„Politische Justiz“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
R2Dine (Diskussion | Beiträge) Einleitung |
tk kl |
||
Zeile 1:
'''Politische Justiz''' ist ein [[politisches Schlagwort]]. Mit ihm wird eine [[Rechtsprechung]] überwiegend [[pejorativ]] beschrieben, die nicht ausschließlich dem [[Recht]], sondern auch [[Politik|politischen Zielen]] verpflichtet sei.
In [[Rechtsstaat|rechtsstaatlichen]] [[Demokratie]]n steht eine politische Justiz im Konflikt mit den Prinzipien der [[Gewaltenteilung]] und der [[Richterliche Unabhängigkeit|richterlichen Unabhängigkeit]] und ist als [[Rechtsbeugung]] strafbar. In [[Diktatur|Diktaturen]] ist die Justiz vielfach auch offiziell der Durchsetzung der Regierungslinie verpflichtet.
Zeile 5:
Eine politische Justiz ist nicht ohne weiteres gleichzusetzen mit der Verfolgung [[Politische Straftat|politischer Straftaten]].
== Politische Justiz und demokratische Grundrechte ==
Politische Justiz setzt die Unabhängigkeit der Justiz von der jeweiligen Herrschaftsgewalt außer Kraft und verstößt damit gegen demokratische Grundrechte. Bei dieser Unabhängigkeit handelt es sich um die Deutschland durch {{Art.|20|gg|juris}} Abs. 2 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] garantierte [[Gewaltenteilung]]. Dabei stellt es einen Missbrauch der exekutiven Gewalt im Sinne der politischen Justiz dar, wenn [[Justiz]] nicht die Gleichheit politischer Gruppierungen vor dem Gesetz berücksichtigt, sondern vor allem der Ausschaltung des jeweiligen politischen Gegners dient und damit den Spielraum der herrschenden politischen [[Exekutive]] erweitert und nicht etwa der Kontrolle dieser Maßnahmen dient.<ref name="VJV">[[Otto Kirchheimer
== Konsolidierung sozioökonomischer Herrschaftsinteressen: Klassenjustiz ==
Nach Erich Fromm handelt es sich bei Politischer Justiz um den unangemessenen Versuch einer Konsolidierung sozioökonomischer Herrschaftsinteressen, der die Grundvoraussetzungen der Herrschaft in der prinzipiellen Minderwertigkeit des Beherrschten sieht.<ref name="PDN">[[Erich Fromm
Ein verwandtes politisches Schlagwort ist die [[Klassenjustiz]]. Der Begriff Klassenjustiz wird unter anderem von [[Marxist]]en zur Charakterisierung der [[Rechtspflege|Justiz]] als Instrument der Klasse der Herrschenden ([[Kapitalist]]en) im [[Klassenkampf]] zur Aufrechterhaltung der [[Klassengesellschaft]] bezeichnet. Er stellt damit einen Sonderfall der Politischen Justiz dar. Marxisten verstehen Justiz als unkritisches Instrument, gesellschaftliche Verhältnisse zu zementieren. Die Wertung von [[Karl Marx]], dass Rechtsverhältnisse und Staatsformen in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, beschreibt diesen Sachverhalt.<ref>Marx
== Positive Besetzung: Kritische Justiz ==
Im [[Realer Sozialismus|real existierenden Sozialismus]] wurde der Begriff der Klassenjustiz als Beschreibung der eigenen Justiz positiv verwendet. [[Kurt Tucholsky]] urteilte 1930: „Ich habe nichts gegen Klassenjustiz; mir gefällt nur die Klasse nicht, die sie macht.“<ref>[[Kurt Tucholsky
Die 68er-Bewegung setzte dem Idealbild des Richters, der nur an das Gesetz gebunden war, das Bild eines kritischen Juristen entgegen, der politisches Bewusstsein haben solle und seine richterliche Unabhängigkeit dazu nutzen sollte, politisch gewünschte Veränderungen zu bewirken. Der Richter sollte gleichsam als "Sozialingenieur" zu einer besseren Gesellschaft beitragen.<ref>Johann Braun: ''Einführung in die Rechtswissenschaft
== Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ==
Zeile 21:
== Beispiele ==
* Der [[Leipziger Hochverratsprozess|Prozess]] gegen [[Wilhelm Liebknecht]] und [[August Bebel]] im Jahre 1872 kann als erster großer politischer Prozess in Deutschland betrachtet werden.
* Sondergerichte nach dem [[Altonaer Blutsonntag]]
== Einzelnachweise ==▼
<references />▼
== Literatur ==
* [[William Godwin]]: [http://socserv.mcmaster.ca/econ/ugcm/3ll3/godwin/pj.html
* Otto Kirchheimer: ''Politische Justiz. Verwendung juristischer Verfahrensmöglichkeiten zu politischen Zwecken.'' Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a. M., 1981, ISBN 3-434-00470-X.
* Otto Gritschneder: ''Furchtbare Juristen. Verbrecherische Todesurteile deutscher Kriegsgerichte.'' Verlag C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-42072-9.
* Ingo Müller: ''Furchtbare Juristen. Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz.'' Kindler Verlag, München 1987, ISBN 3-463-40038-3.
* Kurt Kreiler (Hrsg.): ''Traditionen deutscher Justiz. Politische Prozesse 1914-1932. Ein Lesebuch zur Geschichte der Weimarer Republik.'' Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1978, ISBN 3-8031-1080-7.
* [[Heinrich Hannover]], Elisabeth Hannover-Drück: ''Politische Justiz
* Ilse Staff: ''Justiz im Dritten Reich. Eine Dokumentation.'' Fischer Bücherei, Frankfurt am Main/ Hamburg 1964.
* Manfred Messerschmidt, Fritz Wüllner: ''Die Wehrmachtjustiz im Dienste des Nationalsozialismus. Zerstörung einer Legende.'' Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1987, ISBN 3-7890-1466-4.
== Weblinks ==
* [http://www.forumjustizgeschichte.de/Politische-Just.53.0.html Forum Justizgeschichte e.
* [[Falco Werkentin]]: [http://www.17juni53.de/material/bpb/bedok005.pdf ''Recht und Justiz im SED-Staat''] (PDF) 2000
▲*[http://socserv.mcmaster.ca/econ/ugcm/3ll3/godwin/pj.html Godwin: ''Property''] Erste Ausgabe 1793 [[McMaster University]]
▲== Einzelnachweise ==
▲* [[Falco Werkentin]]: [http://www.17juni53.de/material/bpb/bedok005.pdf Recht und Justiz im SED-Staat (2000, Auszug)] PDF
▲<references />
{{Rechtshinweis}}
|