„Memantin“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Link auf Arzneimittel-Kompendium der Schweiz, Fachinfo CH |
Benff (Diskussion | Beiträge) - erlosch. Zulassung |
||
(35 dazwischenliegende Versionen von 22 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1:
{{Infobox Chemikalie
| Strukturformel = [[Datei:
| Freiname = Memantin▼
| Suchfunktion = C12H21N
▲| Freiname = Memantin
|
| Summenformel =
* C<sub>12</sub>H<sub>21</sub>N <small>(Memantin)</small>
* C<sub>12</sub>H<sub>21</sub>N·HCl <small>(Memantin·[[Hydrochlorid]])</small>
| CAS =
* {{CASRN|19982-08-2}} <small>(Memantin)</small> * {{CASRN|41100-52-1|Q27133218}} <small>(Memantin·Hydrochlorid)</small>
| EG-Nummer = 690-724-9
| ECHA-ID = 100.217.937
| PubChem = 4054
| ChemSpider = 3914
| ATC-Code = {{ATC|N06|DX01}}
| DrugBank = DB01043
| Wirkstoffgruppe = [[Antidementivum]]
| Wirkmechanismus =
| Molare Masse =
* 179,31 [[Gramm|g]]·[[mol]]<sup>−1</sup> <small>(Memantin)</small> * 215,76 [[Gramm|g]]·[[mol]]<sup>−1</sup> <small>(Memantin·Hydrochlorid)</small>
| Aggregat = fest
| Dichte =
| Schmelzpunkt =
| Siedepunkt =
| Dampfdruck =
| pKs =
| Löslichkeit = löslich in Wasser <small>(Memantin·[[Hydrochlorid]])</small><ref name="MERCK_Index" />
| Quelle GHS-Kz = <ref name="Sigma">{{Sigma-Aldrich|SIGMA|M9292
| GHS-Piktogramme = Hydrochlorid{{GHS-Piktogramme-klein|-}}
| GHS-Signalwort =
Zeile 28 ⟶ 35:
| P = {{P-Sätze|-}}
| Quelle P = <ref name="Sigma" />
}}
'''Memantin''' ist ein [[Derivat (Chemie)|Derivat]] des [[Amantadin]]s und
== Klinische Angaben ==
=== Anwendungsgebiete
Memantin ist in Europa und den USA zur Behandlung der moderaten bis schweren Alzheimer-Demenz zugelassen.
Außerdem wird es in der [[Parkinsonmittel|Parkinsontherapie]] als Medikament in der frühen Therapie eingesetzt, genau wie [[Amantadin]] selbst.<ref name="fhs">{{Literatur |Autor=Klaus Aktories, Ulrich Förstermann, Franz Hofmann, Klaus Starke |Titel=Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie |Auflage=10 |Verlag=Elsevier, Urban & Fischer |Ort=München / Jena |Datum=2009 |ISBN=978-3-437-42522-6}}</ref> Es findet zunehmend bei psychiatrischen Störungen Anwendung, wo es bei [[Zwangsstörung]]en und [[ADHS]] positive Hinweise für eine Wirksamkeit gibt.<ref>{{
▲}}</ref> Es findet zunehmend bei psychiatrischen Störungen Anwendung, wo es bei [[Zwangsstörung]]en und [[ADHS]] positive Hinweise für eine Wirksamkeit gibt.<ref>{{cite journal|author=Haghighi M, Jahangard L, Mohammad-Beigi H |title=In a double-blind, randomized and placebo-controlled trial, adjuvant memantine improved symptoms in inpatients suffering from refractory obsessive-compulsive disorders (OCD) |language=English |journal=Psychopharmacology |volume=228 |issue=4 |pages=633-640 |year=2013 |month=August |pmid=23525525 |doi=10.1007/s00213-013-3067-z}}</ref><ref>Martin Winkler: [http://web4health.info/de/answers/adhd-med-memantine.htm ''Memantine als neues Medikament für ADS/HKS?''] Web4Health.info, 12. März 2007. Abgerufen am 23. September 2013.</ref><ref>C. B. Surman, P. G. Hammerness, C. Petty, T. Spencer, R. Doyle, S. Napolean, N. Chu, D. Yorks, J. Biederman: ''A pilot open label prospective study of memantine monotherapy in adults with ADHD.'' In: ''The world journal of biological psychiatry : the official journal of the World Federation of Societies of Biological Psychiatry.'' Band 14, Nummer 4, Mai 2013, S. 291–298, {{DOI|10.3109/15622975.2011.623716}}. PMID 22436083. </ref>
=== Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ===
Memantin verstärkt die Wirkung von [[Anticholinergikum|Anticholinergika]] und [[Dopaminagonist]]en. Die Wirkung von [[Neuroleptikum|Neuroleptika]] und Barbituraten kann abgeschwächt werden.
Eine Therapie zusammen mit dem [[Acetylcholinesterase#Cholinesteraseinhibitoren|Cholinesterasehemmer]] [[Donepezil]] zeigte in Studien synergistische Effekte.<ref name="Tariot2004">
=== Unerwünschte Wirkungen ===
Nebenwirkungen sind motorische Unruhe, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Verwirrtheit,
== Pharmakologische Eigenschaften ==▼
Memantin ist ein moderat-affiner [[nichtkompetitiver Antagonist]] des NMDA-Rezeptors und greift somit am glutamatergen System an.<ref>J. Kornhuber, J
▲=== Wirkungsmechanismus (Pharmakodynamik) ===
▲Memantin ist ein moderat-affiner [[nichtkompetitiver Antagonist]] des NMDA-Rezeptors und greift somit am glutamatergen System an.<ref>Kornhuber J, Bormann J, Retz W, Hübers M, Riederer P. ''Memantine displaces [3H]MK-801 at therapeutic concentrations in postmortem human frontal cortex''. [[Eur. J. Pharmacol.]] 166:589–590,1989. PMID 2680528</ref> [[Glutaminsäure|Glutamat]] ist ein erregender [[Neurotransmitter]] im [[Zentralnervensystem|zentralen Nervensystem]] und Störungen im glutamatergen Neurotransmitter-System spielen eine bedeutende Rolle in der Pathophysiologie primärer [[Demenz]]en.
Aufgrund seines spezifischen Bindungsverhaltens am NMDA-Rezeptor blockiert Memantin schädliche Glutamat-Wirkungen, die zu Funktionseinschränkungen und schließlich zum Absterben von [[Nervenzelle]]n führen. Memantin gibt den mit dem Rezeptor verbundenen [[Ionenkanal]] wieder frei, sobald ein physiologisches Signal eintrifft, wie z. B. bei kognitiven Prozessen. Der Lern- und Gedächtnisvorgang kann weiter ablaufen.
Memantin wurde von Merz entwickelt und ist seit 2002 zur Behandlung der Alzheimerschen Krankheit zugelassen. Von [[Forest Laboratories|Forest]] wurde Memantin für die USA und von [[Lundbeck]] für einige europäische und internationale Märkte lizenziert. Zuvor wurde Memantin unter der Bezeichnung ''Akatinol'' für die Behandlung [[Spastik|spastischer Leiden]], des [[Organisches Psychosyndrom|hirnorganischen Psychosyndroms]], [[Parkinson-Krankheit]] bzw. leichter und mittelschwerer Hirnleistungsstörungen eingesetzt.<ref name="AT2002">
=== Ältere Studien ===
In verschiedenen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das [[Acetylcholin|cholinerge]] Defizit nicht alleinverantwortlich für die Demenz-Pathologie ist, sondern Störungen im glutamatergen Neurotransmitter-System entscheidend an der Pathologie der Demenzen beteiligt sind.<ref name="Greenamyre1989">
Die
=== IQWiG ===
Das deutsche [[Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen]] (IQWiG) untersuchte 2009 im Rahmen einer Arzneimittelbewertung alle öffentlich zugänglichen Studien sowie die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Studiendaten und kam zu dem Schluss, dass es keinen Beleg für einen Nutzen der Memantin-Therapie bei Patienten mit Alzheimer-Demenz gebe. In den Bereichen „Aktivitäten des täglichen Lebens“ und „kognitive Leistungsfähigkeit“ würden sich zwar Effekte der Memantin-Therapie zeigen. Aufgrund der geringen Ausprägung dieser Effekte sei deren Relevanz jedoch fraglich, sodass sich ein Nutzen der Memantinbehandlung daraus nicht ableiten ließe.<ref>
Aufgrund der von der Firma Merz im Nachgang berechneten und an den G-BA übermittelten Responderanalysen ergibt sich folgende Änderung des Fazits des Abschlussberichts:
„Hinsichtlich der Vermeidung einer relevanten Verschlechterung im Bereich der kognitiven Leistungsfähigkeit ergibt sich der Beleg für einen Nutzen von Memantin bei Patienten mit Alzheimer-Demenz. Im Bereich der alltagspraktischen Fähigkeiten ergibt sich bei Beachtung der unsicheren Responsekriterien und der gleichzeitig geringen Größe des Effekts ein Hinweis auf einen Nutzen von Memantin.“<ref>[https://www.iqwig.de/download/A10-06_Rapid-Report_Kurzfassung_Responderanalysen_zu_Memantin_bei_Alzheimer_Demenz.pdf ''Responderanalysen zu Memantin bei Alzheimer Demenz''] (PDF). [[Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
=== Cochrane ===
Die Memantin-Therapie führt bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimersymptomatik bei den drei Kerndomänen ([[Kognition]], Alltagskompetenz, klinischer Gesamteindruck) nach sechs Monaten zu statistisch signifikanten, insgesamt jedoch geringen Besserungen bzw. Verzögerungen der Symptomatik verglichen mit einer Placebobehandlung.<ref name="McShane2006">R. McShane, A. Areosa Sastre, N. Minakaran: ''Memantine for dementia (Cochrane Review).'' In: ''The Cochrane Database of Systematic Reviews.'' Nr. 2, 2006, Art. No.: CD003154. [[doi:10.1002/14651858.CD003154]].</ref>
Bei Menschen mit leichter Alzheimer-Krankheit wirkt Memantin wahrscheinlich nicht besser als [[Placebo]]. Eine Langzeitstudie ist erforderlich, um festzustellen, ob ein Beginn einer Behandlung mit Memantin im frühen Stadium, wie er gängig praktiziert werde, langfristig vorteilhaft ist. Ein geringer Nutzen von Memantin bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz zeigt sich unabhängig davon, ob gleichzeitig [[Cholinesterase-Hemmer]] angewendet werden.<ref>{{Literatur |Titel=Memantine for dementia |Autor=Rupert McShane, Maggie J. Westby, Emmert Roberts, Neda Minakaran, Lon Schneider, Lucy E. Farrimond, Nicola Maayan, Jennifer Ware, Jean Debarros |Hrsg= |Sammelwerk=Cochrane Database of Systematic reviews |Band=3 |Datum=2024-03-20 |DOI=10.1002/14651858.CD003154.pub6}}</ref>
Memantin hat vier stereogene Zentren (zwei [[Pseudochiralität|pseudochirale]] und zwei [[Chiralität (Chemie)|chirale)]]. Da über die Symmetrieebene zwischen den beiden chiralen Zentren die Molekülhälften aufeinander abgebildet werden können, ist das Molekül nicht chiral.<ref>Karl-Heinz Hellwich , Carsten D. Siebert: Übungen zur Stereochemie, 2. Aufl., Springer, 2007. S. 166.</ref>
Arzneilich wird der Wirkstoff in Form seines [[Hydrochlorid]]s eingesetzt.
== Herstellung ==
Die Synthese aus 1,3-Dimethyl[[adamantan]] ist beschrieben.<ref name="A. Kleemann">[[Axel Kleemann]], Jürgen Engel, Bernd Kutscher
== Handelsnamen ==
''Axura'' (EU, CH), ''Ebixa'' (EU, CH); zahlreiche Generika
== Weblinks ==
{{Commonscat|Memantine|Memantin}}
* [http://www.ema.europa.eu/docs/de_DE/document_library/EPAR_-_Summary_for_the_public/human/000378/WC500029672.pdf Europäischer öffentlicher Beurteilungsbericht (EPAR) AXURA] (PDF; 125 kB) der [[Europäische Arzneimittelagentur|Europäischen Arzneimittelagentur]], Stand: November 2011
== Einzelnachweise ==
Zeile 93 ⟶ 96:
{{Gesundheitshinweis}}
[[Kategorie:
[[Kategorie:
[[Kategorie:Aminocyclohexan]]
[[Kategorie:Arzneistoff]]
[[Kategorie:Antidementivum]]
[[Kategorie:Synthetische psychotrope Substanz]]
[[Kategorie:Psychotroper Wirkstoff]]
[[Kategorie:Alkylcyclohexan]]
|