte es ab, zu „paktieren und parlamenteln“.<ref>Ernst Schraepler: ''August Bebel. Sozialdemokrat im Kaiserreich.'' Göttingen 1966, S. 28.</ref> Er betrachtete das Parlament lediglich als politisches Propagandamittel. Bebel dagegen sah im Reichstag auch ein Instrument zur Verbesserung der Lage der Arbeiter. Insbesondere in Fragen des [[Arbeitsschutz|Arbeiterschutzes]] und bei Beratungen über [[Frauenarbeit]] oder [[Kinderarbeit]] beteiligte er sich aktiv an den Debatten. Als Mitglied der [[Kommission zur Beratung der Gewerbeordnung]] gelang es ihm etwa, die bisherige Verpflichtung zum Führen von [[Arbeitsbuch|Arbeitsbüchern]], die von den Unternehmern teilweise als Kontrollinstrument genutzt wurden, aufzuheben. Daneben forderte er, dass Gewerbegerichte auch über Kündigungsfragen entscheiden sollten. Zudem verlangte er das Ende des [[Trucksystem]]s und setzte sich für ein Verbot der Kinderarbeit unter 14 Jahren ein.
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Unter den teils viel erfahreneren Parlamentariern wusste Bebel sich zu behaupten. Seine brillanten rednerischen Fähigkeiten verschafften ihm auch die Aufmerksamkeit der politischen Gegner. [[Hermann Wagener (Politiker)|Hermann Wagener]], ein enger Vertrauter Otto von Bismarcks, charakterisierte ihn:
{{Zitat
|Autor=Hermann Wagener<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 30.</ref>}}
Engels verglich den Parlamentarier Bebel mit dem Meister der [[Rhetorik der Antike|antiken Rhetorik]] [[Demosthenes]], und selbst Bismarck bezeichnete ihn als den „einzigen Redner“ im Parlament.<ref name="Bebel90">Carsten, Bebel, S. 90.</ref>
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Der ''Parteiausschuss'' in Braunschweig als oberstes Parteigremium der SDAP betrachtete den Krieg dagegen als Verteidigungskrieg, kritisierte die Haltung seiner beiden Parlamentsvertreter und griff sie im Parteiorgan ''[[Der Volksstaat]]'' scharf an.<ref>Kuhn, Arbeiterbewegung, S. 83 f., Carsten, Bebel, S. 51 f.</ref>
Die französische Niederlage in der [[Schlacht bei Sedan]] und das Ende des [[Zweites Kaiserreich|Französischen Kaiserreiches]] brachten ein Ende des innerparteilichen Streits. Die Partei forderte ein sofortiges Ende des Krieges. Im Norddeutschen Reichstag protestierte Bebel am 26. November 1870 gegen die Annexion von [[Reichsland Elsaß-Lothringen#
Sowohl bei der Analyse des Krieges als dynastisch in der ersten Kriegshälfte wie auch bei der Kennzeichnung der Auseinandersetzung in der zweiten Phase als deutscher Eroberungskrieg folgte Bebel Marx und Engels.<ref>Kuhn, Arbeiterbewegung, S. 83.</ref>
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Besonders seine positiven Äußerungen zur [[Pariser Kommune]] stießen außerhalb der sozialistischen Arbeiterbewegung auf breites Unverständnis und Ablehnung. Am 25. Mai 1871 solidarisierte er sich im Reichstag offen mit der zerschlagenen Kommune:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 33.</ref>}}
Diese Rede bestärkte Bismarck und die Regierungen der deutschen Gliedstaaten in der Annahme, dass es sich bei den Sozialisten um staatsgefährdende Revolutionäre handele. Die SDAP wurde daraufhin unter polizeiliche Beobachtung gestellt.
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Bereits 1870 wurde gegen Bebel, Liebknecht und den Redakteur des ''Volksstaats'' [[Adolf Hepner]] wegen [[Hochverrat]]s ermittelt. Nach 102 Tagen in Untersuchungshaft wurden die drei Angeklagten aus Mangel an Beweisen freigelassen, da die Behörden bei Durchsuchungen nichts Belastendes gefunden hatten. Im Jahr 1872 wurde allen dreien dann doch noch der Prozess gemacht. Der [[Leipziger Hochverratsprozess]] war ein Schauprozess auf der Basis von nicht belastbarem Beweismaterial. Die Angeklagten konnten sich dabei öffentlichkeitswirksam verteidigen. Bebel widersprach dem Vorwurf, die SDAP wolle ihre Ziele mit Gewalt erreichen.
{{Zitat
Im weiteren Verlauf berief er sich auf Lassalle und argumentierte, dass die Arbeiterpartei die Revolution als Umgestaltung der öffentlichen Zustände nur im friedlichen Sinn meine. Über die Art und Weise sei in der Partei noch nie diskutiert worden. „Das haben wir der Zukunft überlassen; wir wollen abwarten wie die Dinge gehen.“<ref>Carsten, Bebel, S. 61.</ref> Bebel und Liebknecht wurden zu zwei Jahren [[Festungshaft]] verurteilt, Hepner freigesprochen. In Bebels Fall kam später noch eine Haft von neun Monaten wegen [[Majestätsbeleidigung]] hinzu. Das Reichstagsmandat wurde aberkannt. Die Verurteilung erreichte ihren Zweck nicht. Die Angeklagten Bebel und Liebknecht wurden vielmehr zu politischen Märtyrern, und die Bewegung gewann weiter Zulauf.
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In dieser Zeit bekannte er sich deutlich zu der von Engels später ausgearbeiteten Theorie des ''[[Wissenschaftlicher Sozialismus|Wissenschaftlichen Sozialismus]].'' Diese stellte für ihn fortab die Grundlage der Parteiarbeit dar:
{{Zitat
|ref=<ref>Schraepler, Bebel, S. 40.</ref>}}
Auch wenn Bebel in grundsätzlichen Fragen insbesondere mit Engels übereinstimmte, wurden seine Positionen weniger durch die marxsche Theorie als vielmehr durch die Erfahrungen der praktischen politischen Arbeit bestimmt.
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Ein zentrales Problem war, dass die sozialdemokratischen Zeitungen entweder verboten waren oder sich nur vorsichtig äußern konnten. Es war Bebel, der sich für die Schaffung eines zentralen Organs einsetzte, das im Ausland gedruckt und nach Deutschland geschmuggelt werden sollte, um so die innerparteiliche Kommunikation aufrechtzuerhalten. Seit 1879 erschien in [[Zürich]] (später in London) die Zeitung ''[[Der Sozialdemokrat]]'', zunächst von [[Georg von Vollmar]] und kurze Zeit später von [[Eduard Bernstein]] geleitet. Zum [[Redaktion]]skomitee gehörten Bebel, Liebknecht und Fritzsche. Der „[[Rote Feldpost]]meister“ [[Julius Motteler]] brachte das Blatt ins Reich. Bebel wurde in dieser Zeit die zentrale und führende Persönlichkeit der Partei.<ref>Vgl. Bebel, August, in: Archiv der sozialen Demokratie der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]. Bestandsübersicht, Bonn-Bad Godesberg 2006, S. 37–38.</ref> Dieser Meinung war auch die Polizei: Die Entwicklung dürfe „in der Hauptsache davon abhängen, ob Bebel den dominierenden Einfluss, welchen er als der geistig bedeutendste und energischste Führer auf die Partei seit einiger Zeit wieder gewonnen hat, auszubauen verstehen wird.“ Wo Bebel etwa in Wahlversammlungen auftrat, wurde er von den Zuhörern bejubelt. Als 1882 Zeitungen eine Falschmeldung vom Tod Bebels brachte, schrieb Marx:
{{Zitat
|Autor=Karl Marx<ref name="Bebel90" />}}
August Bebel trug erheblich dazu bei, die durch das Verbot teilweise demoralisierten Anhänger zu motivieren. Das Sozialistengesetz führte in einigen Teilen der Partei zu einer Radikalisierung bis hin zur Forderung, Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Vom linken Parteiflügel wurde Bebel scharf kritisiert, weil er in einem Artikel einen „nichtnationalistischen Patriotismus“ indirekt anerkannt und sich bei einem Angriff von außen für die Teilnahme der Sozialdemokraten an einem Verteidigungskrieg ausgesprochen hatte.<ref>Carsten, Bebel, S. 91.</ref> Zwar ließ er auf dem ersten Parteitag der illegalen Partei 1880 auf [[Schloss Wyden]] (Schweiz) den Begriff „gesetzlich“ aus dem Parteiprogramm streichen, gleichzeitig sorgte er aber auch für den Ausschluss prominenter Vertreter [[sozialrevolutionär]]er, tendenziell [[Anarchismus|anarchistischer]] Ansichten, wie etwa [[Johann Most]] und [[Wilhelm Hasselmann]]. Der Parteitag verurteilte auf Bebels Antrag hin den [[Anarchismus]] als unsozialistisch.
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Die polizeiliche Überwachung Bebels führte zu keinen Ergebnissen. 1881 wurde auch über Leipzig der [[Kleiner Belagerungszustand|kleine Belagerungszustand]] gemäß §18 Sozialistengesetz verhängt. Mittels dieses Paragraphen in Verbindung mit der Verordnung des Königlichen Gesamtministeriums zu Dresden vom 28. Juni 1881 wurden verschiedene Sozialisten (darunter Bebel, Liebknecht und [[Bruno Geiser]]) aus Stadt und Bezirk Leipzig ausgewiesen.<ref>Vgl. Gerhard Maag, ''Vom Sozialistengesetz bis zum Ersten Weltkrieg.'' In: Arbeitskreis Geschichte der Nürtinger Arbeiterbewegung, Das andere Nürtingen. Ein heimatgeschichtlicher Beitrag zum 100. Geburtstag der Nürtinger SPD, hrsg. v. SPD-Ortsverein Nürtingen, Nürtingen 1989, S. 23–62, S. 34.</ref> Daraufhin zog Bebel mit Wilhelm Liebknecht in eine [[Bebel-Liebknecht-Haus Borsdorf|Vorstadt-Villa]] nach [[Borsdorf]] in der Nähe der Stadt, ehe er 1884 mit der gesamten Familie nach Plauen ging.
1881 wurde Bebel Mitglied der [[2. Kammer]] des [[Sächsischer Landtag (1831–1918)|Sächsischen Landtags]]. Bei der [[Reichstagswahl 1881|Reichstagswahl am 27. Oktober 1881]] wurde er nicht mehr in den Reichstag gewählt, weil er es ablehnte, ein [[Wahlabkommen]] mit der Partei des [[Geschichte des Antisemitismus bis 1945|antisemitischen]] Hofpredigers [[Adolf Stoecker]] einzugehen. Bei dieser Wahl trat Bebel auch in mehreren [[Königreich Württemberg|württembergischen]] Wahlkreisen mit einer [[Kandidat#Gegenkandidat
1882 wurde er erneut für vier Monate inhaftiert. Der Grund war diesmal eine angebliche Beleidigung des [[Bundesrat (Deutsches Reich)|Bundesrates]]. 1883 wurde Bebel durch eine Nachwahl im Wahlkreis Hamburg I wieder Reichstagsmitglied. Er vertrat diesen Wahlkreis bis 1893 und dann wieder von 1898 bis zu seinem Tod 1913.
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Bebels Haltung gegenüber der parlamentarischen Arbeit veränderte sich während der Gültigkeit des Sozialistengesetzes. Obwohl er eine zentrale Position in der Reichstagsfraktion einnahm, verstand er sich doch eher als Partei- und weniger als Parlamentspolitiker. Mit der Mehrheit der Parteimitglieder lehnte er Kompromisse im Parlament ab. Vielen der anderen sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten wie [[Wilhelm Blos]], [[Johann Heinrich Wilhelm Dietz]] oder [[Wilhelm Hasenclever]] warf er vor, sich als „Halbgötter“ zu wähnen, ihre proletarische Herkunft vergessen zu haben und die „Parlamentskomödie“ zu ernst zu nehmen. Anders als nach 1890 gibt es aus dieser Zeit eine Reihe von antiparlamentarischen Äußerungen Bebels: „Mir fängt an, vor dem Parlamentarismus zu grauen“, schrieb er 1885 an Liebknecht.<ref name="carsten-111">Carsten, Bebel, S. 111.</ref> Auch innerhalb der Partei wandte er sich gegen diejenigen, die sich kompromissbereit zeigten. In einem Brief an [[Ignaz Auer]] formulierte er 1882:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 50.</ref>}}
Allerdings teilten in der Reichstagsfraktion nicht alle Mitglieder diese Auffassung, und es kam zu teils heftigen Auseinandersetzungen, beispielsweise 1884 in einer Debatte um die Subventionierung von Dampferlinien nach Übersee. Während die Fraktionsmehrheit in dieser Frage lediglich ein Sachproblem der Verkehrspolitik sah, handelte es sich für Bebel um eine Grundsatzfrage. „Eine Vertretung der Arbeiterschaft kann unmöglich der [[Bourgeoisie]] Subventionen bewilligen.“<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 51.</ref> Damit teilte er in dieser Frage die Meinung eines beträchtlichen Teils der Parteimitglieder. Nach eigener Aussage behielt er jedoch aus Pflichtgefühl gegenüber der Partei sein Mandat.
{{Zitat
|ref=<ref name="carsten-111" />}}
[[Datei:Reichstagsfraktion1889.jpg|mini|hochkant=1.3|Mitglieder der SAPD-Reichstagsfraktion 1889.<br />Sitzend, von links: [[Georg Schumacher (Politiker, 1844)|Georg Schumacher]], [[Friedrich Harm]], August Bebel, [[Heinrich Meister]], [[Karl Frohme]].<br />Stehend: [[Johann Heinrich Wilhelm Dietz]], [[August Kühn (Politiker)|August Kühn]], [[Wilhelm Liebknecht]], [[Karl Grillenberger]], [[Paul Singer (Politiker)|Paul Singer]].]]
1882 setzte er sich auf der innerparteilichen Konferenz in Zürich erneut gegen Vertreter einer Kompromisspolitik durch. Auf dem illegalen Parteitag in Kopenhagen Ende März (Ostern) 1883 wurde auf Bebels Drängen die bismarcksche [[Sozialgesetzgebung]] als taktisches Manöver deklariert, das die Arbeiter der Partei entfremden sollte.
Auf der Heimreise wurden Bebel und zahlreiche andere Delegierte verhaftet.<ref>siehe auch [[Hugo Friedländer]] (1908): [[
Bebel nutzte auch diese Haftzeit zu intensivem Studium und zum Schreiben.
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Gleichzeitig war ihm bewusst, dass viele Anhänger nicht nur auf die Zukunft setzten, sondern nach Veränderungen in ihrer Gegenwart verlangten.
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 85.</ref>}}
Die Aufgabe der Partei sei es daher, alles zu tun, „die Lage der Arbeiter […] zu heben und zu verbessern“, soweit dies in der bürgerlichen Gesellschaft möglich sei.<ref name="carsten-166" />
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Auf der anderen Seite des innerparteilichen politischen Spektrums plädierte [[Georg von Vollmar]], Reichstagsabgeordneter und seit 1893 Fraktionsvorsitzender der Partei in [[Königreich Bayern|Bayern]], für einen [[Reformismus|reformistischen]] Kurs. Wichtiger als theoretische Debatten war für ihn der Kampf um praktische soziale Reformen in den Parlamenten. Er bekannte sich auch zur Unterstützung eines Verteidigungskrieges durch die Arbeiter. Bebel sah darin die Aufgabe der zentralen Parteiprinzipien:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 59.</ref>}}
Vollmar hatte sich auf dem Parteitag von 1891 Bebel beugen müssen. Allerdings bedeutete dies nicht das Ende des Reformismus. Hinzu kamen bei Vollmar ausgeprägte [[Föderalismus|föderale]] Vorstellungen. Er befürwortete eine relativ selbständige Politik der Bundesstaaten und war innerparteilich nicht bereit, alle Entscheidungen der Parteileitung zu übernehmen. Im Jahr 1894 stimmte die bayerische Landtagsfraktion der SPD dem Haushaltsentwurf der Regierung zu, weil dieser Verbesserungen für die Arbeiter enthielt. Bebel kritisierte dies scharf. Auf dem Frankfurter Parteitag von 1894 brachten Bebel und der Parteivorstand eine Resolution ein, die die Landtagsabgeordneten verpflichten sollte, gegen Landesetats zu stimmen. Mit diesem Antrag scheiterte Bebel deutlich an der Parteitagsmehrheit. In der Folge entwickelte sich zwischen Bebel und Vollmar eine öffentliche, teilweise polemische Auseinandersetzung. Bebel warf den bayerischen Abgeordneten vor, [[Kleinbürger]], Opportunisten und [[Spießbürger]] zu sein, Vollmar bezeichnete Bebels Verhalten als Rechthaberei und Selbstherrlichkeit. Es gelang Vollmar, auch wegen Bebels Widerstand, nicht, seine Vorstellungen in der Partei durchzusetzen. Andererseits war Bebel in diesem Konflikt aus taktischen Gründen nicht bereit, auf den Parteiausschluss Vollmars zu drängen.<ref>Carsten, Bebel, S. 132–142.</ref>
Zeile 214 ⟶ 233:
Die Hoffnung Bebels, nach dem Ende des Sozialistengesetzes eine parlamentarische Mehrheit zu erreichen, erfüllte sich nicht. Insbesondere scheiterten Versuche, die Landbevölkerung zu erreichen. Daher wurde ein Agrarprogramm zum Schutz der bäuerlichen Betriebe entworfen. Der Parteitag von 1895 lehnte dieses auf Betreiben Kautskys ab, weil es zu weit von marxistischen Prinzipien entfernt sei.<ref>Andreas Dornheim: ''Sozialdemokratie und Bauern – agrarpolitische Positionen und Probleme der SPD zwischen 1890 und 1948.'' In: ''[[Jahrbuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung]].'' Heft II/2003.</ref> Bei aller Hochachtung der Theorie ging dies Bebel entschieden zu weit. Gegenüber [[Victor Adler]] äußerte er:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 63, vgl. Carsten, Bebel, S. 157–159.</ref>}}
In der politischen Praxis war Bebel durchaus bereit, vom Parteiprogramm abzuweichen. Obwohl der Parteitag 1893 beschlossen hatte, nicht an den Wahlen zum [[Preußisches Abgeordnetenhaus|preußischen Abgeordnetenhaus]] teilzunehmen, sprach sich Bebel 1897 dafür aus. Selbst die Unterstützung bürgerlicher Oppositionspolitiker schloss er dabei nicht mehr aus. Er argumentierte, dass es so vielerorts gelingen könnte, den Arbeitern die schlimmsten Feinde vom Leib zu schaffen. Damit stieß er in der Parteiführung, aber auch an der Basis auf starken Widerstand. Erst im Jahr 1900 konnte er sich durchsetzen. Auch über Preußen hinaus befürwortete er ein Zusammengehen mit bürgerlichen Parteien, sofern dies für die Stärkung der Partei, die Erweiterung der politischen Rechte, die Verbesserung der sozialen Lage oder zur Abwehr „arbeiter- und volksfeindlicher“ Bestrebungen nötig sei. Da auf Bebels Antrag auf dem Parteitag von 1902 hin Wahlabkommen an eine lange Liste von Bedingungen geknüpft wurden, spielte dieser Aspekt in der Praxis keine nennenswerte Rolle. Erst 1912 kam es zu einem Abkommen mit der [[Fortschrittliche Volkspartei|Fortschrittlichen Volkspartei]], was Bebel scharfe Kritik seitens der Parteilinken einbrachte.<ref>Carsten, Bebel, S. 167–169, 219–221.</ref>
Zeile 220 ⟶ 241:
Bereits in den 1890er Jahren begann, vorrangig angestoßen durch [[Eduard Bernstein]], im [[Revisionismus]]streit die theoretische Infragestellung der marxistischen Orthodoxie, wie sie Kautsky verkörperte. Bernstein kam ähnlich wie Vollmar zu dem Schluss, dass die SPD sich zu einer linken demokratischen Reformpartei entwickeln müsse. Trotz seiner Freundschaft mit Bernstein lehnte Bebel dessen Ideen entschieden ab, da sie seiner Meinung nach die Grundlagen der Partei bedrohten. Dazu bemerkte er in einem Brief an Victor Adler 1898:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, S. 66.</ref>}}
In den folgenden Jahren bekämpfte Bebel die abwertend als Revisionismus bezeichnete Strömung vehement. Er wie auch Kautsky wollten Bernstein anfangs sogar aus der Partei ausschließen.<ref>Carsten, Bebel, S. 181.</ref> Erstmals diskutierte der Parteitag von 1899 heftig über Bernsteins Thesen. Letztlich gelang es Bebel, eine im Ton marxistische Resolution durchzusetzen. Allerdings zeigte die Zusammensetzung der Delegierten auch, wie groß die Bandbreite der Auffassungen war. Auf der Linken stand etwa [[Rosa Luxemburg]]; dagegen wandte sich eine recht breite „revisionistische“ Gruppe, der z. B. [[Eduard David]] angehörte. Zwischen diesen Flügeln hatte das Zentrum um Bebel und die Parteiführung einen schweren Stand.<ref>Carsten, Bebel, S. 185.</ref> Der Debatte um den Revisionismus ein Ende zu machen gelang jedenfalls nicht, zumal Bernstein 1901 aus dem Exil zurückkehrte.
Zeile 226 ⟶ 249:
Verschärft wurde der innerparteiliche Konflikt noch, als Vollmar nach dem Wahlsieg 1903 den Vorschlag machte, als stärkste Partei den Anspruch auf einen Platz im Reichstagspräsidium anzumelden. Da dies aber mit dem ''Gang zu Hofe'', der Vorstellung beim Kaiser verbunden war, lehnte Bebel dies strikt ab. Auf dem Parteitag 1903 in Dresden stellte Bebel fest, dass die Uneinigkeit in der Partei noch nie größer war. Seit dem Streit mit Vollmar hätte er „viel herunterzuschlucken gehabt“, er hätte aber stets versucht, die Gegensätze auszugleichen, „jetzt müssen wir uns endlich einmal klar werden, reinen Tisch machen.“ Der Revisionismus würde in der Partei zwar nie Erfolg haben, aber „er zersplittert unsere Kräfte, er hemmt unsere Entwicklung, er zwingt uns zur Uneinigkeit.“<ref>Carsten, Bebel, S. 188.</ref> Dagegen wandte sich Vollmar heftig auch mit scharfen persönlichen Angriffen auf Bebel, dem er autoritäre Züge unterstellte:
{{Zitat
|ref=<ref name="carsten-188f">Carsten, Bebel, S. 188 f.</ref>}}
Bebel antwortete, neun Zehntel der Parteimitglieder lehnten Vollmars Thesen ab, auch wenn die ''Bürgerliche Presse'' sie lobe. Auf diesem Parteitag rief er aus:
{{Zitat
|ref=<ref>Schraepler, Bebel, S. 84.</ref>}}
Bebel gelang es, seine Positionen in der Frage des Reichstagspräsidiums ebenso wie hinsichtlich der formalen Ablehnung des Revisionismus und eines Verbotes der Etatbewilligungen durch die Fraktionen mit großer Mehrheit durchzusetzen.<ref name="carsten-188f" /> Dies konnte allerdings nicht verhindern, dass sich in der Praxis, vor allem unter Gewerkschaftsführern, eine eher auf praktische Reformen gerichtete Richtung verstärkte.
Zeile 237 ⟶ 264:
Nach der [[Russische Revolution 1905|russischen Revolution 1905]] und der dortigen Bildung von [[Sowjet|Arbeiterräten]] nahm in der deutschen Sozialdemokratie die Bedeutung des linken Flügels zu. Dessen informelle Führung lag bei Rosa Luxemburg. Unterstützt wurde sie unter anderem von [[Karl Liebknecht]] und [[Clara Zetkin]]. Besonders das Eintreten der Linken für den politischen [[Massenstreikdebatte|Massenstreik]] führte zu innerparteilichen Konflikten. Hauptgegner Luxemburgs in dieser Frage war der überwiegend auf Reformen setzende („reformistische“) Gewerkschaftsflügel der Partei.
[[Datei:Bebel parteitag 1905.jpg|mini|Auf dem Weg zum Parteitag 1905, im Wagen (von links): [[Paul Singer (Politiker)|Paul Singer]], August Bebel, [[Wilhelm Pfannkuch (Politiker)|Wilhelm Pfannkuch]]]]
[[Datei:Wilhelm Pfannkuch und August Bebel 1905 in Jena.png|mini|August Bebel (rechts) gemeinsam mit Wilhelm Pfannkuch (links) 1905 in Jena
Auf dem Parteitag in Jena 1905 prallten die Meinungen aufeinander. Bebel versuchte zwischen den Lagern zu vermitteln. In bestimmten Fällen hielt er den Massenstreik für legitim und notwendig. Dies galt insbesondere für die Verteidigung des demokratischen Wahlrechts auf Reichsebene und für das [[Koalitionsfreiheit|Koalitionsrecht]].
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, S. 73.</ref>}}
Im Gegensatz zu Luxemburg, die im Massenstreik ein Mittel der Offensive sah, war dieser für Bebel nur eine Defensivwaffe. Ein Allheilmittel zur Lösung aller politischen Fragen sah Bebel darin nicht.
{{Zitat
Der Parteitag beschloss auf Bebels Antrag hin, den Generalstreik nur als Verteidigungsmittel zur Abwehr von „politischen Verbrechen“ anzuerkennen.<ref>Carsten, Bebel, S. 202 f.</ref>
Zeile 250 ⟶ 280:
Große Teile der Gewerkschaften behielten ihre Reformlinie bei, trotz Bebels Bemühungen, sie für die Position der Partei zu gewinnen. Beschlüsse des Gewerkschaftskongresses gegen den Massenstreik zeigten, wie groß die Unterschiede zwischen Partei und Gewerkschaft waren. Ein Jahr später auf dem Mannheimer Parteitag wiederholte Bebel seine Position. Er betonte aber, dass die Partei zur Auslösung von Streiks auf die Gewerkschaften angewiesen sei, und versuchte, das durch die Massenstreikdebatte belastete Verhältnis zu den Gewerkschaften wieder zu verbessern.
{{Zitat
{{Zitat|Wir wollen vor allem Frieden und Eintracht zwischen Partei und Gewerkschaften herbeiführen.|ref=<ref>Zit. nach Detlef Lehnert: ''Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848–1983.'' Frankfurt 1983, ISBN 3-518-11248-1, S. 103.</ref>}}▼
|Text=Wir wollen vor allem Frieden und Eintracht zwischen Partei und Gewerkschaften herbeiführen.
▲
Der Parteitag stimmte einem Antrag des Vorstandes zu, der besagte, dass politische Aktionen ohne aktiven Rückhalt in den Gewerkschaften keine Aussicht auf Erfolg hätten. Damit hatte nicht die Partei, sondern die Generalkommission der Gewerkschaften in der Massenstreikfrage das letzte Wort. Dies bedeutete eine klare Absage an einen offensiven politischen Massenstreik. Am Ende des Parteitages stand mit dem ''Mannheimer Abkommen'' die Anerkennung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Partei und Gewerkschaften.
Zeile 260 ⟶ 292:
Auch die reformistischen Kräfte setzten Bebel weiterhin unter Druck. Trotz klarer Parteitagsbeschlüsse behielt sich etwa die bayerische Landtagsfraktion das Recht vor, je nach Situation dem Landeshaushalt zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Die Fraktion stimmte 1908 zu und 1910 dagegen. Ähnliches hatte es auch in Württemberg und [[Großherzogtum Baden|Baden]] bereits gegeben. Auf dem [[SPD-Parteitag]] im September 1908 unterstrich Bebel noch einmal, dass eine Annahme des Budgets eine Anerkennung, ja sogar eine Unterstützung des Systems bedeute. Widerstand dagegen kam vor allem von den Süddeutschen [[Ludwig Frank (SPD)|Ludwig Frank]] und [[Eduard David]]. Für eine Resolution des Vorstandes in dieser Sache stimmten 258 Delegierte, 119 aber dagegen. Dies zeigt, wie gespalten die Partei in der Budgetfrage war. Offensichtlich war, dass die süddeutschen Sozialdemokraten den Beschluss im Zweifelsfall nicht beachten würden. Als 1910 die Fraktion der SPD im [[Badische Ständeversammlung|badischen Landtag]] den Haushaltsplan billigte, war Ludwig Frank bewusst, dass dies auf heftigen Widerstand Bebels stoßen würde.<ref>Carsten, Bebel, S. 194 f.</ref> Bebel schrieb darüber an Kautsky:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 60.</ref>}}
1911 verurteilte der Magdeburger Parteitag mehrheitlich sowohl die Massenstreikforderungen Luxemburgs wie auch den „badischen Reformismus“ als Verstoß gegen die Parteidisziplin. Allerdings kam der Ausschluss besonders der Badener nicht in Frage, da dies die Partei gespalten hätte. Der Parteitag beschloss weiterhin, dass Budgetbewilligung in Zukunft ein [[SPD-Parteiausschluss|Parteiausschlussverfahren]] nach sich ziehen würde. Spätestens 1910 waren die drei Parteiflügel klar voneinander abgegrenzt: der linke um Luxemburg, der reformistische mit Schwerpunkt in Süddeutschland und das marxistische Zentrum um Bebel und Kautsky.<ref>Kuhn, Arbeiterbewegung, S. 125.</ref>
Zeile 268 ⟶ 302:
Seinem Reichstagsmandat widmete Bebel einen Großteil seiner Zeit. [[Philipp Scheidemann]] berichtete eindringlich über die große Bedeutung, die das Parlament für Bebel einnahm.
{{Zitat
|Autor=Philipp Scheidemann<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 77.</ref>}}
Bebel nahm seine parlamentarischen Verpflichtungen sehr ernst und war im [[Reichstag (Deutsches Kaiserreich)|Reichstag des Kaiserreiches]] derjenige sozialdemokratische Redner, der die größte Aufmerksamkeit auf sich zog. Er war nicht nur einer der besten Redner, sondern auch einer der fleißigsten Antragsteller. Nicht zuletzt seine zunehmend positivere Haltung gegenüber dem Parlamentarismus führte dazu, dass Rosa Luxemburg Bebel immer kritischer gegenüberstand.
{{Zitat
|Autor=Rosa Luxemburg<ref>Carsten, Bebel, S. 207.</ref>}}
Die Kritik war nicht ganz berechtigt, denn Bebel versuchte nicht auf andere Parteien zuzugehen und Kompromisse zu schließen, um Mehrheiten zu gewinnen. Er blieb stets bei seiner Grundposition. Mit Unverständnis betrachtete er daher das Vorgehen des [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrumsführers]] [[Ludwig Windthorst]], der zu Bündnissen mit den verschiedensten Parteien bereit war.<ref>Seebacher-Brandt, Bebel, S. 16 f.</ref>
Zeile 278 ⟶ 316:
Trotz ihrer zahlenmäßigen Stärke waren die Sozialdemokraten im Reichstag noch immer Außenseiter. Als 1912 Reichskanzler [[Theobald von Bethmann Hollweg]] sich bei Bebel nach seinem Befinden erkundigte, war dies für ihn ein bemerkenswertes Ereignis.
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 77 f.</ref>}}
Im Jahr 1894 versuchte [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]] mit der [[Umsturzvorlage]] erneut ein antisozialdemokratisches Sondergesetz durchzubringen. Engels forderte daraufhin die SPD zu Massenprotesten auf. Bebel lehnte ab, weil ihm klar war, dass das Gesetz im Parlament mit Hilfe der Zentrumspartei zu Fall gebracht werden würde. Kaum anders erging es der [[Zuchthausvorlage]] von 1898. Bebel äußerte im Parlament:
{{Zitat
|ref=<ref>Zit. nach Schraepler, Bebel, S. 79.</ref>}}
Bebel beteiligte sich an zahlreichen politischen Auseinandersetzungen. Auch außerhalb des Reichstages wandte er sich gegen die [[Germanisierung]]spolitik im Osten Deutschlands. Den [[Judenfeindlichkeit|Antisemitismus]] lehnte er als reaktionär ab. Er betrachtete ihn als ein Übergangsphänomen der Mittelschichten<ref name="carsten-164f">Carsten, Bebel, S. 164 f.</ref> und hoffte, auch Antisemiten für den Sozialismus gewinnen zu können. Der Ausspruch „der Antisemitismus ist der Sozialismus der dummen Kerls“, wurde ihm fälschlicherweise zugeschrieben. Bebel selbst nennt als Quelle den österreichischen Politiker [[Ferdinand Kronawetter]].<ref>[[Hermann Bahr]]: ''Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. 3. August Bebel''. In: ''Deutsche Zeitung.'' Wien, 23 (1893) #7640, Morgen-Ausgabe, 1–2. (6. April 1893) Buchausgabe: H. B.: ''Der Antisemitismus. Ein internationales Interview.'' S. Fischer, Berlin 1894, 20–25, hier: 21. Vgl. auch <!-- http://phase2.nadir.org/rechts.php?artikel=630&print=#u3 ? --> Monika Pohl: ''Ein Sozialdemokrat jüdischer Herkunft und sein Aufstieg in der Badischen Arbeiterbewegung, 1882-1919.'' Karlsruhe 2003, S. 107.</ref> Seine diesbezügliche Haltung stellte er auf dem Parteitag 1893 in dem einen Grundsatzreferat dar, das unter dem Titel „[[Antisemitismus und Sozialdemokratie]]“ in Broschürenform erschien.
Zeile 290 ⟶ 332:
Nicht zuletzt kritisierte er die „Politik der Stärke“ und die damit verbundene Aufrüstung. Er bekämpfte schon 1890 die
{{Zitat
Letztlich gehe es dem Wilhelminischen Deutschland nur darum, zu „den ersten Kriegsmächten der Welt zu gehören.“<ref>Zit. nach Carsten, Bebel, S. 161.</ref>
Zeile 300 ⟶ 343:
Während Bebel für ein Bündnis mit England eintrat und einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich strikt ablehnte, war sein Verhältnis gegenüber Russland ein anderes. Wie Marx sah er im Imperialismus des [[Russisches Kaiserreich|Russischen Kaiserreichs]] die größte Gefahr für den Frieden. Gleichzeitig betrachtete er Russland als eine Stütze der Reaktion in Deutschland:
{{Zitat
Gegenüber der so empfundenen Bedrohung durch [[Geschichte Russlands|Russland]] äußerte er gar patriotische Ansichten. Die Sozialdemokraten würden Deutschland verteidigen, „weil es unser Vaterland ist, […] weil wir dieses unser Vaterland zu einem Land machen wollen, wie es nirgends in der Welt in ähnlicher Vollkommenheit und Schönheit besteht.“
Zeile 352 ⟶ 396:
Zum 90. Jahrestag von Bebels Tod schrieb [[Horst Heimann]] 2003 im ''[[Vorwärts (Deutschland)|Vorwärts]]'':
{{Zitat
|ref=<ref>Horst Heimann: [https://www.vorwaerts.de/artikel/kaiser-kleinen-leute ''Der Kaiser der kleinen Leute: August Bebel.''] In: ''Vorwärts.'' Juli/August 2003, online am 5. Januar 2006.</ref>}}
=== Frauenbewegung ===
[[Datei:Buchdenkmal-marktplatz-bonn-bebel.jpg|mini|links|Das Mahnmal zur [[Bücherverbrennung 1933 in Deutschland|Bücherverbrennung]] auf dem Bonner Markt; In das Pflaster des [[Bonner Marktplatz|Bonner Markt]] sind insgesamt 60 sichtbare Buchrücken, sogenannte „Lesezeichen“, verteilt, die sich an der Rathaustreppe, dem Ort an dem die Bücher am 10. Mai 1933 verbrannt wurden, verdichten.]]
Bebel gilt als einer der wichtigsten Exponenten der marxistischen Frauenemanzipationstheorie, sein Buch ''Die Frau und der Sozialismus'' war für die zeitgenössische Frauenbewegung von großer Bedeutung und wurde europaweit intensiv rezipiert.<ref>{{Literatur |Autor=Stephan Meder, Arne Duncker, Andrea Czelk |Titel=Die Rechtsstellung der Frau um 1900 |Verlag=Böhlau Verlag |Ort=Köln / Weimar / Wien |Datum= |ISBN=978-3-412-20577-5 |Seiten=56-80}}</ref> Belegt ist dies u. a. von [[Bertrand Russell]]s Frau Alys Russel, [[Ottilie Baader]], [[Marie Juchacz]], [[Agnes Robmann]] und [[Betty Farbstein]]<ref>Annette Frei: ''Rote Patriarchen. Arbeiterbewegung und Frauenemanzipation in der Schweiz um 1900''. Chronos-Verlag, Zürich 1987, ISBN 3-905278-13-8<!-- auch mit falscher ISBN 3-9052278-13-8 -->, S. 21 u. 163.</ref> sowie bei [[Auguste Fickert]], die Bebels Überzeugung teilte, Geschlechtergerechtigkeit sei im Kapitalismus nicht zu verwirklichen.<ref>Petra Unger: ''Mut zur Freiheit. Faszinierende Frauen – bewegte Leben''. Metro-Verlag, Wien 2009, ISBN 978-3-902517-81-4, S. 131.</ref> Die im radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung engagierte Pazifistin [[Lida Gustava Heymann]] hatte bereits als Achtzehnjährige ''Die Frau'' von Bebel erstanden.<ref>Lida Gustava Heymann in Zusammenarbeit mit Anita Augspurg, hrsg. von Margrit Twellmann: ''Erlebtes, Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden'', Ulrike Helmer Verlag, Maisenheim am Glan 1972, 2. Auflage, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-927164-43-7, S. 46</ref> In ihren im Zürcher Exil aufgeschriebenen Lebenserinnerungen fasst sie zusammen:
{{Zitat
|ref=<ref>Lida Gustava Heymann: ''Erlebtes, Erschautes. Deutsche Frauen kämpfen für Freiheit, Recht und Frieden'', 2. Auflage 1992, S. 103</ref>}}
Die Behandlung der Frauenfrage durch Bebel als sog. Nebenwiderspruch (im Gegensatz zum Hauptwiderspruch, nämlich dem Klassenkampf) stieß in Kreisen der Frauenbewegung auch auf Widerspruch. So sah etwa die feministische Schriftstellerin [[Johanna Elberskirchen]] die „Herrschaft des Sexus“ als vorrangig an.<ref>Christiane Leidinger, ''Keine Tochter aus gutem Haus. Johanna Elberskirchen (1864-1943)'', UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2008, ISBN 978-3-86764-064-0, S. 82</ref>
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* Bebelallee in [[Hamburg-Winterhude]]
* [[August-Bebel-Platz (Bautzen)|August-Bebel-Platz]] in [[Bautzen]]
* August-Bebel-Park und anliegende -Straße in [[Neckarau|
* [[Bebelhof (Wien)]] in [[Wien]]
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* [[Werner Blumenberg]] (Hrsg.): ''August Bebels Briefwechsel mit Friedrich Engels.'' Mouton & Co, London/ The Hague/ Paris 1965.
* ''August Bebels Briefwechsel mit Karl Kautsky. Hrsg. u. bearb. von [[Benedikt Kautsky]].'' Van Grocum, Assen 1971.
* Ursula Herrmann (Hrsg.): ''August und [[Julie Bebel]]. Briefe einer Ehe.'' Dietz, Bonn 1997, ISBN 3-8012-0243-7.<ref>{{Internetquelle |autor=Volker Ulrich |url=http://www.zeit.de/1997/36/Trotz_alledem_und_alledem/komplettansicht |titel=Trotz alledem und alledem: Der Briefwechsel zwischen August Bebel und seiner Frau Julie |werk=[[Die Zeit]] 36/1997 |datum=1997-08-29 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20170114224706/http://www.zeit.de/1997/36/Trotz_alledem_und_alledem/komplettansicht |archiv-datum=2017-01-14 |abruf=2020-11-16}}</ref>
== Literatur ==
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== Einzelnachweise ==
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