„Prähistorische Musik“ – Versionsunterschied

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[[Datei:39 69 73 1 001 bearbeitet.jpg|mini|Flöte aus Gänsegeierknochen in vier Ansichten, [[Vogelherdhöhle]] (40.000 Jahre alt, Aurignacien), UNESCO-Welterbe „[[Höhlen und Eiszeitkunst im Schwäbischen Jura]]“, [[Museum der Universität Tübingen]]]]
'''Prähistorische Musikinstrumente''' sind von Menschen geschaffene Klangerzeuger (z. B. [[Flöte|Flöten]], [[Perkussionsinstrument|Perkussionsinstrumente]]) aus der Zeit vor den [[Schriftkultur|Schrift-]] und [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Hochkulturen]].
[[Datei:Flauta paleolítica.jpg|mini|Flöte 1 aus dem [[Geißenklösterle]], 35.000 bis 40.000 Jahre alt (Nachbildung)]]
 
'''Prähistorische Musik''' umfasst die aus der [[Urgeschichte]] und [[Frühgeschichte]] stammenden [[Artefakt (Archäologie)|Fundobjekte]], die mutmaßlich als [[Musikinstrument]]e und sonstige [[Schallerzeugung|Klangerzeuger]] dienten, und sämtliche [[musik]]alische Ausdrucksformen der Menschheit von den ersten anatomischen Voraussetzungen und technologischen Möglichkeiten bis zum Beginn der [[Frühe Hochkulturen|frühen Hochkulturen]], so wie sie von der Musikarchäologie mit den analytischen Methoden der [[Archäologie]] und der [[Musikwissenschaft]] rekonstruiert werden. Strittig ist die Frage, inwieweit Erkenntnisse der [[Musikethnologie]] über Kulturen, in denen den Fundobjekten ähnliche Klangwerkzeuge – in erster Linie bestimmte [[Flöte]]n und [[Idiophon]]e – bis heute verwendet werden, hierbei Rückschlüsse zulassen.
Älteste Funde – aus [[Geweih|Geweihstücken]] und [[Knochen]] gefertigt – datieren aus der Zeit des ersten Erscheinens des anatomisch modernen [[Mensch]]en (''Homo sapiens'') in Europa vor etwa 45.000 Jahren. Relikte aus [[Organ (Biologie)|organischen]], d. h. vergänglichen Materialien, sind nur in Ausnahmefällen auffindbar.
 
DieEine Art von [[Musik]] war vermutlich schon in prähistorischer Zeit ein zentraler Bereich des schöpferischen Schaffens und der [[Kultur]] des Menschen. Es gibt Hinweise dafür, dass über den alltäglichen unterhaltenden Gebrauch von Musik, [[Zeremonie|Zeremonien]]n mit musikalischer Begleitung abgehalten wurden. Des Weiteren könnten die ersten MusikinstrumenteKlangerzeuger zur Übermittlung von Signalen auf der [[Jagd]] oder als Lockmittel genutzt worden sein. Älteste Funde – aus [[Geweih]]stücken und [[Knochen]] gefertigt – datieren aus der Zeit des ersten Erscheinens des anatomisch modernen [[Mensch]]en und dem [[Neandertaler]]<ref>{{Literatur |Autor=Siegfried Scherer |Titel=Neandertaler: Eine alte Musikerlinie? |Sammelwerk=Studium Integrale Journal |Band=5. Jahrgang |Nummer=1 |Verlag=[[Studiengemeinschaft Wort und Wissen]] |Datum=1998-04 |Seiten=39 f. |Online=[http://www.si-journal.de/index2.php?artikel=jg5/heft1/sij51-9.html si-journal.de] |Abruf=2020-12-20}}</ref> in Europa vor etwa 45.000&nbsp;Jahren. Relikte aus [[Organ (Biologie)|organischen]], d. h. vergänglichen Materialien, sind nur in Ausnahmefällen auffindbar.
 
== Musikarchäologie ==
Die [[Musikarchäologie]] liefert durch die Auswertung von Funden wichtige Hinweise auf die Lebensweise der Menschen in [[Urgeschichte|prähistorischer Zeit]]. Die Stufen der menschlichen Entwicklung von der Verwendung von Stein als Werkstoff bis zur Gewinnung und Nutzung von Metallen spiegeln sich auch in den Musikinstrumenten wider. [[Geschlossener FundFundzusammenhang|Fundzusammenhänge]] und – in späteren geschichtlichen Epochen – bildhafte Überlieferungen (Malereien, Plastiken, verzierte Gefäße) zeugen von verschiedenen Typen von Instrumenten und deren Verwendung.
 
Beobachtungen in heute noch bestehenden [[Urvölker|traditionellen Kulturen]] können Aufschluss darüber geben, wie die prähistorischen Menschen ihre Instrumente nutzten. Zum Beispiel ist die Trommel[[Schamanentrommel]] im eurasischen [[Schamanismus]] auch heute noch eines der wichtigsten Geräte. Die [[EskimoInuit]]s leben in sehr ähnlichen klimatischen Verhältnissen wie die Jäger und Sammler des [[Jungpaläolithikum]]s. Sie verfügen über eine Ausstattung von Perkussionsgeräten wie Trommeln oder Schwirrhölzer. Im Gegensatz zu Perkussionsgeräten finden heute Aerophone meist nur bei rituellen Handlungen eine Verwendung. Sie sind auch nicht als Signal oder Lockmittel bekannt.<ref>Hansjürgen Müller-Beck, Nicholas J. Conard, Wolfgang Schürle (Hrsg.): ''Eiszeitkunst im Süddeutsch-Schweizerischen Jura. Anfänge der Kunst.'' Stuttgart 2001.</ref>
Die Musikarchäologie liefert durch die Auswertung von Funden wichtige Hinweise auf die Lebensweise der Menschen in [[Urgeschichte|prähistorischer Zeit]]. Die Stufen der menschlichen Entwicklung von der Verwendung von Stein als Werkstoff bis zur Gewinnung und Nutzung von Metallen spiegeln sich auch in den Musikinstrumenten wider. [[Geschlossener Fund|Fundzusammenhänge]] und – in späteren geschichtlichen Epochen – bildhafte Überlieferungen (Malereien, Plastiken, verzierte Gefäße) zeugen von verschiedenen Typen von Instrumenten und deren Verwendung.
 
Beobachtungen in heute noch bestehenden [[Urvölker|traditionellen Kulturen]] können Aufschluss darüber geben, wie die prähistorischen Menschen ihre Instrumente nutzten. Zum Beispiel ist die Trommel im eurasischen [[Schamanismus]] auch heute noch eines der wichtigsten Geräte. Die [[Eskimo]]s leben in sehr ähnlichen klimatischen Verhältnissen wie die Jäger und Sammler des [[Jungpaläolithikum]]s. Sie verfügen über eine Ausstattung von Perkussionsgeräten wie Trommeln oder Schwirrhölzer. Im Gegensatz zu Perkussionsgeräten finden heute Aerophone meist nur bei rituellen Handlungen eine Verwendung. Sie sind auch nicht als Signal oder Lockmittel bekannt.<ref>Hansjürgen Müller-Beck, Nicholas J. Conard, Wolfgang Schürle (Hrsg.): ''Eiszeitkunst im Süddeutsch-Schweizerischen Jura. Anfänge der Kunst.'' Stuttgart 2001.</ref>
 
== Musik, Sprache und die Entwicklung des Menschen ==
 
Die wissenschaftlichen Theorien über die frühesten Formen von Musikausübung korrespondieren mit denen zum frühesten [[Paläolinguistik|Auftreten der Sprache]]. Für den Frühmenschen ist die [[Natur]] der Ansprechpartner. Durch die [[Imitation (Musik)|Nachahmung]] von Klängen und dem Bewusstwerden der Imitation beginnt der Mensch, auch sich selbst zu reflektieren. Für die Entwicklung der Urzeitsprache gilt: Je eingänglicher der Rhythmus, desto leichter fällt die Wiederholung und umso mehr stellt sich die Bedeutung heraus.<ref>Nettl 2000, 463.</ref> Die Wahrnehmung ist als schon einmal dagewesen vorstellbar. Die frühen Schriften der [[Griechische Kultur|griechischen Kultur]] sind für den musikalischen Vortrag bestimmt und enthalten wertvolle Informationen zum kulturellen und technologischen Fortschritt ihrer Zeit. Die vermehrte Verwendung von [[Schrift]] und Sprache zur Organisation und Ordnung der [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] ist im Europa der römischen Imperialzeit weitgehend bekannt.
Musik ist damals und heute im sozialen Verhalten inbegriffen: vom täglichen Nahrungserwerb über Liebe und Fortpflanzung bis zum Begräbnis.
 
== Geschichtlicher Überblick ==
 
Die ältesten Funde prähistorischer Musikinstrumente, aus Stein und Knochen, datieren aus der Zeit des ersten Erscheinens des anatomisch modernen Menschen in Europa vor etwa 45.000 Jahren. Da aus dieser Zeit keine Quellen in schriftlicher Form vorhanden sind, können nur die Funde selbst als Datenbasis dienen. Der Erhaltungszustand der ältesten Funde ist schlecht. Zwar sind Materialien wie [[Knochen]] oder [[Geweih]] sehr stabil, doch sind sie oft nur in Bruchstücken erhalten.<ref>Nicholas J. Conard u. a. ''Eiszeitkunst im Süddeutsch-Schweizerischen Jura. Anfänge der Kunst.'' Stuttgart 2001.</ref>
 
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=== Idiophone ===
[[Datei:Flûte paléolithique (musée national de Slovénie, Ljubljana) (9420310527).jpg|mini|hochkant| Als Knochenflöte bezeichneter Fund aus der [[Divje babe|Divje-babe]]-Höhle]]
* ''Schrapper'' sind gerippte Objekte, die durch Schrubben angespielt werden und durch Ratschen bzw. Kratzen Rhythmen markieren. Otto Seewald überliefert 1934 den Einsatz solcher Perkussionsgeräte in der Nacht vor dem Aufbruch zur Jagd bei den nordamerikanischen [[Huicholen|Huichol]]-Indianern. In der Pekarna-Höhle wurde, zusammen mit Musikinstrumenten, ein Stück in der Form eines Lochstabes geborgen. Funde: [[Geißenklösterle]] bei Blaubeuren (bandförmiges Geweihstäbchen und gekerbte Ulna eines Kolkraben); [[Dolní Věstonice]] (Wolfsknochen, Gravettien); Brillenhöhle bei Blaubeuren (gekerbte Elfenbeinbänder, [[Magdalénien]])
* ''Trommelschlägel:'' Ein T-förmiges Rentiergeweih-Artefakt bildet ein Äquivalent zu gewinkelten Schlägeln wie sie beim Spielen von Rahmentrommeln gebraucht werden. Fund: Brillenhöhle bei Blaubeuren ([[Magdalénien]]-Schicht IV)
* ''Stalagmiten und Stalaktiten als Klangkörper:'' Tropfsteine aus den Höhlen Südfrankreichs (Dordogne) zeigen Schlagspuren.
 
=== Aerophone ===
* ''Flöten:'' Bereits aus dem [[Mittelpaläolithikum]] gibt es einige durchlochte Knochen, die als Flöten interpretiert werden ([[Knochenflöte]]), wie die Neandertaler-Flöte aus der Höhle [[Divje babe Höhlen|Divje&nbsp;babe&nbsp;I]] in [[Slowenien]]. Dem wird entgegengehalten, dass diese Löcher durch Verbiss von [[Fleischfresser|fleischfressenden Tieren]] entstanden sein könnten und nicht durch menschliche Bearbeitung.<ref>G. Albrecht, C.-S. Holdermann, T. Kerig, J. Lechterbech, J. Serangeli: ''„Flöten“ aus Bärenknochen – die frühesten Musikinstrumente?'' Archäologisches Korrespondenzblatt&nbsp;28, 1998, S.&nbsp;1–19.</ref><ref>F. d'Erricod’Errico u. a.: ''Archaeological evidence for the emergence of language, symbolism, and music—an alternative multidisciplinary perspective.'' Journal of World Prehistory&nbsp;17, 2003, S.&nbsp;1–70.</ref> Aus dem [[Aurignacien]] in der späten Altsteinzeit sind Flöten aus Vogelknochen oder [[Mammuts|Mammut-Elfenbein]] bekannt, die ein Alter von mehr als 35.000 Jahren haben und damit die ältesten sicher belegten Musikinstrumente der Welt darstellen. ''(Siehe auch [[Aurignacien#Flöten aus Knochen und Elfenbein]])''
 
[[Datei:Schwirrgerätpritzerbe.JPG|mini|[[Mittelsteinzeit]]liche Schwirrgeräte aus [[Pritzerbe]]. Im [[Kreismuseum Jerichower Land]]]]
* [[Pfeife (Tonerzeuger)|Pfeifen]] und Hörner
** ''Phalangenpfeifen:'' Pfeifen von Finger- oder Zehenknochen in hohen etwas leisen Tönen spielen bei Jagdhandlungen und Fruchtbarkeitsritualen und über das Ende der letzten Nacheiszeit hinaus eine tragende Rolle.
** ''Langknochenpfeifen:'' Sie werden von Bären-, Schwanen- oder auch von menschlichem Oberschenkelknochen hergestellt, und weisen bereits einen größeren Tonumfang auf.
** ''Querflöten-Pfeifen:'' Solche Musikalien treten entweder mit einem oder beiden Enden verschlossen und mit ein oder mehreren Grifflöchern auf. Es besteht die Möglichkeit zum Erzeugen von Naturtonleitern und auch von Flageolettetönen (Erzielen von hohen Tonstufen durch überblasen). Als [[Querflöte]] angesprochen wird der Fund aus der [[Istállóskö-Höhle]] in Ungarn. Die vollkommenste paläolithische Flöte stellt die 1953 in der Station Molodova 5 ([[Dnister|Dnestr]]-Ufer) geborgene dar. Über den Vergleich mit dem gehörnten Wesen von La Trois Ferres (Höhlenmalerei: Frankreich) beschreibt der Prähistoriker [[Alexander Häusler (Prähistoriker)|Alexander Häusler]] mögliche Spielweisen. Flöten standen bei Jagd- und Fruchtbarkeitszaubern und zum Anlocken von Tieren.<ref>Häusler 1960, 152.</ref>
** ''Schneckentrompeten ([[TritonshornSchneckenhorn|TritonshörnerSchneckenhörner]]):'' Hierfür wurden Schneckengehäuse, unter anderem [[Tritonshorn|Tritonshörner]], verwendet.
 
* ''[[Schwirrgerät|Schwirrgeräte]]e'' sind meist flache, lanzettförmige Instrumente aus Holz oder Knochen, die an einer Schnur befestigt um eine Längsachse kreisen. Abhängig von der Drehgeschwindigkeit wird ein brummendes Geräusch erzeugt. Die rezente Western woods Cree nennt sie „bull-roarer“. Im Australischen werden sie als Seelenhölzer, Tschuringa oder auch „Womara“ bezeichnet. Funde: Höhle Roche de Birol bei Lalinde, Dordogne, Frankreich (verzierte Stücke aus Rentiergeweih, bei Auffinden in rote Farbpigmente eingebettet, [[Magdalénien]]); [[Vogelherdhöhle]] im Lonetal; Stellmoor bei Ahrensburg
 
== Musikinstrumente aus Keramik und Metall ==
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=== Idiophone ===
Das Musizieren in der Mittelsteinzeit [[Mesolithikum]] ist stark von der Lebensweise als Jäger und Sammler geprägt.
Die Verwendung von Ton als Werkstoff in der Jungsteinzeit ([[Neolithikum]]) wirkt sich auf Bauweise und Vielfalt der Instrumente aus. Das Kulturleben der Menschen ändert sich, sowie durch bessere Formbarkeit plastische Darstellungen einfacher von der Hand gehen.
* ''Tonrasseln:'' Die Funktion von kleineren [[Rassel|Rasselinstrumenten]]instrumenten ist eindeutig als Spielzeug für Kinder zu sehen, während die größeren in erster Linie zur Vertreibung von Dämonen zu Kultzwecken bestimmt sind.<ref>Zagiba 1976, 17. Taf. 2,3.</ref> Zu den vogelförmigen Klappern und Rasseln ist anzumerken, dass die Vogelsymbolik als Loslösen von der Erde, als Seelenvorstellung, Übergang in eine jenseitige Welt und allgemein in Verbindung mit dem Gedanken der Freiheit zu verstehen ist.
* ''Tonglocken:'' [[Glocke|Glocken]]n werden bei ritueller Heilung und Geistervertreibung eingesetzt. Der [[Gong]] wird auch verwendet, um den Zeitpunkt der gemeinsamen Mahlzeit zu markieren.
* ''Membranophone/Tontrommeln:'' [[Tontrommel (Archäologie)|Tontrommeln]] tragen zur entscheidenden Belebung des Tonklanges im Keramikkulturzyklus bei. Das Spannen der Felle erfolgt zunächst über Binden und Knüpfen oder über das Anbringen von Gewichten. Die geringe Anzahl der als Tontrommeln angesprochenen Funde hängt auch damit zusammen, dass viele nicht als solche erkannt worden sind. Die als walzenförmig angesprochene Trommel der Trichterbeckenkultur (Polen: Mrovino),<ref>Hickmann, 1997, 942. Abb. 6</ref> sowie die Tontrommel aus Brozany nad Ohrì<ref>Zagiba, 1976, S. 20, Taf. 6.</ref> in Böhmen weist unter dem Rand eine Reihe von durchlochten Fortsätzen zum Anbinden und Straffen der Membran auf. Die urnenfelderzeitliche Keramiktrommel aus [[Inzersdorf-Getzersdorf]] in Österreich<ref>Pomberger 2011, 34.</ref> wurde wohl mit Hilfe eines Spannringes, der um den Fuß geschlungen wurde und durch den die Spannschnüre gezogen wurden, bespannt.
Der Nachweis eines ringförmigen Trommelrahmens entstammt der Dorset-Kultur. Diese Paleo-Eskimo-Kultur der Arktis wird wesentlich früher eingestuft und ab 500 vor unserer Zeitrechnung genannt.<ref>Conard u. a. 2001, Katalog: 127.</ref>
 
=== Aerophone ===
* ''[[Gefäßflöte|Gefäßflöten]]n:'' Die Formgebung der frühen Keramikflöten steht mit Vorbildern aus Tierwelt und Natur in Zusammenhang. Eine der ältesten Gefäßflöten aus Ton stammt aus dem frühen Neolithikum aus einer Fundstelle bei [[Brunn am Gebirge]] in [[Niederösterreich]].<ref>Pomberger 2009, 55.</ref><ref>Pomberger 2014, 44-5144–51, 318-319318–319, Taf. 1, Fototafel 1.</ref> Sie datiert ins 6. Jahrtausend v. Chr. und gehört der Starčevo-Kultur an, also vor der Linearbandkeramik.<ref>Stadler 2009, S. 48–54.</ref> Aus der Vinča-Kultur<ref>Luca 1998, S. 70, 205, Abb. 39/5a-b.</ref> und der Anzabegovo- Vršnik-Kultur<ref>Jovcevska 2007.</ref> ist je ein Exemplar bekannt. Weitere Hohlformen in Vogelgestalt werden im ungarischen Pilin sowie in Kaschau geborgen. Der stilisierte Tierkopf der am Ende rechtwinkligen Flöte von Tòzeg stellt, im Vergleich mit der Reiterdarstellung auf einer Urne aus Tumulus 3 vom Ödenburger Burgstall einen Pferdekopf dar. Die Gefäßflöte aus dem ungarischen Vörösmart ist etwas jünger. Pilin, Tòzeg und Vörösmart entstammen der Zeit zwischen 1700 und 1400 v.&nbsp;Chr.<ref>Zagiba, 1976, S. 18.</ref>
* ''[[Panflöte]]n oder Syringen aus Knochen, Buchsbaumholz, Keramik, Bronze:'' Aus dem frühkupferzeitlichen (4. Jahrtausend v. Chr.) [[Gräberfeld Mariupol|Gräberfeld von Mariupol]] in der Südukraine stammt eine Panflöte oder Syrinx aus sieben oder acht unterschiedlich langen, ritzverzierten Vogelröhrenknochen.<ref>Sölder 2008, 226</ref> Das Fragment der Bronze-Syrinx aus Sanzeno im Trentino gibt einen Hinweis auf die heidnischen Rituale oder Pagane während der [[La-Tène-Zeit]] ab dem 5.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. Die [[Situla (Gefäß)|Situlenkunst]] überliefert Panflöten im Zuge von Prozessionen, beim musikalischen Wettstreit oder Zusammenspiel und auch als Soloinstrument zur Untermalung im festlichen Rahmen. Im griechischen und italischen Raum stehen Syringen mit dem Hirtenberuf in Kontext. In archäologischem Kontext wird die Panflöte also als Syrinx bezeichnet. Das Fundstück aus Sanzeno und die im Folgenden genannte Harfe aus [[Fritzens]] (Tirol) gibt einen weiteren Hinweis auf die kulturelle Einheit der Menschen nord- und südwärts der Alpen.
* ''[[Trompete|Trompeten]]:'' Das gemeinsame Aufscheinen etwa von [[Lituus (Musikinstrument)|Lituus]] oder [[Schalmei|Doppelschalmei]] deutet auf das Zusammenspielen von Musikanten hin. Die Dipla spielt eine große Rolle in der Volksmusik des Balkans.
* ''Hydraulos (Orgelinstrument):'' Der [[Hydraulos]] wird (nach: Zagiba 1976) in die Römerzeit datiert.
* ''Tympanon:'' Das [[Tympanon (Musik)|Tympanon]] bezeichnet ein panflötenartiges Instrument ebenfalls aus der römischen Ära.
 
=== Chordophone ===
* ''[[Harfe|HarfenSaiteninstrument]]:''e Auf mesopotamischenund [[Rollsiegel|SiegelnMembranophon]]e sindgelten bereitsals imdie jüngsten 3der vier Instrumentengattungen.&nbsp;Jahrtausend vEine ungefähr 15.000&nbsp;Chr.Jahre Harfenalte, dargestellt.schwer Diezu ältesteninterpretierende sindHöhlenzeichnung vonin gebogenerder Form,[[Drei-Brüder-Höhle]] gefolgtin vonFrankreich Winkelharfenzeigt (abmöglicherweise ca.&nbsp;1900einen v.&nbsp;Chr.) mit vertikalem oder[[Musikbogen|Mundbogen]] horizontalemspielenden SchallkörperTänzer.<ref>Bo Lawergren: [http://www.iranicaonline.org/articles/harp ''HarpThe Origin of Musical Instruments and Sounds.''] In: ''[[Encyclopædia Iranica]].Anthropos,''</ref> AusBand den83, vertikalenHeft Winkelharfen1./3, entwickelten1988, sichS. die orientalischen [[Tschang (Harfe)|Tschang]]31–45, aushier denS. horizontalen die Harfentypen im [[Kaukasus]] und in der zentralasiatischen Steppe.36</ref> Aus der [[La-Tène-Zeit]] Mitteleuropas (470 v.&nbsp;Chr. bis 15 n.&nbsp;Chr.) stammt dieeine WinkelharfeWinkel[[harfe]] aus Hirschgeweih von [[Fritzens]]-Pirchboden. Am Hals befinden sich rätische Schriftzeichen. Sie endet in einem kunstvoll geschnitzten Pferdekopf. Sie mag neben dem Begleiten von Tanz (…) den Epen eines „rätischer„rätische[n] Homer“Homer[s]“ (…) als Transportmittel gedient haben.<ref>Tomedi 2004, 31 f.</ref> Die Übereinstimmungen in der materiellen Kultur (Keramik, Baustil, Schrift und Metallhandwerk) prägen den Begriff der [[Fritzens-Sanzeno-Kultur]] in Ost-, Nord- und Südtirol. In Überlegungen zur Evolution der Saiteninstrumente werden [[Musikbogen|Musikbögen]], [[Erdbogen|Erdbögen]] und [[Erdzither]]n an den Anfang gestellt, auch wenn von diesen weder archäologische Funde noch entsprechend alte Höhlenzeichnungen überliefert sind.
* ''[[Leier (Zupfinstrument)|Leier]]:'' Leiern verstimmen sich weniger schnell als einfache Harfen. Sie besaßen meist zwischen fünf und zehn Saiten. Die Abbildungen von Saiteninstrumenten auf Bronzeblechgefäßen und Tonvasen vom Beginn der Eisenzeit bis zur klassischen Antike zeichnen folgendes Bild: Die ägyptische [[Kithara]] (vorderasiatischer Raum) weist einen eckigen Resonanzkörper auf. [[Mykenische Kultur|Mykenisch]]-[[Minoische Kultur|minoische]] Leiern sind mit geschwungenen Jocharmen dargestellt. Griechische [[Lyra (Zupfinstrument)|Lyren]] (Chelys) werden durch die gewölbten Schallkörper aus Holz oder aus Schildkrötenpanzern definiert.<ref>Seewald 1960, S. 163; Zagiba 1976, S. 26 ff.</ref> Die Bezeichnung [[Phorminx]] stammt aus einem griechischen Schöpfungsmythos. Apollon begleitet die Nymphen die die neue Welt besingen.<ref>Schrammek 1957, 8.</ref> Für die Saiten wurden vornehmlich Sehnen und Därme verwendet. Die sieben-saitige Leier kommt antiken Quellen zufolge bei [[Terpandros]] 670 v.&nbsp;Chr. vor, das Bestücken mit sechs Saiten ist seit 580 v.&nbsp;Chr. nachgewiesen.
Aus den Werken des Dichters [[Venantius Fortunatus]] stammen die Bezeichnungen: römische Lyra, griechische Achilliaca und britische Crotta. Er beschreibt auch das „brummende“ Gitarrenspiel der [[Bajuwaren]]. Ebenfalls bei Venantius Fortunatus, der im Dienst der Merowinger stand, geht zu Sprachen am Hof Attilas hervor: Die neun Jungfrauen begrüßten (Priskus) mit [[Skythen|skythischem]] Gesang. Zudem seien am Hof Attilas die Sprachen Gotisch, Hunnisch und ''Römisch'' gesprochen worden.
 
== Literatur ==
* Nicholas J. Conard u. a.: ''Eiszeitkunst im Süddeutsch-Schweizerischen Jura, Anfänge der Kunst''. Stuttgart 2001.
* [[Ricardo Eichmann]] (Hrsg.), Lars-Christian Koch: ''Musikarchäologie: Klänge der Vergangenheit'' Theiss 2015, ISBN 978-3-8062-3007-9
* [[Francesco d'Erricod’Errico]] u. a.: ''Archaeological evidence for the emergence of language, symbolism, and music—anmusic – an alternative multidisciplinary perspective''. In: ''Journal of World Prehistory'' 17, 2003, S. 1–70.
* [[Ernsto Grassi]] (Hrsg.): ''Musik und Rhythmus bei den Griechen. Zum Ursprung der abendländischen Musik.'' Hamburg 1958.
* Alexander Häusler: ''Neue Funde steinzeitlicher Musikinstrumente in Osteuropa.'' In: ''[[Acta Musicologica]].'' Vol. 32 (Apr.–Sep., 1960) S. 151–155. [http://www.jstor.org/stable/{{JSTOR|931665]}} (Stand: 6. November 2008).
* [[Ellen Hickmann]]: ''Westeuropa. Steinzeit/Bronzezeit/Eisenzeit.'' In: Ludwig Finscher (Hrsg.): ''[[Die Musik in Geschichte und Gegenwart]].'' Weimar(MGG) Kassel/Stuttgart 1997, S. 942–956.
* Ellen Hickmann, Alexander Häusler: ''Musikarchäologie.'' In: MGG Online, November 2016
* Trajanka Jovcevska: ''Globular flute.'' ED. Archaeology. Cultural heritage Protection office. 2007.
* [http://www.iranicaonline.org/articles/harp ''Harp.''] auf: ''[[Encyclopædia Iranica|iranicaonline.org]]'' (Stand: 26. Juli 2004)
* Drago Kunej, Ivan Turk: ''New Perspectives on the Beginnings of Music: Archeological and Musicological Analyses of a Middle Paleolithic Bone “Flute”.'' In: ''The Origins of Music.'' Massachusetts 2000, S. 235–268.
* Iain Morley: [https://www.researchgate.net/publication/247936496_The_Evolutionary_Origins_and_Archaeology_of_Music ''The Evolutionary Origins and Archaeology of Music.''] Darwin College Research Report, Cambridge University 2003
* Bruno Nettl: ''An Ethnomusicologist Contmplates Universals in Musical Sound and Musical Culture.'' In: ''The Origins of Music.'' Massachusetts 2000, S. 463–473.
* Beate Maria Pomberger: ''Eine frühneolitische Gefäßflöte von Brunn am Gebirge.'' Archäologie Österreichs 20/2, 2009, 55–58.
* Beate Maria Pomberger: ''Trommeln in der Urgeschichte. Das Beispiel der Keramiktrommel aus Inzersdorf ob der Traisen, Niederösterreich.'' Archäologie Österreichs 22/2, 2011, 34-4334–43.
* Beate Maria Pomberger: ''Wiederentdeckte Klänge. Musikinstrumente und Klangobjekte der Epochen Neolithikum, Bronzezeit, Eisenzeit und Römische Kaiserzeit im Gebiet zwischen der Salzach und dem Donauknie - Frequenzanalysen, Schallpegelmessungen, Reichweiten.'' Dissertation Universität Wien 2014.
* Otto Seewald: ''Die Lyrendarstellungen der ostalpinen Hallstattkultur.'' In: Hellmut Federhofer (Hrsg.): ''Festschrift Alfred Orel zum 70. Geburtstag.'' Wien 1960, S. 159–171.
* Peter Stadler: ''Die frühneolithische Siedlung von Brunn am Gebirge, Flur Wolfholz, 5650–5150 v. Chr. und die Entstehung der Linearbandkeramik.'' Archäologie Österreichs 20/2, 2009, 48–54.
* Winfried Schrammek: ''Über Ursprung und Anfänge der Musik.'' Leipzig 1957.
* Wolfgang Sölder: ''Das Fragment einer latènzeitlichen Panflöte aus Sanzeno, Trentino.'' In: Claudia Sporer-Heis (Hrsg.): ''Tirol in seinen alten Grenzen.'' Festschrift für Meinrad Pizzini zum 65. Geburtstag. Innsbruck 2008, S. 223–246.
* [[Gerhard Tomedi]]: ''Zur vorgeschichtlichen Musik im Raum Alttirol und im Südalpenraum.'' In: Kurt Drexel (Hrsg.): ''Musikgeschichte Tirols: Von der frühen Neuzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.'' Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2004, S. 11–37.
* Franz Zagiba: ''Musikgeschichte Mitteleuropas I.'' Erster Teil. In: Franz Zagiba (Hrsg.): ''Forschungen zur älteren Musikgeschichte. Veröffentlichungen des Musikwissenschaftlichen Institutes der Universität Wien.'' Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1976, S. 7–59, Katalog S. 160 ff.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
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