„Bevölkerungsentwicklung“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Population growth rate world 2021.svg|mini|350px|Bevölkerungswachstum 2021 (Datenquelle: [[The World Factbook]])]]
[[Datei:Bevölkerungsentwicklung Kreisebene 2020-2021.svg|mini|Bevölkerungsentwicklung in den Landkreisen und kreisfreien Städten Deutschlands von 2020 auf 2021]]
'''Bevölkerungsentwicklung''' beschreibt die Entwicklung der Zahl der Menschen ([[Einwohner]]) auf einer bestimmten Fläche. Sie ergibt sich zum einen aus der Differenz zwischen [[Geburtenziffer|Geburtenrate]] und [[Mortalität|Sterberate]] ''(natürliche Bevölkerungsentwicklung)''. Hinzu kommt der [[Wanderungsbilanz|Migrationssaldo]]. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen über die Gebietsgrenze hinweg. Je nach dem [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] des Gesamtsaldos spricht man von ''Bevölkerungswachstum'' oder ''[[Bevölkerungsrückgang]]''. Die Bevölkerungsentwicklung ist eines der zentralen Untersuchungsgebiete der [[Demografie]].
Kennzeichnend für die Bevölkerungsentwicklung der Welt (siehe [[Weltbevölkerung]]), insbesondere die der letzten 200 Jahre, war ein [[Hyperexponentialverteilung|hyperexponentielles Wachstum]] (additive Überlagerung mehrerer Exponentialverteilungen), weshalb man mitunter auch von ''Bevölkerungsexplosion'' (siehe [[Überbevölkerung]]), spricht. Seit dem [[Wendepunkt]] 1962/63 sinkt hingegen die Wachstumsrate. Der absolute Zuwachs ist relativ konstant und liegt seit 40 Jahren bei ca. 1,5 Mio. Menschen pro Woche.<ref>{{Internetquelle |url=https://population.un.org/wpp/Download/Standard/Population/ |titel=World Population Prospects - Population Division - United Nations |abruf=2021-08-09}}</ref>
== Einführung ==
===
# aus der "''natürlichen" Bevölkerungsentwicklung'', das heißt der Veränderungen aufgrund der Zahl der Geburten und Sterbefälle ([[Geburtenziffer|Geburtenrate]] und [[Mortalität|Sterberate]]) und
# aus dem ''Migrationssaldo'', also die Differenz zwischen Zu- und Abwanderungen ([[Einwanderung|Immigration]] und [[Auswanderung|Emigration]]) über die Gebietsgrenzen hinweg.
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=== Wachstumsraten und Verdopplungszeitraum ===
Das Ausmaß des Bevölkerungswachstums wird als [[Wachstumsrate]] in Prozent (meist bezogen auf ein Jahr) ausgedrückt. Bei einem Wachstum von 1,14 Prozent pro Jahr – entsprechend der geschätzten globalen Wachstumsrate im Jahr 2006 – dauert es etwa 61 Jahre, bis sich die Bevölkerung verdoppelt hat – vorausgesetzt, das Wachstum bleibt die ganze Zeit über konstant auf diesem Niveau. Es ist mathematisch eine [[geometrische Folge]]. Beträgt die jährliche Wachstumsrate 2 %, verkürzt sich die [[Verdopplungszeit]] auf 35 Jahre. Bei einer Rate von 3,5 %, die in einigen Ländern erreicht bzw. überschritten wird, beträgt die Verdopplungszeit nur noch 20 Jahre (siehe auch [[72er-Regel]]).
== Verlauf der Bevölkerungsentwicklung ==
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Der Wissenschaftler [[Thomas Robert Malthus]] untersuchte im Jahre 1798 das Verhältnis von Bevölkerungswachstum und [[Bodenertrag]] und gelangte zu der [[Prognose]], dass der Bodenertrag nur in [[Arithmetische Folge|arithmetischer Progression]] (1, 2, 3, 4, 5 usw.) wachsen könne, die [[Bevölkerung]] jedoch in [[Geometrische Folge|geometrischer Progression]] (1, 2, 4, 8, 16 usw.) wachse, mit der Folge von [[Hunger]] und [[Armut]].<ref>[[Thomas Robert Malthus]]: ''An Essay on the Principle of Population'', 1798, S. 8</ref> Nicht Verbesserungen in der [[Produktion]], sondern [[Empfängnisverhütung|Geburtenkontrolle]] (etwa durch [[Enthaltsamkeit]]) erschien dem Pfarrer Malthus als Möglichkeit, die Armut dauerhaft zu bekämpfen. Erst [[John Stuart Mill]] stützte 1848 diese [[Bevölkerungslehre]] mit dem [[Bodenertragsgesetz|Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag]].<ref>[[John Stuart Mill]]: ''Principles of Political Economy'', Band III, 1848, S. 7</ref> Der von Mill beeinflusste [[Neomalthusianismus]] propagierte [[Verhütungsmittel]] zur Geburtenkontrolle, die Malthus noch abgelehnt hatte. Ihre statistischen Prognosen sind heute weitgehend [[Verifizierung|verifiziert]], wie die Bevölkerungsentwicklung zeigt.
Um die [[v. Chr.|Zeitenwende]] gab es weniger als 200 Millionen Menschen auf der Erde, im Jahre 1650 waren es rund 500 Millionen. Im Jahr 1650 betrug die Wachstumsrate 0,3
{| class="wikitable"
|+ Tab. 1: Weltbevölkerung, Wachstumsrate{{FN|1}}, Zuwachs{{FN|1}} und Durchschnittsalter
1950–2050 (Prognose
|- bgcolor="#b0c4de"
! Jahr
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! Wachstumsrate<br />(% pro Jahr)
! Zuwachs<br />(Mio. pro Jahr)
! Alters-<br>
|- style="text-align:center;"
| 1950
| 2,
| 1,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 1960
| 3,
| 1,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 1970
| 3,
| 2,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 1980
| 4,
| 1,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 1990
| 5,
| 1,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 2000
| 6,
| 1,
|
|
|- style="text-align:center;"
| 2010
| 6,
| 1,
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|- style="text-align:center;"
| 2020
| 7,
| 0,
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|- style="text-align:center;"
| 2030{{FN|
| 8,
| 0,
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|
|- style="text-align:center;"
| 2040{{FN|
| 9,
| 0,
|
| 34,
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| 2050{{FN|
| 9,
| 0,
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|}
▲{{FNZ|2|Prognose; mittlere Wachstumsvariante}}
}}
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Beim Verlauf der Weltbevölkerung wie auch beim Verlauf der Bevölkerungszahlen einzelner Länder zeigt sich ein typischer Verlauf der Veränderung von Geburten- und Sterbeziffern und dem sich daraus ergebenden Wachstumsverlauf. Dieses Modell wird [[Demografischer Übergang]] genannt und verläuft in fünf Phasen, wie Abbildung 2 verdeutlicht:
# Phase: In der Anfangsphase ist die Geburten- wie die Sterberate hoch, die Wachstumsrate der Bevölkerung ist dabei relativ niedrig und konstant.
# Phase: Verbessern sich Ernährung, Hygiene und medizinische Versorgung, fällt zunächst die Sterberate. Die Geburtenrate ist jedoch noch ein oder zwei Generationen weiterhin konstant hoch, wodurch die Spanne zwischen Geburten- und Sterberate stark zunimmt, was wiederum insgesamt zu einer starken Zunahme der Wachstumsrate führt.
# Phase: Durch die Verbesserung der Lebensweise und Änderung der Lebensgewohnheiten fallen schließlich die Geburtenraten, wie dies typischerweise in Industriegesellschaften der Fall ist. Dadurch wird die Spanne wieder kleiner, und das Bevölkerungswachstum verlangsamt sich.
# Phase: Die Sterberate hat ein konstant niedriges Niveau erreicht und lässt sich kaum noch senken. Währenddessen sinkt die Geburtenrate weiter, was zu einem weiteren Sinken der Wachstumsrate führt.
# Phase: Geburten- und Sterberate haben sich auf einem konstant niedrigen Niveau eingependelt, die Wachstumsrate ist wieder so konstant wie in Phase 1.
Des Weiteren kann es zu der Entwicklung kommen, dass die Geburtenrate niedriger als die Sterberate ist, wodurch es unter Umständen zu einer negativen Zuwachsrate kommen kann, d. h. die Bevölkerung nähme insgesamt ab.
Ein ''Sinken der Wachstumsrate'' bedeutet ''nicht'', dass die Einwohnerzahl abnimmt, sondern nur, dass sie ''weniger stark zunimmt''.
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[[Datei:World population.PNG|mini|350px|Abb. 4: Übersicht über die Staaten der Welt und ihre Bevölkerungszahlen]]
[[Datei:Weltarmut.png|mini|350px|Abb. 5: zum Vergleich, die ärmsten Staaten der Welt]]
Das Bevölkerungswachstum in der Welt weist bedeutende Unterschiede auf (vgl. Abbildung 3). Insbesondere muss man unterscheiden zwischen den [[Entwicklungsland|Entwicklungs-]] und den [[Industrieland|Industrieländern]]. Die folgenden Tabellen 2 und 3 zeigen die Zahlenwerte der zehn einwohnerstärksten Entwicklungs- bzw. Schwellenländer und der vier einwohnerstärksten Industrieländer. Die absoluten Zuwachszahlen der Entwicklungsländer pro Jahr sind hoch, sind allerdings rückläufig. Vergleicht man die Abbildungen 3 und 5 miteinander, erkennt man, dass die ärmsten Staaten der Welt auch die höchsten Wachstumsraten haben ([[demografisch-ökonomisches Paradoxon]]). Dies betrifft in erster Linie [[Afrika]] südlich der [[Sahara]], [[Pakistan]], [[Bangladesch]], [[Indonesien]] und die [[Philippinen]]. Die vier letztgenannten gehören gleichzeitig schon heute zu den zehn einwohnerstärksten Ländern der Welt, wie Tabelle 2 zeigt. [[Volksrepublik China|China]] bildet als bevölkerungsreichstes Land der Erde aufgrund seiner [[Ein-Kind-Politik]] einen Sonderfall. Die Wachstumsrate liegt deswegen für ein Entwicklungsland relativ niedrig, das absolute Wachstum beträgt jedoch immer noch knapp sieben Millionen pro Jahr.
{| class="wikitable sortable"
|+Tab. 2: Bevölkerungszahlen der 10 größten Entwicklungs- und Schwellenländer{{FN|*}} (Stand: 2014)<ref name="Weltbevoelkerung">{{cite web | url = http://www.weltbevoelkerung.de/uploads/tx_aedswpublication/Datenreport_2014_Stiftung_Weltbevoelkerung.pdf | author = | title = Datenreport 2014 | accessdate = 2014-10-17 | date = 2014-08-01 | publisher = Stiftung Weltbevölkerung | archiveurl = https://web.archive.org/web/20141022023002/http://www.weltbevoelkerung.de/uploads/tx_aedswpublication/Datenreport_2014_Stiftung_Weltbevoelkerung.pdf | archivedate = 2014-10-22 | offline = yes | archivebot = 2023-03-20 18:15:51 InternetArchiveBot }}</ref>
|- bgcolor="#b0c4de"
! Staat<br /><small>(Name)</small>
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{{Siehe auch|Urbanisierung}}
[[Datei:Centro SP2.jpg|mini|Abb. 6: Bebauung von [[São Paulo]], [[Brasilien]]]]
Die Weltbevölkerung wächst vorwiegend in den Städten der Entwicklungsländer. 1975 lebten etwa 37
Ein Merkmal ist dabei das Entstehen von [[Megastadt|Megastädten]] mit mehr als zehn Millionen Einwohnern. Waren es im Jahr 1975 nur fünf an der Zahl, waren es im Jahr 2014 bereits 28 und werden es im Jahr 2030 voraussichtlich 41 sein, davon die überwiegende Mehrzahl in Asien und Lateinamerika. Insgesamt wächst die städtische Bevölkerung derzeit um etwa 60 Millionen jährlich.<ref name=":0">[http://esa.un.org/unpd/wup/Publications/Files/WUP2014-Highlights.pdf World Urbanisation Prospects 2014 Revision] (PDF; 5,13 MB; englisch)</ref>
Nachfolgende Tabelle 4 zeigt die Einwohnerentwicklung heutiger Megastädte zwischen 1955 und 2005. Besonders extrem ist dabei die Entwicklung von Städten in Schwellen- und Entwicklungsländern wie [[São Paulo]] ([[Brasilien]]), [[Mumbai]], [[Delhi]] und [[
[[Datei:Metropolregionen.png|mini|350px|Abb. 7: Verteilung der Megastädte in der Welt]]
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== Siehe auch ==
* [[Liste der Länder nach Geburtenrate]]
* [[Liste der Länder nach Todesrate]]
* [[Liste von Staaten und Territorien nach Bevölkerungsentwicklung]]
* [[Liste der Länder nach Bevölkerungswachstumsrate]]
== Literatur ==
* ''Jahrbuch 2004 – Zahlen, Daten, Analysen.'' Spiegel, Hamburg 2004, ISBN 3-423-32004-4.
* Bundeszentrale für politische Bildung (BpB): ''[http://www.bpb.de/files/MUEY95.pdf Soziale Probleme – Bevölkerungswachstum.]'' (PDF;
* Stiftung Weltbevölkerung: ''[https://www.dsw.org/wp-content/uploads/2018/08/DSW-Datenreport-2018_final.pdf Datenreport 2014 – Soziale und demografische Daten weltweit]'' (PDF; 0,60 MB).
* Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): ''[http://www.emerging-megacities.org/ Förderschwerpunkt Forschung für die nachhaltige Entwicklung der Megastädte von morgen.]''
* [[Bernd Herrmann (Anthropologe)|Bernd Herrmann]], [[Rolf Sprandel]] (Hrsg.): ''Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter.'' Weinheim an der Bergstraße 1987.
* Claus D. Kernig: ''Und mehret euch? Deutschland und die Weltbevölkerung im 21. Jahrhundert.'' Dietz, Bonn 2006, ISBN 3-8012-0361-1.
* Bettina Rainer: ''Bevölkerungswachstum als globale Katastrophe.'' Westfälisches Dampfboot, Münster 2005, ISBN 3-89691-582-7.
* Rainer Münz, Albert F. Reiterer: ''Wie schnell wächst die Zahl der Menschen? Weltbevölkerung und weltweite Migration.'' Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-17271-9.
* [[Danny Dorling]]: ''Population 10 Billion: The Coming Demographic Crisis and How to Survive It.'' Constable, London 2013.
* [[Stephen Emmott]]: ''Ten Billion.'' Penguin, New York 2013, ISBN 978-0-
== Weblinks ==
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