„Kaufvertrag“ – Versionsunterschied
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Der '''Kaufvertrag''' ist die häufigste Form des Umsatzes von Gütern. Die Leistungspflichten bestehen darin, dass der Verkäufer dem Käufer die Rechtsinhaberschaft an einer [[Sache (Recht)|Sache]], einem [[Recht]], einer [[Forderung]] oder sonstigen vermögenswerten Position verschafft. Im Gegenzug schuldet der Käufer dem Verkäufer die [[Gegenleistung]] in Form von [[Geld]]. Grundsätzlich ist der Kaufvertrag [[Formfreiheit|formfrei]]. Er kann schriftlich, mündlich oder durch [[Schlüssiges Handeln|konkludentes Handeln]] geschlossen werden.
== Geschichte des Kaufvertrags {{Anker|Emptio venditio}} ==
So galt im römischen Recht der Kaufvertrag als eine Übereinkunft, der zufolge der Verkäufer dem Käufer die Kaufsache gegen den Kaufpreis in der Weise übertrug, dass beide ihre Leistungen vorbehaltlos erhielten ''(ut habere liceat)''.<ref>Carl Otto Müller: ''Lehrbuch der Institutionen.'' 1858, S. 347.</ref> Kein Wesensmerkmal des Kaufvertrages war hingegen die [[Übereignung]]spflicht, gleichwohl klar war, dass die Eigentumsübertragung an der Kaufsache das Wesen des Kaufs ausmachte.<ref>''Digesten'' 18, 1, 80, 3 [[Marcus Antistius Labeo|Labeo]] 5 post a Iav epit.</ref> Der Eigentumsübergang kann deshalb nur als Bestandteil des Vertragsschlusses selbst interpretiert werden, am ehesten vergleichbar mit dem „Barkauf“ (sofortiger Austausch der Güter).<ref name="Harke">[[Jan Dirk Harke]]: ''Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen.'' Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4, § 8. Rnr. 1 ff.</ref> Fielen die Leistungszeitpunkte auseinander, weil die Ware nicht sofort übergeben werden konnte, wurde sie im Innenverhältnis der Parteien trotzdem schon dem Eigentum des Käufers zugeordnet.<ref name="Harke" /> Eine Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung erübrigt sich in diesem Sinne. Das bedeutete aber auch, dass die [[Leistungsgefahr]] ''(periculum emptoris)'' käuferfeindlich geregelt war. Entschärft wurde sie durch die Verpflichtung des Verkäufers, die Kaufsache (garantiert) zu bewachen ''(custodia)'' oder bewachen zu lassen. Streng genommen konnte im [[synallagma]]tischen Kontext bei der Geldhingabe auch nicht von einer Gegenleistung gesprochen werden. Erst in der [[Spätantike]] änderten sich verschiedene Parameter. [[Justinian I.]] wandelte das Bewachungsrecht in eine Art der [[Verschuldenshaftung]].
Mit der [[Rezeption des römischen Rechts]] ließen – ausweislich der Zeugnisse [[Azo]]s und [[Bartolus de Saxoferrato|Bartolus’]] – die [[mittelalter]]lichen Juristen den Kaufvertrag nur noch in Gestalt von [[Gattungsschuld|Gattungsgeschäften]] zu.<ref>Azo, ''Summa'' zu ''[[Codex Iustinianus|CJ]]'' 4, 48.</ref><ref>Bartolus zu ''Digesten'' 19, 1, 11.</ref> Der Käufer trug die [[Preisgefahr]]. Die Aufklärer [[Hugo Grotius]] und [[Christian Wolff (Aufklärer)|Christian Wolff]] fanden Wege, wie die Preisgefahr harmonisiert werden konnte und hoben das „Übereignungsgeschäft“ aus der „Taufe.“<ref>Vgl. etwa Hugo Grotius: ''De jure belli ac pacis'' (Über das Recht des Kriegs und des Friedens). Paris 1625 (2. Aufl. Amsterdam 1631). 2, 12,15.</ref>
Ein erster Beleg für den Gebrauch der deutschen zusammengesetzten Bezeichnung
▲Im frühen [[Römisches Recht|römischen Recht]] begann bereits die Verdrängung des Tauschvertrages durch den Kaufvertrag ({{laS|''emptio venditio''}}; wörtlich: „Kauf/Verkauf“). Bereits damals war umstritten, ob der Tauschvertrag ({{laS|''permutatio''}}) lediglich einen Unterfall des Kaufvertrages bildete. Vertreter der [[Klassik (Jurisprudenz)#Frühklassik|frühklassischen]] Rechtsschule der [[Sabinianer und Prokulianer|Sabinianer]] bejahten diese [[Rechtsfrage]], ihre Konkurrenten aus der [[Sabinianer und Prokulianer|prokulianischen Schule]] verneinten sie dagegen.<ref>[https://books.google.de/books?id=UPodBAAAQBAJ&pg=PA52&dq=Paul.,+Digesten,+18,+1&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwipxd7DyvXXAhWLyKQKHbiYCrgQ6AEIKjAA#v=onepage&q=Paul.%2C%20Digesten%2C%2018%2C%201&f=false Eva Jakab/Wolfgang Ernst (Hrsg.), ''Kaufen nach Römischem Recht'', 2008, S. 52 ff.]</ref> Zurückgeführt auf [[Homer]] gingen die Sabinianer davon aus, dass der Kaufvertrag durch Austausch von Sachen vereinbart wird. Der hochklassische Jurist des 2. Jahrhunderts, [[Gaius (Jurist)|Gaius]], verlangte in seinen [[Institutiones Gai|Institutionen]], dass der Kaufpreis „in klingendem Geld“ zu bestehen habe.<ref>Gaius, ''Institutionen'', 3, 141.</ref> Der bisherige Tauschwert wurde durch den objektiven [[Geldwert]] ersetzt. Im 3. Jahrhundert unter [[Iulius Paulus]] galt der Kaufvertrag als grundsätzlich [[Form (Recht)|formfreier]] (gegebenenfalls [[Schriftform|schriftlicher]]) [[Konsensualvertrag]], bezogen sowohl auf [[bewegliche Sache]]n wie [[Grundstück]]e.<ref>Iulius Paulus, ''[[Digesten]]'', 18, 1.</ref> Paulus bemerkte hierin, dass Kaufen und Verkaufen ihren Ursprung im Tauschen hatten, Tauschen aber aufgrund geeigneten Tauschwerts zur Einführung des Tauschgutes Geld geführt habe,<ref>Iulius Paulus, ''Digesten'', 18, 1, 1.</ref> angelehnt an [[Aristoteles]] in seiner [[Nikomachische Ethik|Nikomachischen Ethik]].<ref>Aristoteles, ''Ethica Nicomachea'', V, 5</ref>
Die Vorschriften des [[Badisches Landrecht 1810|Badischen Landrechts]] vom Januar 1810 über die verkäuflichen Sachen (Sätze 1598 ff.) erwähnten weder den Kaufvertrag noch den Kaufcontract; Satz 484 enthält den Begriff Kaufverträge.<ref>Ulrike Köbler: ''Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes.'' 2010, S. 226 f.</ref> Ein Handelslexikon aus dem Jahre 1857 grenzte Tausch und Kauf klar voneinander ab: „Kaufvertrag ist diejenige Übereinkunft zwischen zwei Personen oder Parteien, durch welche die eine (der Verkäufer) sich verbindlich macht, der andern (dem Käufer) irgend eine Sache, sie möge körperlich oder unkörperlich sein, schon existieren oder nicht, gegen Bezahlung eines in Gelde festgesetzten Preises zu überlassen. Der letzte Punkt unterscheidet den Kauf von dem Tausche, bei welchem die Gegenleistung ebenfalls in einer Sache besteht“.<ref>Verein praktischer Kaufleute (Hrsg.): ''Neuestes Illustriertes Handels- und Waaren-Lexicon.'' Band 1, 1857, S. 706.</ref>
== Kaufvertrag im deutschen Recht ==
▲Ein erster Beleg für den Gebrauch der deutschen zusammengesetzten Bezeichnung „Kaufvertrag“ im Sinne von Schuldvertrag, bei dem Ware gegen Geld zu übergeben ist, lässt sich nach dem [[Deutsches Rechtswörterbuch|Deutschen Rechtswörterbuch]] auf das Jahr 1574 zurückverfolgen.<ref>Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), ''Deutsches Rechtswörterbuch'', Band VII, 1974–1983, Sp. 668 f.</ref> Die aus Mai 1627 datierende [[Verneuerte Landesordnung|Böhmische Landesordnung]] definierte wie folgt: „Durch Kauffsvertrag und Contract werden allerley [[Herrschaft (Territorium)|Herrschaften]]/[[Landgut|Gütter]] und andere [[Gerechtsame|Gerechtigkeiten]] hingelassen“.<ref>Böhmische Landesordnung, 1627, S. 294 f.</ref> Das [[Allgemeines Preußisches Landrecht|Allgemeine Preußische Landrecht]] (APL) vom Juni 1794 entschied sich in den Bestimmungen über die „Kaufs- und Verkaufsgeschäfte“ (I 11, §§ 1 ff. APL) ebenfalls für die Bezeichnung Kaufvertrag, wie etwa in den §§ 232, 249, 271 APL, enthielt in § 219 APL aber auch noch den „Kaufcontract“. Die Vorschriften des [[Badisches Landrecht 1810|Badischen Landrechts]] vom Januar 1810 über die verkäuflichen Sachen (Sätze 1598 ff.) erwähnten weder den Kaufvertrag noch den Kaufcontract, doch kam in Satz 484 der Ausdruck Kaufverträge vor.<ref>[https://books.google.de/books?id=FXdvwGTh9IIC&pg=PA224&dq=Kaufvertrag+r%C3%B6misches+recht&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjT5LeWr_XXAhWlB8AKHffhARYQ6AEIWzAJ#v=onepage&q=Kaufvertrag%20r%C3%B6misches%20recht&f=false Ulrike Köbler, ''Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes'', 2010, S. 226 f.].</ref> Ein Handelslexikon aus dem Jahre 1857 grenzte Tausch und Kauf klar voneinander ab: „Kaufvertrag ist diejenige Übereinkunft zwischen zwei Personen oder Parteien, durch welche die eine (der Verkäufer) sich verbindlich macht, der andern (dem Käufer) irgend eine Sache, sie möge körperlich oder unkörperlich sein, schon existieren oder nicht, gegen Bezahlung eines in Gelde festgesetzten Preises zu überlassen. Der letzte Punkt unterscheidet den Kauf von dem Tausche, bei welchem die Gegenleistung ebenfalls in einer Sache besteht“.<ref>Verein praktischer Kaufleute (Hrsg.), ''Neuestes Illustriertes Handels- und Waaren-Lexicon'', Band 1, 1857, S. 706.</ref>
{{Hauptartikel|Kaufvertrag (Deutschland)}}
{{Hauptartikel|Grundstückskaufvertrag}}
== Internationale Regelungen ==
In [[Österreich]] folgt die [[Legaldefinition]] des {{§|1053|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR12018782}} [[ABGB]] vom Januar 1812 der Konzeption des entwickelten römischen Rechts, wonach durch den Kaufvertrag eine Sache für eine bestimmte Summe Geldes einem Andern überlassen wird. Die Erwerbung erfolgt nach dem Gesetz aber nicht bereits durch den Vertrag (den Rechtstitel für die Übertragung), sondern erst durch die Übergabe des Kaufgegenstandes (den [[Modus Operandi|Modus]], die Art und Weise der Erfüllung des Vertrages). Wenn verhindert werden soll, dass aus irgendwelchen Gründen über eine Sache mehrere Rechtstitel für eine Eigentumsübertragung existieren (z. B. Kaufvertrag, Schenkung usw.), dann der Schnellste die Sache erhält oder der bezahlte Kaufpreis verloren geht, müssen Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, z. B. die [[Vormerkung#Österreich|Rangvormerkung]] im Grundbuch bei Grundstücken, die Gestaltung der Kaufpreiszahlung über einen Treuhänder oder sofortige Übergabe bei kleineren Sachen.
Das [[Schweiz]]er [[Obligationenrecht (Schweiz)|Obligationenrecht]] (OR) vom Januar 1883 verpflichtet Käufer und Verkäufer im Regelfall dazu, ihre Leistungen gleichzeitig – [[Zug um Zug (Recht)|Zug um Zug]] – zu erfüllen ({{Art.|184|OR|ch}} OR).
In den [[Niederlande]]n besteht ein Kaufvertrag ({{nlS|koopovereenkomst}}) nicht, solange der Kaufpreis nicht festgelegt ist (Art. 1494 [[Burgerlijk Wetboek (Niederlande)|NBW]]).
In [[Frankreich]] ist das [[Eigentum]] durch den Käufer erworben, wenn sich die Parteien über die Kaufsache und den Preis ({{frS|''prix''}}) geeinigt haben (Art. 1583 [[Code civil|CC]]). Dabei muss der Verkaufspreis ({{frS|prix de la vente}}) von den Parteien festgelegt und bestimmt werden (Art. 1591 CC).
Das römische Kaufvertragsrecht findet sich auch wieder in [[Spanien]] ({{esS|contrato de compraventa}}; Art. 1445 [[Código Civil (Spanien)|Código Civil]]) oder [[Portugal]] ({{ptS|contrato de compra e venda}}; Art. 1544 [[Código Civil (Portugal)|Código Civil]]).
Dem [[Common Law]] zufolge obliegt beim Kaufvertrag ({{enS|contract of sale}}) dem Verkäufer als wesentliche [[Rechtspflicht]] die [[Übereignung]] des verkauften Gegenstands, für die er als Gegenleistung vom Käufer den Kaufpreis erhält. Der ''Sale of Goods Act'' (SGA) von 1979 spricht dann von der sofortigen entgeltlichen Eigentumsübertragung ({{enS|sale of goods}}; Sec. 2 (1), 2 (4) SGA); folgt die Übereignung später oder ist sie bedingt, liegt eine ''Verkaufsvereinbarung'' ({{enS|agreement to sell}}) zugrunde (Sec. 5 SGA).
Zum internationalen Warenkauf siehe [[UN-Kaufrecht]]. International ist der Kaufvertrag, wenn die Parteien ihre [[Niederlassung (Wirtschaft)|Niederlassung]] ({{enS|place of business}}) in verschiedenen [[Staat]]en haben (Art. 1 Abs. 1 [[UN-Kaufrecht|CISG]]).
== Literatur ==
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| Jahr=1936
}}
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|4030088-2}}
== Einzelnachweise ==
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