[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
1919 bis 1945: Fremdarbeiter ist ein ungenauer Oberbegriff
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
Blütezeit: Rekrutierungspolitik siehe Disk.
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
Zeile 12:
== Blütezeit ==
[[Datei:NeunkircherEisenwerk obere Schmelz 1865.jpg|mini|hochkant=1.2|Teilansicht des ''Neunkircher Eisenwerks'' in den 1860er Jahren]]
1858 übernahm [[Carl Ferdinand von Stumm-Halberg]] (1836–1901) im Alter von 22 Jahren die Leitung. Er baute das Unternehmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorsichtig, aber stetig zu einem modernen Großbetrieb der eisenschaffenden Industrie aus.<ref name="Nachfolger-304">K. H. Herchenröder, Joh. Schäfer, Manfred Zapp: ''Die Nachfolger der Ruhrkonzerne (Die „Neuordnung“ der Montanindustrie)'', Econ, Düsseldorf 1953, S. 304.</ref><ref name="250-Jahre-8" /><ref>Zur vorsichtigen Investiionspolitik und konservativen Kapitalpolitik siehe insbesondere Ralf Banken: ''Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg. Ein erfolgreicher Unternehmer?'' In: ''Bewegen, Verbinden, Gestalten. Unternehmer vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Festschrift für Klara van Eyll zum 28. September 2003.'' Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Köln 2003, S. 251–264.</ref> Kern des Unternehmens waren das Neunkircher Eisenwerk sowie die Mehrheitsbeteiligungen an der [[Dillinger Hütte]] und der Halberger Hütte. Während der Standort in [[Dillingen/Saar|Dillingen]] für die Blech- und Panzerplattenproduktion zuständig war, konzentrierte sich die Herstellung in Halberg auf Gußwaren und die in Neunkirchen auf Walzeisen (außer Blechen).<ref>Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, S. 328 f und S. 458 f, ISBN 978-3-515-07828-3.</ref> Die technologisch fortschrittliche Panzerplattenproduktion erwies sich dabei als sehr einträglich, da sie Basis für die [[Deutscher Flottenverein#Schlachtflottenbau|Flottenrüstung]] war und zudem mit [[Krupp (Familie)|Krupp]] nur ein einziger Mitanbieter auftrat; beide Unternehmen sprachen Preise ab.<ref>Frühzeitig historiografisch hierzu [[Eckart Kehr]]: ''Schlachtflottenbau und Parteipolitik 1894–1901. Versuch eines Querschnitts durch die innenpolitischen, sozialen und ideologischen Voraussetzungen des deutschen Imperialismus''. Verlag Emil Ebering, Berlin 1930. Zu den Absprachen siehe [[Harold James]]: ''Krupp. Deutsche Legende und globales Unternehmen''. Aus dem Englischen von Karl-Heinz Siber. Verlag C.H. Beck, München 2011. [https://books.google.de/books?id=lGvIbm6cCK8C&pg=PA121&dq=Panzerplatten+Stumm+Krupp+Absprache&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjz7-aHo7_nAhUFNOwKHYPDBGAQ6AEIKTAA#v=onepage&q&f=false S. 121], ISBN 978-3-406-62414-8.</ref>
 
Durch seine wirtschaftlichen Erfolge zu Lebzeiten sowie durch seine ausgeprägtenausgeprägt nationalen politischen Standpunkte wurde Carl Ferdinand von Stumm-Halberg [[Deutsches Kaiserreich|reichsweit]] bekannt. Im eigenen Betrieb vertrat er einen autoritären ''Herr-im-Hause''-Standpunkt, der Arbeitern jedes [[gewerkschaft]]liche und politische Engagement verbot<ref>[[Helga Grebing]]: ''Arbeiterbewegung. Sozialer Protest und kollektive Interessenvertretung bis 1914''. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1985, S. 69 f, ISBN 3-423-04507-8.</ref> und umfassend in die persönliche Lebensführung des Einzelnen eingriff, beispielsweise durch die Vorgabe, er sei vor einer Heirat um Erlaubnis zu fragen<ref>{{Internetquelle |autor=Albert H. V. Kraus |url=https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarland/sie-achteten-und-fuerchteten-ihn_aid-864898 |titel=Sie achteten und fürchteten ihn |werk=[[Saarbrücker Zeitung]] |datum=2011-03-29 |zugriff=2019-03-04}}</ref><ref name="Peter-Burg" /> oder das Lektüreverbot bestimmter Zeitungen.<ref>Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, S. 444, ISBN 978-3-515-07828-3.</ref> Stumm verzichtete im Saarland im Unterschied zu den Ruhrkonzernen auf die Anwerbung von Wanderarbeitern, abgesehen von Italienern, die nach 1910 maximal 10 Prozent der Belegschaft der Hütte ausmachten. Hingegen waren schon seit den 1840er Jahren Arbeitskräfte aus dem armen Norden des Saarlandes angeworben und sesshaft gemacht worden; viele Pendler behielten weiter ihre Nebenerwerbslandwirtschaft im Heimatdorf. So wurde ein fester, gut qualifizierter Arbeitnehmerstamm herangebildet. In den Städten besaßen jedoch nur wenige Arbeiter und Angestellte des Konzerns ein eigenes Heim.<ref>[[Wolfgang Behringer]], Gabriele Clemens: ''Geschichte des Saarlandes. Verlag C. H. Beck, München 2011, S. 88.</ref>

Allgemeinpolitisch vertrat erCarl Fedinand von Stumm-Halberg als Mitgründer der [[Freikonservative Partei|Freikonservativen Partei]] autoritäre, antisozialistische, [[Preußen|preußisch]]-protestantische, nationale und konservative Positionen. Insbesondere ab den 1890er Jahren erledigten familienfremde Manager das unternehmerische Tagesgeschäft, weil Carl Ferdinand von Stumm-Halberg politische Aufgaben wahrnahm; er traf im Unternehmen überwiegend nur noch strategische Entscheidungen.<ref>Ralf Banken: ''Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg. Ein erfolgreicher Unternehmer?'' In: ''Bewegen, Verbinden, Gestalten. Unternehmer vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Festschrift für Klara van Eyll zum 28. September 2003.'' Stiftung Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Köln 2003, S. 251–264, hier S. 262–264.</ref> Die vorgefundene betriebliche Sozialpolitik behielt er bei und baute sie aus.<ref>Zu den Formen und Zwecken dieser Sozialpolitik siehe Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, S. 432–434, S. 441 und S. 444, ISBN 978-3-515-07828-3.</ref> Zeitgenossen hielten die wirtschaftliche, betriebspolitische und allgemeinpolitische Macht Stumms für so bedeutend, dass sie von ''Saarabien'' und vom ''Königreich Stumm'' sprachen.<ref>Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, S. 14, ISBN 978-3-515-07828-3.</ref>
 
Das Fischbacher und das Halberger Werk wurden 1860 verkauft<ref>Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, [https://books.google.de/books?id=20OP0xuqMDsC&pg=PA313&lpg=PA313&dq=Verkauf+Fischbacher+h%C3%BCtte+Halberger+Werk&source=bl&ots=8AGhpYrVo1&sig=ACfU3U2Ql1VkYqwoqS_aNEMTh4_K3KFELg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwixpoylsengAhWa7aYKHb1KD2IQ6AEwA3oECAcQAQ#v=onepage&q&f=false S. 313], ISBN 978-3-515-07828-3.</ref> und die Produktion in [[Neunkirchen (Saar)|Neunkirchen]] konzentriert. 1870 waren 1350 Arbeiter in der Hütte beschäftigt. Der Jahresausstoß lag bei 10.000 Tonnen, 38 Puddelöfen waren in Betrieb. Hinzu kamen ein [[Walzwerk]], ein Drahtwalzwerk, die [[Achse (Maschinenelement)|Achsenherstellung]] und der Bau einer eigenen [[Kokerei#Koksofen|Koksofen-Anlage]].<ref name="Nachfolger-304" /> 1875 erwarb ''Gebrüder Stumm'' eine Mehrheitsbeteiligung an der Halberger Hütte, die zwischenzeitlich modernisiert worden, jedoch durch den [[Gründerkrach]] in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war.<ref>Ralf Banken: ''Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914. Bd. 2. Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914'' (Regionale Industrialisierung, Bd. 4), Steiner, Stuttgart 2003, S. 328 f, ISBN 978-3-515-07828-3.</ref>