„Kami“ – Versionsunterschied
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'''Kami''' ({{jaS|神}}) bezeichnet in erster Linie im japanischen [[Shintō]] (Shintoismus) verehrte [[Geistwesen|Geister]] oder [[Gott|Götter]]. Im Japanischen kann der Begriff allerdings auch auf Gottheiten anderer Religionen bezogen werden ([[#Verwendung außerhalb des Shintō|s. u.]]).▼
▲'''Kami''' ({{jaS|神}}) bezeichnet in erster Linie im japanischen [[Shintō]] (Shintoismus) verehrte [[Geistwesen|Geister]] oder [[Gott|Götter]]. Im Japanischen kann der Begriff allerdings auch auf Gottheiten anderer Religionen bezogen werden ([[#Verwendung außerhalb des Shintō|
Eine konkrete Übersetzung des Begriffs ins [[Deutsche Sprache|Deutsche]] ist schwierig. Das Konzept ''kami'' kann u. a. auf Naturgeister, Gespenster und die Seelen Verstorbener angewandt werden, welche üblicherweise nicht als „Gottheiten“ bezeichnet werden. Kami weisen zudem viele typische Eigenschaften heiliger Wesenheiten in anderen religiösen Kontexten nicht oder nicht unbedingt auf (z. B. Unendlichkeit, Allwissenheit, Unveränderbarkeit, Allmacht). Überdies kann alles, was in Menschen eine intensive [[Emotion|emotionale]] Reaktion hervorruft – sei es Ehrfurcht, Freude, Faszination, Verwunderung, Angst oder andere Gefühle – als kami angesehen werden.<ref>Sallie B. King: ''Egalitarian Philosophies in Sexist Institutions: The life of Satomi-san, Shinto Miko and Zen Buddhist Nun.'' In: ''Journal of Feminist Studies in Religion'', Band 4/1, 1988, S. 14–15. Übersetzung von [[Jürgen Schuster (Theologe)|Jürgen Schuster]]: ''Schamanismus und die christliche Kirche in Japan.'' In: [[Klaus W. Müller]] (Hrsg.): ''Mission in fremden Kulturen. Beiträge zur Missionsethnologie. Festschrift für [[Lothar Käser]] zu seinem 65. Geburtstag'' (= ''edition afem – mission academics.'' Band 15). VTR, Nürnberg 2003, ISBN 3-933372-91-7, S. 243–252.</ref>▼
▲Eine konkrete Übersetzung des Begriffs ins [[Deutsche Sprache|Deutsche]] ist schwierig. Das Konzept ''kami'' kann u. a. auf Naturgeister, Gespenster und die Seelen Verstorbener angewandt werden,
Wie der Shintō selbst haben auch die Konzeptionen von Kami im Laufe der Geschichte mehrere wesentliche Änderungen erfahren. Der Begriff „Kami“ ist daher nur unter Bezugnahme auf den Kontext seiner geschichtlichen Entwicklung angemessen zu erklären.
Einer Redewendung nach ist die Zahl der Kami ''yaoyorozu'' ({{lang|ja|八百万}}), was wörtlich „acht Millionen“ bedeutet, allerdings eher im Sinne von „[[Myriade]]n“ zu verstehen ist. Der Shintō kennt sowohl Kami, die menschliche Wesens- und Charakterzüge zeigen, und daher als ''jinkakujin'' ({{lang|ja|人格神}}), ''menschliche Kami'' bezeichnet werden, als auch gestaltlose [[Schutzgottheit]]en ({{lang|ja|守護神}}, ''shugojin''), die den Menschen Gnade und Wohltaten zukommen lassen.
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Eine der noch heute populärsten Definitionen ist die mehr auf Psychologie ausgerichtete des [[Kokugaku]]-Gelehrten [[Motoori Norinaga]] (1730–1801):
{{Zitat
|Autor=Motoori Norinaga
|Quelle=''Kojiki-den''
|ref=<ref>Übersetzt und zitiert nach Norman Havens: ''Immanent Legitimation: Reflections on the 'Kami Concept'.'' In: ''Contemporary Papers on Japanese Religion'', Band 4, 1998 ([http://www2.kokugakuin.ac.jp/ijcc/wp/cpjr/kami/havens.html#para0024 online]).</ref>}}
== Wortbedeutung ==
Die Herkunft des Wortes ist umstritten. Allgemein wird ein Ursprung im [[Altjapanische Sprache|Altjapanischen]] vermutet. Verschiedene [[Etymologie]]n des Wortes ''kami'' schlagen eine Erklärung durch Ableitung auf Auslassung mittlerer Silben der Wörter ''kamugami'' („dem Blick erstrahlen“) oder ''kagami'' („Spiegel“) vor, womit ursprünglich das Wesen der Kami umschrieben worden sein soll.<ref name="Keane">{{Literatur |Autor=John J. Keane |Titel=Cultural and Theological Reflections on the Japanese Quest for Divinity |Verlag=BRILL |Datum=2016 |ISBN=978-90-04-32240-0 |Seiten=6-10 |Online={{Google Buch |BuchID=231yDQAAQBAJ |Seite=4}}}}</ref> Es wurde nachweislich zum ersten Mal in der [[Yayoi-Zeit]] verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=D. C. Holtom |Titel=The Meaning of Kami. Chapter I. Japanese Derivations |Sammelwerk=Monumenta Nipponica |Band=3 |Nummer=1 |Datum=1940 |ISSN=0027-0741 |Seiten=1–27 |DOI=10.2307/2382402 |JSTOR=2382402}}</ref> Die gradlinigste Ableitung ist die von ''kami'' = {{lang|ja|上}} mit der Bedeutung ''die, die über mir sind'', so wie in {{lang|ja|上様}}, heute noch als ''Chefin des Hauses'' in Gebrauch.<ref>https://nirc.nanzan-u.ac.jp/nfile/2272</ref>
In der [[Ainu (Sprache)|Sprache der Ainu]] existiert der Begriff ''[[kamuy]]'' („Bär“, „Gottheit“), der wahrscheinlich als Lehnwort aus dem Altjapanischen in die Ainu-Sprache einfloss. Die Ainu-Linguistin Tresi Nonno hingegen behauptet, dass das Wort während der [[Jōmon-Zeit]] aus der Ainu-Sprache in das Japanische entlehnt wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Tresi Nonno |Titel=Images of androgynous beings of Jōmon epoch |Sammelwerk=Cultural Anthropology and Ethnosemiotics |Band=4 |Nummer=4 |Datum=2018-11 |Seiten=49 |Online=https://culturalanthropologyandethnosemiotics.files.wordpress.com/2018/11/nonno_dogu.pdf |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2019-12-16}}</ref> Auch der Missionar [[John Batchelor (Missionar)|John Batchelor]] nahm an, dass der Begriff seinen Ursprung bei den Ainu hatte.<ref name="batchelor-1">John Batchelor: ''The Ainu and Their Folk-Lore'', London 1901, S. 580–582.</ref>
Andere Herleitungen vermuten hingegen einen sibirischen Ursprung von dem Wort ''Kam'' (mongolisch für Schamane) oder einen Ursprung aus [[Malayo-polynesische Sprachen|malayo-polynesischen Sprachen]]. Diese Herleitungen gelten jedoch heute als unwahrscheinlich.<ref name="Keane" />
=== Japanische Synonyme ===
Abgesehen von ''kami'' gibt es auch andere, eher archaische Bezeichnungen für japanische Götter wie ''mono'', ''tama'', ''chi'' und ''mi'', die sich nur schwer von ''kami'' abgrenzen lassen und in den ältesten japanischen Schriften, wie dem [[Nihonshoki]], dem [[Kojiki]] und den [[Fudoki]] in nahezu identischer Weise gebraucht werden. Es existieren darüber hinaus synonyme chinesische Lehnwörter wie ''jingi'' ({{lang|ja|神祇}}) oder ''kishin'' ({{lang|ja|鬼神}}), die jeweils das Zeichen für ''kami'' {{lang|ja|神}} (sino-japanisch ''shin'', ''jin'') enthalten. Der Name Shintō lässt sich auf diese chinesischen Worte zurückführen und bedeutet “Weg der Götter” (''shin'' = “Götter”; ''do'' = “Weg”).<ref>{{Internetquelle |url=https://tw.dictionary.search.yahoo.com/search?p=%E7%A5%9E |titel=神 - Yahoo奇摩字典 搜尋結果 |abruf=2019-12-14}}</ref>
== Typologien der Kami ==
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* Vergöttlichte Gegenstände
Die älteste und ursprüngliche der Kategorien sind wahrscheinlich die vergöttlichten Naturphänomene, die auf die Wurzeln des Shintō in den
In den prähistorischen Stammeskulturen Japans entwickelten sich aus der Ahnenverehrung einzelne [[Ujigami]] mit ihren individuellen Verehrungsriten, von denen sich einige durch Kontakt zwischen den Stämmen weiter verbreiteten.
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Von den Ahnengeistern werden zwei Arten unterscheiden. Die einen, die schon das Stadium des [[Buddha]]seins erreicht haben (in der Regel 33 Jahre nach ihrem Tod). Diese erscheinen den Schamanen oft in der Form eines Juwels (tama). In manchen Gegenden Japans werden diese Ahnengeister als kami in den öffentlichen Shinto-Schrein überführt und dienen ihrer Kommune als Schutzgottheiten (ujigami). Ahnengeister, die noch nicht das Stadium des Buddhaseins erreicht haben, erscheinen den Schamanen als unterscheidbare und erkennbare Individuen. Die andere Art der Ahnengeister sind böswilliger Natur. Dazu gehören die Geister von Verstorbenen, die von ihren Nachfahren keine Aufmerksamkeit erhalten, Ahnengeister, die keine Nachfahren haben, die für sie sorgen, und Geister von Menschen, die einen frühen, unnatürlichen Tod gestorben sind. Diese Geister brauchen besondere Beachtung, damit sie den Weg zum Buddha-Dasein finden können. Schamanen können diese Geister befragen und herausfinden, was ihnen fehlt, damit die Nachkommen entsprechende Hilfestellung geben können.<ref name="Schuster" />
Wesentlich für die Geschichte der Kami ist der shintō-buddhistische [[Synkretismus]] (''[[Shinbutsu-Shūgō|shinbutsu shūgō]]''). Dieses Phänomen beschreibt die seit der Einführung des [[Buddhismus]] aus China nach Japan im ausgehenden 6. Jahrhundert komplexe Interaktion und Verschmelzung buddhistischer Lehren und Vorstellungen mit der
Auch andere aus dem Ausland importierte Religionen wie der [[Daoismus]] und der [[Konfuzianismus]] beeinflussten die Auszeichnungen, Beschreibungen und Bezeichnungen wesentlich.
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* [[Zōkasanshin]] ({{lang|ja|造化三神}}) – Die drei Kami der Schöpfung (Amenominakanushi, [[Takamimusubi|Takamimusuhi]] und Kamimusuhi)
== Liste einiger bekannter Götternamen ==
* [[Amaterasu]]
* [[Ame no Koyane]]
* [[Ame no Uzume]]
* [[Ninigi|Amatsuhiko Ho no Ninigi]] (Ninigi)
* [[Benzaiten|Benten]]
* [[Bishamon]]
* [[Daikoku]]
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== Verwendung außerhalb des Shintō ==
=== Götter der
Bedeutende Götter (''kamuy'') der [[Ainu]] sind:<ref>Hans A. Dettmer: ''Die Mythologie der Ainu.'' In: [[Egidius Schmalzriedt]] (Hrsg.): ''Götter und Mythen in Ostasien'' (= ''[[Wörterbuch der Mythologie]].'' Band 4). Klett-Cotta, Stuttgart 1994, ISBN 3-12-909860-7, S. 198 ({{Google Buch |BuchID=Q4BQ0YmlPKIC |Seite=198}}).</ref>
* [[Ape-huci-kamuy]], Feuergöttin
* [[Aynu-rakkur]], auch Oyna-kamuy, [[Kulturheros]]
* [[Cise-kor-kamuy]], Gott des Hauses
* [[Hasinaw-uk-kamuy]], Jagdgöttin
* [[Kotan-
* [[Kunnecup-kamuy]], Mondgott
* [[Nusa-kor-kamuy]], Götterbote
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* [[Wakka-us-kamuy]], Wassergott
==
Der [[Gott (Christentum)|christliche Gott]] wurde im Japanischen im [[16. Jahrhundert]] direkt aus dem [[Portugiesische Sprache|Portugiesischen]] oder [[Latein]]ischen als ''deus'' ({{lang|ja|デウス}}) transkribiert oder – in [[Neo-Konfuzianismus|neo-konfuzianistischer]], chinesischer Terminologie – als ''tenshu'' ({{lang|ja|天主}}, ''Himmelsherr'') oder ''jōtei'' ({{lang|ja|上帝}}, „höchste Wesenheit“) bezeichnet. Erstmals in der [[Meiji-Zeit]] wurde im Rahmen der Einführung des protestantischen Christentums in Bibelübersetzungen (1859 und 1862) der Begriff ''Kami'' auch für den christlichen Gott verwendet. Auch für die Götter anderer Religionen wurde ab diesem Zeitpunkt der Begriff ''Kami'' verwendet.
Ähnlich dem deutschen Wort „Gott“ kann das japanische ''Kami'' auch auf eine Person angewandt werden, die auf ihrem Gebiet besonders herausragend ist. Der ''[[Fußballgott]]'' [[Pelé]] ist im
Der aus dem [[Militär]] bekannte Begriff [[Kamikaze]] bedeutet ''Götterwind''.
== Literatur ==
* Basil H. Chamberlain: ''The Kojiki, Records of Ancient Matters.'' Asiatic Society of Japan, 1919 ([http://www.sacred-texts.com/shi/kj/index.htm online]).
* Timothy J. Vance: ''The Etymology of Kami.'' In: ''Journal of Religious Studies'', Band 10/4, 1983 ([http://www.nanzan-u.ac.jp/SHUBUNKEN/publications/jjrs/pdf/177.pdf PDF; 3,9 KB]).
* Sokyo Ono: ''Shinto: The Kami Way.'' Tuttle Publishing, 2003 ([http://books.google.com/books?id=x-w59vegZoIC&dq=shinto+the+kami+way&source=gbs_summary_s&cad=0 online]).
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== Weblinks ==
{{Commonscat|Japanese deities|Kami}}
* {{Internetquelle |autor=Bernhard Scheid
|url= https://religion-in-japan.univie.ac.at/Handbuch/Ikonographie/Shinto-Goetter
|titel= Die Ikonographie der ''kami''
|werk= Religion-in-Japan: Ein digitales Handbuch
|hrsg= Universität Wien | datum= 2001 | abruf= 2022-04-09 | sprache=}}
* [http://eos.kokugakuin.ac.jp/modules/xwords/entry.php?entryID=235 Introduction: Kami, Encyclopedia of Shinto] (englisch)
* [http://www2.kokugakuin.ac.jp/ijcc/wp/cpjr/kami/ito.html Itō Mikiharu: ''Evolution of the Concept of Kami''] (englisch)
* {{EOS|Einleitung zum Kapitel 'Kami'|235|Sakamoto Koremaru|7. Juli 2005}}
* [[Nobutaka Inoue|Inoue Nobutaka]], Direktor der [[Kokugakuin University]] (Hauptschriftleiter): „[http://www2.kokugakuin.ac.jp/ijcc/wp/cpjr/kami/index.html Kami]“, in: ''Contemporary Papers on Japanese Religion 4''; abgerufen am 11. Juni 2006; ursprünglich veröffentlicht 1998 vom Institute for Japanese Culture and Classics, Kokugakuin University.
== Einzelnachweise ==
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