„Jungsteinzeit“ – Versionsunterschied
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[[Datei:24. 7. 1985, an diesem Tag wurde das Fränkische Schweiz Museum eröffnet. 18.jpg|mini|Präsentation zum Thema Jungsteinzeit im [[Fränkische Schweiz-Museum
Die '''Jungsteinzeit''' oder '''Neusteinzeit''', [[Fachsprache|fachsprachlich]] '''Neolithikum''' (aus [[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] {{lang|grx|νέος}} ''{{lang|grc-Latn|neos}}'' ,neu, jung‘ und {{lang|grc|λίθος}} ''{{lang|grc-Latn|lithos}}'' ,Stein‘), ist eine [[Zeitalter|Epoche]] der [[Menschheitsgeschichte]], die als (erstmaliger) Übergang von [[Jäger und Sammler|Jäger- und Sammlerkulturen]] zu Hirten- und Bauernkulturen definiert wird. Das entscheidende Kriterium für den Beginn des Neolithikums ist der Nachweis [[Domestizierung|domestizierter]] [[Nutzpflanze|Nutzpflanzen]].▼
▲Die '''Jungsteinzeit''' oder '''Neusteinzeit''', [[Fachsprache|fachsprachlich]] '''Neolithikum''' (aus [[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] {{lang|grx|νέος}} ''{{lang|grc-Latn|
Abweichend dazu wurde und wird das Neolithikum im Einflussbereich der ehemaligen [[Sowjetunion]] durch die Gegenwart von Keramik und die Abwesenheit von Metallen definiert, was insbesondere bei Zitaten (z. B. aus David W. Anthony, der dieser Praxis für die osteuropäischen Gebiete folgt) zu erheblichen Missverständnissen führen kann, da eine solche Definition im internationalen Sprachgebrauch sowohl [[Mittelsteinzeit|Mesolithikum]] als auch ''keramisches Neolithikum'' bedeuten kann.<ref>David W. Anthony (2007): ''The horse, the wheel, and language.'' ISBN 978-0-691-05887-0, S. 126.</ref>▼
▲Abweichend dazu wurde und wird das Neolithikum im Einflussbereich der ehemaligen [[Sowjetunion]] durch die Gegenwart von Keramik und die Abwesenheit von Metallen definiert, was insbesondere bei Zitaten (
Nach derzeitigem Kenntnisstand begann das Neolithikum zuerst um 9500 v. Chr. im [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmond]] [[Vorderasien]]s (vor allem an den Südrändern des [[Zāgros-Gebirge|Zāgros-]] und [[Taurusgebirge]]s). Das Beginndatum wird allerdings grundsätzlich auf die betrachtete Region bezogen, sodass die Jungsteinzeit etwa in [[Mitteleuropa|Mittel-]]<ref name="Parzinger">[[Hermann Parzinger]]: ''Die Kinder des Prometheus. Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift.'' C. H. Beck Verlag, München 2015, ISBN 978-3-406-66657-5, S. 113–122: „1 Spezialisierte Wildbeuter der Levante nach dem Ende der Eiszeit“, „2 Erste Schritte zu bäuerlichem Leben im Fruchtbaren Halbmond“, „Die ältere vorkeramische Periode A (PPN A)“; S. 232–235: „3 Die Anfänge bäuerlichen Lebens in Mitteleuropa“.</ref> und [[Nordwesteuropa]] erst zwischen 5800 und 4000 v. Chr.<ref>Nadja Podbregar: ''Großbritannien: Migranten schon in der Jungsteinzeit.'' Artikel in Wissenschaft.de vom 16. April 2019, [https://www.wissenschaft.de/geschichte-archaeologie/grossbritannien-erste-bauern-kamen-vom-kontinent/ Online-Version], abgerufen am 6. Dezember 2019.</ref> begann. In mindestens zwei anderen Gebieten der Erde kam es unabhängig von Vorderasien zu einer [[Analogie (Humanwissenschaften)|analogen Entwicklung]].▼
▲Nach derzeitigem Kenntnisstand begann das Neolithikum zuerst um 9500 v. Chr. im [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmond]] [[Vorderasien]]s (vor allem an den Südrändern des [[
Der Übergang zur neolithischen [[Landwirtschaft]] (fachsprachlich [[Neolithische Revolution]] oder [[Neolithisierung]]) vollzog sich weltweit in geeigneten Regionen ''(siehe: [[Ökumene (Geographie)|Ökumene]])'' je nach den vorherrschenden [[klima]]tischen und [[Ökologie|ökologischen]] Bedingungen unterschiedlich. Die bereits im [[Proto-Neolithikum]] vollzogene [[Sesshaftigkeit]] der Wildbeuter wurde durch den [[Pflanzenbau]] gegen Nahrungsengpässe gesichert. Während sich bei den [[Landwirt|Bauern]] immer größere, ortsfeste Dorfgemeinschaften bildeten, blieb die Lebensweise der [[Pastoralismus|pastoralen]] [[Hirte|Viehhirten]] vorerst [[Nomaden|nomadisch]] oder [[Halbnomadismus|halbnomadisch]]. Insbesondere der [[Traditionelle Wirtschaftsform#Traditioneller Feldbau (Pflanzbau) und Gartenbau|Feldbau]] schuf die Grundlage zu einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Nahrungsproduktion und Vorratshaltung führten zu einer größeren Unabhängigkeit von unkontrollierbaren Bestandsschwankungen der [[Wildtier]]e und [[Wildpflanze|-pflanzen]]. Dies führte zu einem stark steigenden [[Bevölkerungswachstum]] in den neolithisierten Regionen.▼
▲Der Übergang zur neolithischen [[Landwirtschaft]] (fachsprachlich ''[[Neolithische Revolution]]'' oder
Das Ende der Jungsteinzeit wird in der [[Alte Welt|Alten Welt]] als Übergang zu den [[Metallzeit|Epochen der frühen Metallverarbeitung]] definiert. So wird die [[Kupfersteinzeit]] in Europa und Vorderasien noch als letzte Epoche der [[Steinzeit]] betrachtet, während die anschließende [[Bronzezeit]] die Jungsteinzeit je nach Region zwischen 3300 und 1800 v. Chr. ablöste. In [[Afrika]] folgte auf die Jungsteinzeit direkt die [[Eisenzeit]]. Im [[präkolumbisch]]en [[Amerika]] entwickelten sich unabhängig von [[Eurasien|eurasischen]] Verhältnissen diverse metallverarbeitende Kulturen, allerdings wurden Steinwerkzeuge auch in den metallurgisch fortschrittlichen Gesellschaften des andinen Raums im Alltag nie völlig durch [[Bronze]] ersetzt.<ref>Terence N. D’Altroy: ''The Incas. Second Edition.'' Blackwell, Malden 2015, ISBN 978-1-4443-3115-8, S. 318 f.</ref> In [[Australien und Ozeanien]] gab es hingegen vor der Kolonisierung durch Europäer keine Metallverarbeitung.
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== Definition ==
[[Datei:Jungsteinzeit-Sichel.jpg|mini|Rekonstruktion einer jungsteinzeitlichen Sichel aus Holz mit eingeklebten Feuersteinklingen]]
Der britische [[Anthropologie|Anthropologe]] [[John Lubbock, 1. Baron Avebury|Sir John Lubbock]] teilte in seinem 1865 erschienenen Werk ''Prehistoric Times'' die Steinzeit in die „Periode des [[Feuerstein|geschlagenen Steins]]“ (''Old Stone Age'' ,[[Altsteinzeit]]‘) sowie die „Periode des [[Steinbeil (Steinzeit)|geschliffenen Steins]]“, die er ''New Stone Age'' ,Jungsteinzeit‘ nannte.<ref>John Lubbock: ''Prehistoric Times, as Illustrated by Ancient Remains and the Manners and Customs of Modern Savages.'' Williams and Norgate, London 1865 (deutsche Ausgabe: ''Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden.'' Costenoble, Jena 1874, 2 Bände).</ref> Heute wird der Beginn der Jungsteinzeit mit dem Übergang von der aneignenden ([[Jagd]], [[Sammelwirtschaft]], [[Fischerei]]) zur produzierenden [[Wirtschaft#Wirtschaftsformen|Wirtschaftsweise]] ([[Feldwirtschaft]], [[Gartenbau]], [[Viehwirtschaft]]) in Verbindung gebracht. Der damit verbundene [[Kulturwandel]] brachte einige weitere Merkmale mit sich, die heute auch als „Neolithisches Bündel“ ({{enS|Neolithic package}}) bezeichnet werden:▼
▲Der britische [[Anthropologie|Anthropologe]] [[John Lubbock, 1. Baron Avebury|Sir John Lubbock]] teilte in seinem 1865 erschienenen Werk ''Prehistoric Times'' die Steinzeit in die „Periode des [[Feuerstein|geschlagenen Steins]]“ (''Old Stone Age'' ,[[Altsteinzeit]]‘) sowie die „Periode des [[Steinbeil (Steinzeit)|geschliffenen Steins]]“, die er ''New Stone Age'' ,Jungsteinzeit‘ nannte.<ref>John Lubbock: ''Prehistoric Times, as Illustrated by Ancient Remains and the Manners and Customs of Modern Savages.'' Williams and Norgate, London 1865 (deutsche Ausgabe: ''Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden.'' Costenoble, Jena 1874, 2 Bände).</ref> Heute wird der Beginn der Jungsteinzeit mit dem Übergang von der aneignenden ([[Jagd]], [[Sammelwirtschaft]], [[Fischerei]]) zur produzierenden [[Wirtschaft#Wirtschaftsformen|Wirtschaftsweise]] ([[Feldwirtschaft]], [[Gartenbau]], [[Tierproduktion|Viehwirtschaft]]) in Verbindung gebracht. Der damit verbundene [[Kultureller Wandel|Kulturwandel]] brachte einige weitere Merkmale mit sich, die heute auch als „Neolithisches Bündel“ ({{enS|Neolithic package}}) bezeichnet werden:
* [[Sesshaftigkeit]] der Bauern ([[Nomadismus]] bleibt bei den auf Viehhaltung basierender Kulturen bestehen. Etliche Mischformen wie etwa bei der [[Transhumanz]])▼
▲* [[Sesshaftigkeit]] der Bauern ([[Nomadismus]] bleibt bei den auf Viehhaltung
* [[Domestizierung]] von Tieren und Pflanzen
* Verbreitung geschliffener [[Steingerät]]e ([[Steinbeil (Steinzeit)|Steinbeile]], [[Dechsel]])
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== Zeitliche Einteilung der neolithischen Kulturen Vorderasiens und Europas ==
[[Datei:Neolithikum Ausbreitung.png|mini|
[[Datei:European-middle-neolithic-en.svg|mini|
* [[12. Jahrtausend v. Chr.|12.000]] bis [[10. Jahrtausend v. Chr.|9500 v. Chr.]]: ''[[Proto-Neolithikum]]'' (Kulturen: [[Natufien]], [[Harifien]], [[Sultanien]] und [[Khiamien]])
: Einige Jäger-, Sammler- und Fischerkulturen, die in der [[Levante]] und am mittleren [[Euphrat]] existierten, waren aufgrund des fruchtbaren Klimas und eines entsprechend großen Nahrungsangebotes im [[Alleröd-Interstadial]] bereits im [[Epipaläolithikum]] weitgehend sesshaft. Ab etwa 10.700 v. Chr. kam es mit der [[Jüngere Dryaszeit|jüngeren Dryaszeit]] zu einem scharfen Kälterückfall, der immer häufiger zu saisonalen Nahrungsengpässen führte. Um ihre sesshafte Lebensweise nicht wieder aufgeben zu müssen,
: ''Wichtige [[Fundort]]e:'' [[
* 9500 bis [[9. Jahrtausend v. Chr.|8200 v. Chr.]]: ''[[Präkeramisches Neolithikum A]]'' (''Pre-Pottery Neolithic A'', PPNA), ältere Phase des [[Präkeramisches Neolithikum|Akeramikums]]
:
: ''Wichtige Fundorte:'' Mureybet I B, II, III, [[Tell es-Sultan]] (Jericho), [[Göbekli Tepe]] III
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* 8200 bis [[7. Jahrtausend v. Chr.|6800/6500 v. Chr.]]: ''[[Präkeramisches Neolithikum B]]'' (''Pre-Pottery Neolithic B'', PPNB)
: Die Häuser waren rechteckig oder quadratisch. Die Domestikation von Tieren ist festgestellt, eine Ausbreitung nach Westen fand statt, mit Floß und [[Einbaum]] auch übers Meer (Zypern). Meist [[Weiblichkeit|
: ''Wichtige Fundorte:'' [[Nevalı Çori
* 6500 bis [[6. Jahrtausend v. Chr.|5500 v. Chr.]]: ''Keramisches Neolithikum im Vorderen Orient'' (''Pottery Neolithic'', PN), genannt auch ''Jüngeres Neolithikum'', ab etwa 6200 v. Chr. auch im östlichen Mittelmeergebiet
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:* ''klassische Phase''
: Die Grabungen in Jericho und Mureybet wurden von [[
* 5500 bis [[3. Jahrtausend v. Chr.|2200 v. Chr.]]: ''Neolithikum in Mitteleuropa''
: Die Unterstufen [[Frühneolithikum]], [[Mittelneolithikum]], [[Jungneolithikum]], [[Spätneolithikum]], [[Endneolithikum]] sind in einzelnen Regionen unterschiedlich definiert. Im südlichen Mitteleuropa werden die Stufen Jung-, Spät- und Endneolithikum synonym auch als [[Kupfersteinzeit]] (''kurz auch genannt:'' Kupferzeit) bezeichnet. In einigen Regionen (zum Beispiel Mähren, Ungarn, Italien) wird das Neolithikum enger gefasst und die Kupferzeit als „Äneolithikum“ oder „Chalkolithikum“ bezeichnet.
: Es handelte sich um eine Phase bäuerlicher Kulturen: Metall spielte noch keine große wirtschaftliche Rolle.
* 5500 bis [[4. Jahrtausend v. Chr.|3300 v. Chr.]]: ''[[Kupfersteinzeit]]'' (auch genannt: ''Kupferzeit'', ''Chalkolithikum'' oder ''Äneolithikum'') im Vorderen Orient
: Hier liegt der Beginn der [[Archäometallurgie|Metallverarbeitung]] im Schmelzverfahren. Nun bildeten sich auch gesellschaftliche Oberschichten, Fernhandel und stärker befestigte Siedlungen heraus.
* [[5. Jahrtausend v. Chr.|4500/4000]]–2200 v. Chr.: ''Kupfersteinzeit in Mitteleuropa''
: Im südlichen Mitteleuropa wird zwischen [[Jungneolithikum]], [[Spätneolithikum]] und [[Endneolithikum]] unterschieden.
: Früheste Kupferverarbeitung in Mitteleuropa fand statt ([[Jordansmühler Kultur]], [[Lengyel-Kultur]]). Nachgewiesen ist eigener Erzabbau und Verhüttung ([[
▲[[Datei:European-middle-neolithic-en.svg|mini|upright=1.5|Karte der europäischen Jungsteinzeit,<br />um [[5. Jahrtausend v. Chr.|4500–4000 v. Chr.]]]]
== Neolithische Revolution ==
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=== Entstehung der Landwirtschaft ===
[[Datei:HMB Essen und Kochgerät Jungsteinzeit.jpg|mini|Jungsteinzeitliche Essensreste und Geschirr (Schweiz): Mahlsteine, verkohltes Brot, verkohlte Getreidekörner und Äpfelchen, Kochtopf aus Ton, Trinkgefäße aus Hirschgeweih und Holz]]
Die Entstehung der Landwirtschaft beginnt zwischen 12.000 und 9500 v. Chr. am Ende der [[Letzte Kaltzeit|letzten Eiszeit]], was gleichzeitig der Beginn der jetzigen Zwischeneiszeit – des [[Holozän]]s – war. Die genauen Ursachen waren lange Zeit strittig, es konkurrierten zwei gegensätzliche Hypothesen miteinander. [[Gustav Stratil-Sauer]] formulierte 1952 erstmals die ''Überflusshypothese''. Demnach sei der Getreideanbau bei bereits relativ sesshaften und reich mit Nahrungsmitteln versorgten ''[[Traditionelle Wirtschaftsform#Spezialisierte Wildbeuter (Jagen, Fischen und Sammeln)|spezialisierten Jägern und Sammlern]]'' als „Spiel mit den Möglichkeiten“ der Vorratshaltung entstanden. Diese Experimente hätten dann einen unumkehrbaren [[Sozialer Wandel|kulturellen Wandel]] zur bäuerlichen Lebensweise ausgelöst.<ref name="Benz" /> Der Zoologe [[Josef H. Reichholf]]<ref>In: Josef H. Reichholf: ''Warum die Menschen sesshaft wurden.'' 2. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-10-062943-2.</ref> – der sich nach wie vor auf die Überflusshypothese stützt – behauptet, dass ein durch Überjagung entstandener Mangel archäologisch nicht nachweisbar sei. Vielmehr sei über mehrere Jahrtausende Getreide als Grundlage alkoholischer Getränke (vor allem [[Bier]]) genutzt worden, noch vor der eigentlichen Nutzung für die Herstellung von Brot.<ref group="Anm.">[[Hypothese|Hypothetisch]] lässt sich die Entwicklung zum Brot über einen Getreidebrei rekonstruieren. War die frühe Getreidenahrung ein [[Brei]], so entsteht aus diesem ein [[Fladenbrot|Fladen]], wenn er auf einem heißen Stein oder in der Asche eines Feuers getrocknet oder aufgebracht wurde. Gibt man einem derartigen Getreidebrei oder -[[teig]] die Möglichkeit, an einem warmen Ort zu [[Sauerteig#Biologie und Chemie des Sauerteigs|gären]], kommt es zur Lockerung der Teigstruktur, die dann, in einem geschlossenen Raum unter Feuerhitze gebacken, Brot entstehen lässt.</ref> Seinen einheitlichen Ursprung habe dies bei den [[Ural-altaische Sprachen|ural-altaischen]] Völkern Zentralasiens.
Von den meisten Fachleuten akzeptiert ist heute die ''Mangelhypothese'', die die Ursache für den arbeits- und zeitintensiven Pflanzenanbau in einer notgedrungenen Entwicklung während einer drastischen Abkühlung des Klimas sieht: Demnach waren im milden ''[[Alleröd-Interstadial]]'' aufgrund des ganzjährig hervorragenden Nahrungsangebotes an Wildtieren und -pflanzen einige Menschengruppen sesshaft geworden. Die nachweisliche Überjagung der Gazellenbestände wurde durch die Verwendung von Wildgetreide kompensiert. Mit Beginn der [[Jüngere Dryaszeit|jüngeren Dryas-Kaltzeit]] verschlechterten sich die Nahrungsgrundlagen dramatisch,
* dem [[Naher Osten|Nahen Osten]] – früheste Entstehung
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==== Naher Osten ====
[[Datei:Fertile Crescent 7500 BC DAN.PNG|mini|[[Fruchtbarer Halbmond]] um 7500 v. Chr.]]▼
[[Archäologischer Fund|Funde]] aus Ohalo II. am [[See Genezareth]] im heutigen Israel zeigen, dass bereits vor 20.000 bis 22.000 Jahren [[Jäger und Sammler]] große Mengen unterschiedlichster Gräser – unter anderem wilden Weizen und wilde Gerste – als Nahrung nutzten. Darunter waren auch sehr kleinsamige Gräser, die vermutlich mit Schwingkörben geerntet wurden. Der Übergang zur Landwirtschaft war – zumindest in der Levante – weniger eine „freiwillige“ Entwicklung als vielmehr eine aus der Veränderung der Umwelt resultierende Notwendigkeit zur Sicherung des Überlebens. Die bestehende Großtierfauna (insbesondere die Gazelle) wurde überjagt und verringerte sich durch die Abkühlung des Klimas, weshalb in der Region zwischen oberem [[Euphrat]] und Mittelmeer vermehrt Wildgetreide genutzt wurde. Dies belegen Funde von [[Mahlstein|Reibesteinen]] (Handmühlen) aus dieser Zeit. Die bislang ältesten Spuren von ''möglicherweise'' domestiziertem Getreide (in diesem Fall Roggen) fand man in [[Tell Abu Hureyra]] am syrischen Euphrat; sie werden auf ein Alter von 13.000 Jahren geschätzt. Bislang gilt der rund 11.600 Jahre alte Fund domestizierten Getreides aus der Siedlung [[Sultanien|Iraq ed-Dubb]] als ältester sicher datierter Nachweis – und als Beginn der Jungsteinzeit.
▲[[Datei:Fertile Crescent 7500 BC DAN.PNG|mini|[[Fruchtbarer Halbmond]] um 7500 v. Chr.]]
In den trockeneren Gebieten von [[Judäa]] und im [[Sinai-Halbinsel|Sinai]] ging man nach dem Verschwinden der Gazellen dazu über, Wildziegen und Wildschafe in Herden zu halten. Eine Domestikation der Tiere lässt sich für [[Beidha]] bereits um 11.000 v. Chr. annehmen und ab 8300 v. Chr. belegen, da zu diesem Zeitpunkt [[Ziegenartige|Caproviden]] und [[Hornträger|Boviden]], aber auch Cervinalen (Damtiere) mit den Menschen nach Zypern gelangten. Sie muss daher weitaus früher erfolgt sein. Anfangs wurden Schafe und Ziegen ausschließlich als Fleisch- und Felllieferanten gehalten; um 7500 v. Chr. lässt sich die Nutzung des Sekundärproduktes Milch, später auch der Wolle archäologisch belegen. Genetisch weist der Beginn des Abbaus der [[Laktoseintoleranz]], die zunächst bei allen Menschen nach dem Kleinkindalter uneingeschränkt vorlag, auf einen frühen Genuss von Tiermilch hin. Der mutationsbedingte Erbfortschritt, Milchzucker ([[Lactose]]) auch als erwachsener Mensch ohne Beschwerden verdauen zu können (Laktosetoleranz), wurde vor ca. 4800 bis 6600 bei nomadischen Viehzüchtern im Ural gemacht.<ref>{{Internetquelle |autor=Eva Hörschgen |url=https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/milch-machte-zuerst-muede-nomaden-munter/ |titel=Milch machte zuerst müde Nomaden munter |werk=Bild der Wissenschaft |datum=2004-11-09 |sprache=de-DE |abruf=2023-03-08}}</ref> Unabhängig davon traten ähnliche Mutationen in Ostafrika ([[Massai]]) und im arabischen Bereich auf.<ref>{{Literatur |Autor=Fritz Höffeler |Titel=Geschichte und Evolution der Lactose(in)toleranz. Das Erbe der frühen Viehzüchter |Sammelwerk=Biologie in unserer Zeit |Band=39 |Nummer=6 |Verlag=Wiley-Verlag |Ort=Weinheim |Datum=2009-12 |DOI=10.1002/biuz.200910405 |Seiten=378–387 |Online=https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biuz.200910405 |Abruf=2023-03-08}}</ref> Der Einsatz von Rindern als Zugtier vor dem Pflug ermöglichte schließlich den Übergang vom jungsteinzeitlichen [[Hackbau]] zu einer höheren Ackerbaukultur. Siehe dazu auch die [[Transport in der Vor- und Frühgeschichte|Geschichte des Transportwesens im Altertum]].
==== China ====
{{Siehe auch|Liste neolithischer Kulturen in China|titel1=Neolithische Kulturen in China}}
Im Seengebiet am Mittellauf des [[Jangtsekiang]] wurde in etwa zur gleichen Zeit wie in der Levante dazu übergegangen, den bisher nur gesammelten wilden [[Reis]] nach und nach zu kultivieren. Weiter flussabwärts wird in einem Gebiet mit damals feuchtwarmem, subtropischem Klima von der chinesischen Forschung das Zentrum der Nassreis-Kultivierung gesehen. Im deutlich kühleren und trockeneren Norden Chinas, nördlich und südlich des [[Gelber Fluss|Gelben Flusses]], wurde einige Jahrtausende später (wahrscheinlich zwischen 5500 und 5300 v. Chr.) erstmals Hirse, vermutlich [[Kolbenhirse]], angebaut. Zur Fleischgewinnung wurden in China Schweine, Hunde und [[Bankivahuhn|Bankivahühner]] domestiziert. Wo der [[Wasserbüffel]] domestiziert wurde, ist unklar, vermutlich aber ebenfalls in Südchina um 4000 v. Chr. Wie der Auerochse im Nahen Osten sollte auch er insbesondere als Zugtier Bedeutung erlangen.
==== Mesoamerika ====
[[Datei:GEM corn.jpg|mini|Mais gehört zu den ältesten Kulturpflanzen Amerikas]]
Der Beginn der Landwirtschaft in [[Mesoamerika]] hatte (anders als in der Levante und in China) zuerst technologische Gründe. So züchteten die Bewohner des [[Oaxaca]]tals im Süden Mexikos bereits um 8000 v. Chr. [[Gartenkürbis]]se, um darin Wasser von den Flussläufen zu ihren bewohnten Höhlen in den Bergen zu transportieren. Ihre Nahrung beschafften sie sich dagegen weiterhin als Jäger und Sammler. Erst um 5100 v. Chr. begann im nahegelegenen [[Río Grijalva|Grijalvadelta]] die Kultivierung einer als Nahrungsmittel bestimmten Nutzpflanze: der [[Zea|Teosinte]], einer Wildform des [[Mais]]es. Knapp tausend Jahre später, 4200 v. Chr., wurde die kultivierte Teosinte auch im Oaxacatal angebaut. Im Laufe der Zeit kamen [[Paprika]], [[Sonnenblumen (Gattung)|Sonnenblumen]] und [[Gartenbohne]]n hinzu. Da es in der mittelamerikanischen Fauna an Wildtieren fehlte, die eine biologische Disposition zur Domestikation hatten, wurden außer Hund und [[Truthuhn|Truthahn]] keine Tiere als Fleischlieferanten oder Arbeitstiere domestiziert.
=== Verbreitung der Landwirtschaft ===
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==== Naher Osten und Mittelmeerraum ====
[[Datei:Europe agricultural revolution.gif|mini|
Die Ackerbauern der [[Levante]] hatten sich um [[8. Jahrtausend v. Chr.|8000 v. Chr.]] etwa im Gebiet des südlichen Kleinasien (inklusive Zypern) bis zur [[Persischer Golf|persischen Golfküste]] ausgebreitet. Es begann eine konzentrische Expansion der Landwirtschaft, und zwar vermutlich durch [[Migration (Soziologie)|Migration]] der Bauern mit den von ihnen domestizierten Pflanzen und Tieren aus der Levante, sowie dem Wissen um deren Pflege, Aufzucht und Vermehrung im „Gepäck“.▼
▲Die Ackerbauern der [[Levante]] hatten sich um [[8. Jahrtausend v. Chr.|8000 v. Chr.]] etwa im Gebiet des südlichen Kleinasien (inklusive Zypern) bis zur [[Persischer Golf|persischen Golfküste]] ausgebreitet. Es begann eine konzentrische Expansion der Landwirtschaft, und zwar vermutlich durch [[
So zeigen Vergleiche der [[Mitochondriale DNA|mitochondrialen DNA]] (mtDNA), dass die frühen indischen Bauern näher mit den Bauern der Levante verwandt waren als mit den Jägern und Sammlern in ihrer Nachbarschaft. Ähnliches gilt für Europa, welches die Ackerbauern vor etwa 9000 Jahren über die noch existierende Landbrücke am [[Bosporus]] erstmals erreichten. Von Südosteuropa verbreiteten sie sich zunächst entlang der Mittelmeerküste sowie entlang der großen Flussläufe nach Ost- und Mitteleuropa. Insofern kam die Landwirtschaft über zwei Routen auch nach Europa durch Migration: über die Ägäis auf den Balkan und entlang der nördlichen Mittelmeerküste auf die iberische Halbinsel. So berichtet der physische Anthropologe [[Joachim Burger]] von der [[Universität Mainz]] und seine internationale Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift „[[Proceedings of the National Academy of Sciences]]“ von einer genetischen Untersuchung, die diese These stützt. Sie verglichen das Genmaterial von Skeletten aus dem ägäischen Raum mit denen neolithischer Bauern aus Mitteleuropa und fanden dabei aussagekräftige Übereinstimmungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Florian Stark |url=https://www.welt.de/geschichte/article156050546/Die-Balkanroute-brachte-die-Zivilisation-nach-Europa.html |titel=Die Balkanroute brachte die Zivilisation nach Europa |werk=welt.de |hrsg= |datum= |abruf=2019-12-01}}</ref>▼
▲So zeigen Vergleiche der [[Mitochondriale DNA|mitochondrialen DNA]] (mtDNA), dass die frühen indischen Bauern näher mit den Bauern der Levante verwandt waren als mit den Jägern und Sammlern in ihrer Nachbarschaft. Ähnliches gilt für Europa, welches die Ackerbauern vor etwa 9000 Jahren über die noch existierende Landbrücke am [[Bosporus]] erstmals erreichten. Von Südosteuropa verbreiteten sie sich zunächst entlang der Mittelmeerküste sowie entlang der großen Flussläufe nach Ost- und Mitteleuropa. Insofern kam die Landwirtschaft über zwei Routen auch nach Europa durch Migration: über die Ägäis auf den Balkan und entlang der nördlichen Mittelmeerküste auf die iberische Halbinsel.
So berichtet der physische Anthropologe [[Joachim Burger]] von der [[Johannes Gutenberg-Universität Mainz|Universität Mainz]] und seine internationale Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift „[[Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America|Proceedings of the National Academy of Sciences]]“ von einer genetischen Untersuchung, die diese These stützt. Sie verglichen das Genmaterial von Skeletten aus dem ägäischen Raum mit denen neolithischer Bauern aus Mitteleuropa und fanden dabei aussagekräftige Übereinstimmungen.<ref>{{Internetquelle |autor=Florian Stark |url=https://www.welt.de/geschichte/article156050546/Die-Balkanroute-brachte-die-Zivilisation-nach-Europa.html |titel=Die Balkanroute brachte die Zivilisation nach Europa |werk=welt.de |hrsg= |datum= |abruf=2019-12-01}}</ref> Auf [[Zypern]] domestizierte man Katzen und in [[Sumer]] und Ägypten Esel und fügte die [[Erdmandel]] und die [[Maulbeerfeige]] zu den Anbaupflanzen hinzu. Die Bewohner des [[Indus]]-Tals domestizierten [[Sesam]], die Osteuropäer dagegen [[Saat-Hafer|Hafer]] und die Westeuropäer [[Schlafmohn]]. Auf der arabischen Halbinsel wurde das [[Dromedar]] und in Kasachstan das [[Pferde|Pferd]] domestiziert.
==== Afrika ====
[[Datei:Fundstellen in Afrika.png|mini|
Afrika, wo sich das Neolithikum wesentlich langsamer und anders entwickelte, ist ein Sonderfall. Teilweise liegen zwischen den einzelnen Merkmalen mehrere Jahrtausende, zum Beispiel zwischen der Domestizierung des Rindes und den ersten Kulturpflanzen. Der Prozess der Neolithisierung verlief hier über mehrere tausend Jahre, so dass er als Epochengrenze „Neolithikum“ seine Gültigkeit verliert. Aus diesem Grund wird der Begriff des „Neolithikums“ im Zusammenhang mit Afrika eher vermieden, im Gegensatz zu Mitteleuropa, wo das gesamte „Bündel“ vor etwa 7500 Jahren komplett in Erscheinung trat und deswegen als [[neolithische Revolution]] bezeichnet wird.
In Afrika gab es bereits um [[5. Jahrtausend v. Chr.|4900 v. Chr.]] Hirtengemeinschaften, die zunächst mit Schafen und Ziegen, später mit Rindern weitgehend nomadisch lebten. Im Afrika südlich der Sahara traten erst Anfang des zweiten vorchristlichen Jahrtausends Kulturpflanzen in Form von [[Perlhirse]] und [[Augenbohne]] auf. Es gibt Hinweise, dass die Neolithisierung Afrikas vielfach eigene Wege gegangen ist und sich zumindest teilweise eigenständig vollzog. Die Keramik ist beispielsweise älter als im Vorderen Orient.
Inwieweit bei den domestizierten Tieren afrikanische Vorfahren beteiligt waren, ist nicht vollkommen geklärt. Nach molekularbiologischen Untersuchungen ist auch die indigene Domestikation zumindest einiger Haustiere nicht auszuschließen. Dies gilt jedoch nicht für die Ziege, die aus dem Vorderen Orient eingeführt wurde. Im südlichen Afrika können die ältesten Schafe und Ziegen nicht vor die Jahrtausendwende datiert werden. Dies und vorwiegend linguistische Argumente sind die Grundlage für die Annahme einer „[[Bantu]]-Wanderung“. Dafür fehlen bisher aber archäologische Belege. In Äthiopien wurden (möglicherweise sogar vor dem Eintreffen der vorderasiatischen Kulturpflanzen) [[Teff]] und Kaffee domestiziert.
==== Ostasien und Polynesien ====
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==== Amerika ====
Der mesoamerikanische Ackerbau breitete sich nordwärts aus, wo er jedoch in den Trockenregionen des heutigen [[Texas]] ein Hindernis fand. Womöglich fand die Domestizierung von Sonnenblumen, [[Gänsefüße]]n, [[Maygrass]] (Phalaris caroliniana) und [[Topinambur]] im Osten der heutigen Vereinigten Staaten daher unbeeinflusst statt. Der Kürbis, so bewiesen Gentests, wurde in insgesamt sechs verschiedenen Regionen domestiziert. Ebenso wurden zahlreiche andere Pflanzenarten mehrfach in unterschiedlichen Regionen kultiviert. In den peruanischen [[Anden]] und dem angrenzenden [[Amazonasbecken]] wurden daher vermutlich eigenständig [[Maniok]] und [[Kartoffel]]n domestiziert und erst später durch Mais ergänzt. Ebenso wie in Mittelamerika mangelte es in Südamerika an geeigneten großen Säugetieren zur Domestikation. Einzig das Lama wurde für den Lastentransport genutzt. Zur Fleischversorgung diente [[Charqui|Charque]], getrocknetes, in Streifen geschnittenes [[Lamas (Gattung)|Lamafleisch]], und es wurden [[Meerschweinchen]] gehalten.▼
▲[[Datei:Europe agricultural revolution.gif|mini|upright=1.5|Verbreitung des neolithischen Ackerbaus in der Zeit]]
▲Der mesoamerikanische Ackerbau breitete sich nordwärts aus, wo er jedoch in den Trockenregionen des heutigen [[Texas]] ein Hindernis fand. Womöglich fand die Domestizierung von Sonnenblumen, [[Gänsefüße]]n, [[Maygrass]] (Phalaris caroliniana) und [[Topinambur]] im Osten der heutigen Vereinigten Staaten daher unbeeinflusst statt. Der Kürbis, so bewiesen Gentests, wurde in insgesamt sechs verschiedenen Regionen domestiziert. Ebenso wurden zahlreiche andere Pflanzenarten mehrfach in unterschiedlichen Regionen kultiviert. In den peruanischen [[Anden]] und dem angrenzenden [[Amazonasbecken]] wurden daher vermutlich eigenständig [[Maniok]] und [[Kartoffel]]n domestiziert und erst später durch Mais ergänzt.
==== Sonstige ====
In einigen Regionen der Erde hielt die Landwirtschaft – und damit die Jungsteinzeit – nie (
== Technologie und Entwicklung ==
[[Datei:D-BW-Uhldingen-Mühlhofen - Pfahlbaumuseum - Haus Schussenried.jpg|mini|Rekonstruktion Steinzeithaus Schussenried ([[Pfahlbaumuseum Unteruhldingen|Pfahlbaumuseum]] [[Uhldingen-Mühlhofen|Unteruhldingen]])]]
[[Datei:Arch-Freil-Oerlinghausen-Langhaus.jpg|mini|Jungsteinzeitliches [[Langhaus (Wohngebäude)|Langhaus]] im [[Archäologisches Freilichtmuseum Oerlinghausen|Archäologischen Freilichtmuseum Oerlinghausen]]]]
Die meisten Werkzeuge aus Holz, Tierknochen oder Feuerstein waren denen aus der Alt- und Mittelsteinzeit sehr ähnlich. Neu waren Beile und Äxte, die durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt wurden. Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße. In den meisten Regionen traten diese meist zur Bevorratung gebrauchten Gefäße mit oder unmittelbar nach der Entwicklung des Ackerbaus auf, in Japan dagegen aber schon weit vorher.
Mit der beginnenden Sesshaftigkeit entwickelte sich auch der Hausbau weiter. Im Gebiet der Alpen baute man Hütten auf meterhohen Stützen ([[Pfahlbau]]ten) an den Ufergebieten der Seen – eine Bauweise, die den periodischen Überflutungen der Seeufer angepasst war. Um die Dörfer baute man hohe Zäune (Palisaden) zum Schutz vor Tieren oder Feinden. Auch im Seengebiet des [[Jangtsekiang]] und an seinem Delta wurde auf diese Weise gebaut.
Obwohl die Versorgungslage der Bauern unsicherer war als die der Jäger und Sammler, kam es überall zu einem Anstieg der Bevölkerungszahlen. Dies wird weniger mit der Ernährung, als vielmehr mit der sesshaften Lebensweise in Verbindung gebracht. Für Menschen, die ein sehr mobiles Leben führen, sind kleine Kinder eher hinderlich. Demgegenüber kann durch Milch und Getreide die Stillzeit verkürzt werden.<ref name="Benz 2" /> In den Bauernkulturen spezialisierten sich Teile der Gruppe auf bestimmte Tätigkeiten. Es bildete sich eine geistige und politische Führungsschicht (Priester, Stammesoberhäupter, Fürsten).
=== Metalle ===
Während der Jungsteinzeit wurde auch die Metallbearbeitung entwickelt ([[Archäometallurgie]]). Sie beschränkte sich aber auf gediegen (elementar) vorkommende Metalle wie Gold, Silber und Kupfer. Die ältesten Kupferfunde stammen aus Kleinasien und dem Iran und sind über 9000 Jahre alt. Aufgrund der Metallverarbeitung wird der letzte Abschnitt der Jungsteinzeit regional begrenzt als [[Kupfersteinzeit]] bezeichnet.
=== Bootsbau ===
Aus der Jungsteinzeit sind aus dem Mittelmeerraum wiederholt archäologische Funde entdeckt worden, die als Überreste von Booten interpretiert wurden.<ref>Juan F. Gibaja et al.: ''The first Neolithic boats in the Mediterranean: The settlement of La Marmotta (Anguillara Sabazia, Lazio, Italy).'' In: ''PLoS ONE.'' Band 19, Nr. 3, 2024, e0299765, [[doi:10.1371/journal.pone.0299765]].</ref>
== Bestattung ==
Im Laufe des Neolithikums variiert die Bestattungspraxis: Einzelbestattung in der Erde, auch in Häusern; Gemeinschaftsbestattung; Mehrfach- oder Einzelbestattungen in Holz- oder [[Steinkiste]]n, in Silogruben oder Höhlen; Gruppierung der Toten in gebauten Räumen oder in [[Nekropole]]n, aber auch [[Feuerbestattung]]en.
== Archäologische Kulturen ==
<!--Der Abschnitt könnte mehr Zeitmarker vertragen, die Kulturen in der Reihenfolge der wahrscheinlichen Ausbreitung-->
Innerhalb der Jungsteinzeit lassen sich (deutlicher als in der Altsteinzeit) archäologisch „typische“ Kulturen erkennen, die jeweils nach mehrhundertjähriger Dauer einander ablösten oder in eine neue Phase eintraten. Die archäologischen Funde und Fundsituationen weisen innerhalb von zeitlich und regional bestimmbaren Regionen Ähnlichkeiten auf und deuten die Grenzen der einheitlichen Kulturräume an.
Wichtige archäologische Stätten der Mittel- und Endphase der Jungsteinzeit (vor [[7. Jahrtausend v. Chr.|6500]] bis [[5. Jahrtausend v. Chr.|4800 Jahren]]) und Nachfolger der Tempel auf dem [[Göbekli Tepe]] (Anatolien vor 11.000 Jahren) sind die Megalithanlagen und Menhire in [[Carnac]] (Frankreich), in [[Skara Brae]] (Schottland), die [[Geschichte Maltas#Frühzeit|Tempel auf Malta]] sowie [[Newgrange]] und [[Knowth]] in Irland. In das [[9. Jahrtausend v. Chr.|8. Jahrtausend v. Chr.]] werden im historischen [[Chuzestan (Region)|Chusistan]] die Fundstellen [[Tschogha Misch]] und [[Tschogha Bonut]] datiert.
Der wichtigste Skelett-Fund aus der Endphase der Jungsteinzeit in Europa ist der als [[Ötzi]] bekannte „Mann vom Tisenjoch“, der vor über 5000 Jahren gelebt hatte. Seine Leiche blieb als [[Gefriertrocknung|gefriergetrocknete]] Mumie im Eis des [[Niederjochferner|Similaungletschers]] erhalten. Er hatte typische Gerätschaften der Jungsteinzeit wie Pfeil und Bogen bei sich und trug bereits ein Kupferbeil.
=== Ägäis ===
Ohne direkte Traditionslinien stehen die neolithischen Funde auf der Kykladeninsel [[Saliagos]]. Weder lassen sich Vorläufer (
=== Donauraum (''Danubischer Raum''), Südosteuropa ===
=== Mitteleuropa ===
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=== Nördliches Mitteleuropa und Nordeuropa ===
[[Datei:Megalwal138.png|mini|Chronologie des Neolithikums im nördlichen Mitteleuropa und in Skandinavien nach [[Carl Johan Becker]]]]
Im Norden breitet sich das Neolithikum erst zwischen [[5. Jahrtausend v. Chr.|4200]] und 4000 v. Chr. mit der [[Trichterbecherkultur]] aus. Sie wird in ihrer Endphase im Osten von der [[Kugelamphoren-Kultur]] überlagert. Es folgen ab [[3. Jahrtausend v. Chr.|2800 v. Chr.]] im Westen die [[Glockenbecherkultur]], im Osten die [[Schnurkeramische Kultur]]. Mit ihnen endet das Neolithikum in diesem Bereich. Die Trichterbecherkultur entwickelte Stufen, die durch den Dänen C. J. Becker definiert, jedoch inzwischen wissenschaftlich differenziert wurde (siehe Grafik).
=== China ===
* [[Peiligang-Kultur]] (5600–4900
* [[Cishan-Kultur]] (5400–5100
* [[Hemudu-Kultur]] (5200–4500
* [[Yangshao-Kultur]] (5000–2000
* [[Dawenkou-Kultur]] (4100–2600
* [[Liangzhu-Kultur]] (3400–2000
* [[Longshan-Kultur]] (3200–1850
=== Mesoamerika ===
* [[Maya
* [[Olmeken]]
* [[Zapoteken]]
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=== Ackerbau ===
Diese schrittweise Änderung der menschlichen Lebensweise aus den [[Jäger und Sammler|Jäger-und-Sammler]]-Kulturen hin zu Ackerbau und Viehzucht brachte nicht durchgängig eine vorteilhaftere Lebensweise. Mit dem Begriff des [[Ökologische Modernisierung #Gesellschaftlicher Metabolismus|Sozialmetabolismus]] wird eine Organisationsform des stofflichen und energetischen Austausches von menschlichen Gemeinschaften mit ihrer [[Umwelt]] beschrieben, wobei aus der Perspektive des Begriffs nicht so die Betrachtung der sozialen Organisationsformen im Vordergrund stehen, sondern die des Stoffwechsels.<ref>Mark Q. Sutton, Eugene N. Anderson: ''Introduction to Cultural Ecology.'' Rowman & Littlefield
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Während der Jungsteinzeit herrschten [[Emmer (Getreide)|Emmer]] (''Triticum dicoccum'')<ref>Jürgen Franssen: ''Vom Jäger zum Bauern Wirtschaftsformen im neolithischen Anatolien.'' Verlag? Ort? Datum? ([https://de.scribd.com/doc/33365/Vom-Jager-zum-Bauern-Wirtschaftsformen-im-neolithischen-Anatolien online] auf de.scribd.com).</ref> und [[Einkorn]] (''Triticum monococcum'') vor. Die aufgeführten Getreidearten können als [[Getreide#Wintergetreide|Wintergetreide]] im [[Herbst]] oder als [[Getreide#Sommergetreide|Sommergetreide]] im [[Frühjahr]] ausgesät werden. Die [[Ernte]] erfolgte dann zeitlich versetzt im Sommer. Nach Art der [[Spelze|Kornhülle]] sind Spelz- (Emmer, Einkorn, Spelzgerste, Dinkel) und Nacktgetreide (Nacktweizen) zu unterscheiden. Beim Spelzgetreide sind die das Korn umschließenden Spelzen mehr oder weniger fest mit diesem verwachsen. Beim Nacktgetreide dagegen liegen sie lose an und fallen beim [[Dreschen]] ab. Der Vorteil des Spelzgetreides liegt darin, dass es eine primitive Lagerung besser verträgt, der Nachteil ist, dass die Körner vor dem Mahlen entspelzt werden müssen; hierzu müssen sie aber völlig trocken sein.▼
▲Während der Jungsteinzeit herrschten [[Emmer (Getreide)|Emmer]] (''Triticum dicoccum'')<ref>Jürgen Franssen: ''Vom Jäger zum Bauern Wirtschaftsformen im neolithischen Anatolien.'' Verlag? Ort? Datum? ([https://de.scribd.com/doc/33365/Vom-Jager-zum-Bauern-Wirtschaftsformen-im-neolithischen-Anatolien online] auf de.scribd.com).</ref> und [[Einkorn]] (''Triticum monococcum'') vor. Die aufgeführten Getreidearten können als [[Getreide#Wintergetreide|Wintergetreide]] im [[Herbst]] oder als [[Getreide#Sommergetreide|Sommergetreide]] im [[Frühling|Frühjahr]] ausgesät werden. Die [[Ernte]] erfolgte dann zeitlich versetzt im Sommer. Nach Art der [[Spelze|Kornhülle]] sind Spelz- (Emmer, Einkorn, Spelzgerste, Dinkel) und Nacktgetreide (Nacktweizen) zu unterscheiden. Beim Spelzgetreide sind die das Korn umschließenden Spelzen mehr oder weniger fest mit diesem verwachsen. Beim Nacktgetreide dagegen liegen sie lose an und fallen beim [[Dreschen]] ab. Der Vorteil des Spelzgetreides liegt darin, dass es eine primitive Lagerung besser verträgt, der Nachteil ist, dass die Körner vor dem Mahlen entspelzt werden müssen; hierzu müssen sie aber völlig trocken sein.
Nach anfänglich starker Dynamik der sich ausbildenden neolithischen Siedlungen bildete sich dann um [[3. Jahrtausend v. Chr.|3000 v. Chr.]] ein relativ stabiles globales Muster agrarischer Gesellschaften heraus. Aus der Beschreibung der Energie- und Stoffflüsse im Modell des Sozialmetabolismus sind zwar die Grundlagen für eine erhöhte Bevölkerungsdichte neolithischer Siedlungen und Kulturen ablesbar – aufgrund der verbesserten Nahrungssituation – nicht aber deren krisenhafte Entwicklungen. Das Spektrum der Erkrankungen änderte sich, so breiteten sich etwa die [[Tuberkulose#Geschichte|Tuberkulose]], die [[Brucellose]] ([[Zoonose]]n u. a. m.) ebenso aus, wie spezifische Veränderungen am Bewegungsapparat durch einseitige und sich wiederholende körperliche Aktivitäten. Ferner kamen „urbane Probleme“ wie die der [[Hygiene]], Land- und Besitzverteilung, Vorratswirtschaft, Besitzsicherung, Wasserversorgung (z. B. mittels [[Brunnen]]) usw. hinzu.▼
▲Nach anfänglich starker Dynamik der sich ausbildenden neolithischen Siedlungen bildete sich dann um [[3. Jahrtausend v. Chr.|3000 v. Chr.]] ein relativ stabiles globales Muster agrarischer Gesellschaften heraus. Aus der Beschreibung der Energie- und Stoffflüsse im Modell des Sozialmetabolismus sind zwar die Grundlagen für eine erhöhte Bevölkerungsdichte neolithischer Siedlungen und Kulturen ablesbar – aufgrund der verbesserten Nahrungssituation – nicht aber deren krisenhafte Entwicklungen. Das Spektrum der Erkrankungen änderte sich, so breiteten sich etwa die [[Tuberkulose#Geschichte|Tuberkulose]], die [[Brucellose]] ([[Zoonose]]n
Der soziale Metabolismus von Jäger-und-Sammler-Kulturen fußte darauf, dass sie sich in bestehende Solarenergieströme einschalteten, ohne diese aber zu modifizieren oder gar kontrollieren zu wollen. Ihre Grundstrategie hatte eine Reihe von Mustern zur Folge die diese Kulturen auszeichneten. Meist sind diese menschlichen Gemeinschaften als egalitär-akephale Gruppen charakterisiert. Ein Ergebnis ihrer mobilen Lebensweise, denn der Zwang zur Mobilität erbrachte keinen evolutionären Vorteil für die Ausbildung komplexer sozialer Strukturen oder der Herstellung komplexer Artefakte.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.wbgu.de/fileadmin/templates/dateien/veroeffentlichungen/hauptgutachten/jg2011/wbgu_jg2011_Expertise_Sieferle.pdf |wayback=20131007212011 |text=Rolf Peter Sieferle: ''Lehren aus der Vergangenheit.'' Expertise für das WBGU-Hauptgutachten „Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“ Berlin 2010, online}}.</ref>▼
▲Der soziale Metabolismus von Jäger-und-Sammler-Kulturen fußte darauf, dass sie sich in bestehende Solarenergieströme einschalteten, ohne diese aber zu modifizieren oder gar kontrollieren zu wollen. Ihre Grundstrategie hatte eine Reihe von Mustern zur Folge, die diese Kulturen auszeichneten. Meist sind diese menschlichen Gemeinschaften als egalitär-akephale Gruppen charakterisiert
Im Sinne des Sozialmetabolismus führte die Viehhaltung und Erntewirtschaft zu einer Zunahme der Energie- und Stoffflüsse, die die speziellen Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen weiter evolutionieren ließen. Hierbei bediente sich das menschliche Kollektiv vor allem biologischer Energiekonvertoren (Ackerbaupflanzen wie den Emmer und Tieren wie den Ziegen), die über den Verlauf der Generationen zu den jeweiligen Zwecken genetisch modifiziert wurden und deren Lebensräume aktiv umgestaltet worden sind. Ferner übertrug man diese Strategie auf weitere zusätzliche dazu geeignete Pflanzen- und Tierarten. Diese Strategien nötigten den menschlichen Kulturen aber auch Änderungen in ihrer Sozialstruktur ab. Aus den kleinen und weitgehend [[Egalitäre Gesellschaft|egalitär]]-[[Akephalie|akephalen]] Gruppen der Jäger-und-Sammler-Kulturen wurden über tribale Gemeinschaften und Häuptlingstümer immer zahlenstärkere menschliche Gemeinschaften mit komplexen Organisationsstrukturen.▼
▲Im Sinne des Sozialmetabolismus führte die Viehhaltung und Erntewirtschaft zu einer Zunahme der Energie- und Stoffflüsse, die die speziellen Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen weiter evolutionieren ließen. Hierbei bediente sich das menschliche Kollektiv vor allem biologischer Energiekonvertoren (Ackerbaupflanzen wie
Die durch die in Eurasien in den Gebieten des [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmonds]] aufgrund der äußeren Bedingungen einsetzende [[Sesshaftigkeit|Sesshaftwerdung]] brachten sukzessive Änderungen in der [[Sozialstruktur]] der menschlichen Gemeinschaften.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.urgeschichte.uni-tuebingen.de/fileadmin/downloads/GfU/2007/055-074_GFU_Mitteilung16_mail.pdf | wayback=20110919034530 | text=Hans-Peter Uerpmann: Von Wildbeutern zu Ackerbauern – Die Neolithische Revolution der menschlichen Subsistenz. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte — 16 (2007), S. 55–74}}.</ref> Zwar nahm im Total die Gesamtmenge der zur Verfügung stehenden Nahrung zu ([[Physiologischer Brennwert]]), doch waren die annualen [[Nahrungsmittel]]produktionen starken saisonalen Schwankungen mit in der Folge zum Teil erheblichen Populationsschwankungen und Sterblichkeitsraten ausgesetzt.<ref>[[Stephen Shennan]], Sean S. Downey, Adrian Timpson, Kevan Edinborough, Sue Colledge, Tim Kerig, Katie Manning, Mark G. Thomas: [http://www.nature.com/ncomms/2013/131001/ncomms3486/pdf/ncomms3486.pdf ''Regional population collapse followed initial agriculture booms in mid-Holocene Europe.'' Nature Communications (2013) 4:2486].</ref> Gleichzeitig konnten aber aufgrund der sesshaften Lebensweise (verringerte Mobilität und verkürzte Stillzeit durch veränderte Ernährung)<ref name="Benz 2" /> die Bevölkerungszahlen der menschlichen Ansiedlungen steigen. Höhere Bevölkerungszahlen ermöglichten eine horizontale Differenzierung der jungzeitlichen Gemeinschaften. Die wachsende horizontale [[Soziale Differenzierung|Differenzierung]] ist direkt an die Bevölkerungszahlen gekoppelt, denn eine Spezialisierung setzt eine gewisse Zahl von beteiligten Menschen voraus. Eine größere Spezialisierung vergrößerte die Produktivität der jungsteinzeitlichen Kulturen, das wiederum verbesserte deren Versorgung, erhöhte den Sozialmetabolismus, den Stoff- und Energiefluss, also letztlich die Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen. Dadurch konnte prinzipiell wiederum die Bevölkerung weiter wachsen, unter dem Vorbehalt, dass die frühen jungzeitlichen Kulturen von einer stärkeren Instabilität betroffen waren. Der Prozess der horizontalen Differenzierung wurde begleitet von einem Prozess der vertikalen Differenzierung, dem Herausbilden einer herrschenden Elite, etwa der Häuptlinge oder Priesterkasten. Veränderungen im Bereich der Organisation von Arbeitsteilung, Herrschaft, Siedlungsbau und Regelung von Eigentum blieben nicht ohne Auswirkungen auf [[Religion|spirituell-religiöse]] Fragen.▼
▲Die durch die in Eurasien in den Gebieten des [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmonds]] aufgrund der äußeren Bedingungen einsetzende [[Sesshaftigkeit|Sesshaftwerdung]]
[[Humberto Maturana]] definierte [[Kultur]] als ein Netz von Umgangsformen, die das Gefühls-Sprach-Handeln<ref>Vgl. [[Methodischer Kulturalismus#Handlungstheorie|Handlungstheorie]]</ref> bestimmen und einen Sprach-Konsens erzeugen, der über die Generationen weitergegeben wird.<ref>[[Humberto R. Maturana]], [[Gerda Werden-Zöller]]: ''Liebe und Spiel. Die vergessenen Grundlagen des Menschseins. Matristische und patriarchale Lebensweisen.'' Auer-Verlag, 1993, ISBN 3-927809-18-7, S. 24.</ref> Das agrartechnologische Wissen, aber auch das der administrativen und spirituellen Ordnung, wurde so von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Aber auch der Austausch zwischen den einzelnen menschlichen Siedlungen fand über dieses versprachlichte Netz der Umgangsformen seinen Weg.<ref>{{Webarchiv|text=Vorlesung Holger Kuße. Institut für Slavistik /Slavische Sprachgeschichte und Sprachwissenschaft, TU Dresden SS 2008'': Kulturwissenschaftliche Linguistik I. Einführung: Kultur – Sprachwissenschaft – Kulturwissenschaftliche Linguistik.'' S. 4–33, online |url=http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_sprach_literatur_und_kulturwissenschaften/slavistik/studium/unterrichtsmat/ss%2008/vorl_kultwiLing_einfuehrung_sose08.pdf |wayback=20130418122627 }}.</ref> Durch die Entwicklung von Pflanzenbau und Tierzucht kam der Idee der Fruchtbarkeit in der Vorstellung des Menschen eine noch größere Bedeutung zu. Analog zum ''Säen–Reifen–Ernten'' wurde die Abfolge ''Geburt–Leben–Tod'' in der Glaubenswelt bedeutend. Die Stellung der Frau als im frühen Ackerbau wesentliche Kraft stieg ([[Matriarchat|matristische Kulturen]]),<ref>Humberto R. Maturana, Gerda Werden-Zöller: ''Liebe und Spiel. Die vergessenen Grundlagen des Menschseins. Matristische und patriarchale Lebensweisen.'' Auer-Verlag, 1993, ISBN 3-927809-18-7, S. 27.</ref> analog der Rolle weiblicher Fruchtbarkeitsgottheiten in der Religion. Wie in den vorausgehenden [[Religion im Paläolithikum|steinzeitlichen Religionen]] wurden Kräfte in der umgebenden Tierwelt vermutet. Menschen-, tier- oder mischgestaltige Chimären wurden Objekte der Verehrung.▼
Eine größere Spezialisierung vergrößerte die Produktivität der jungsteinzeitlichen Kulturen, das wiederum verbesserte deren Versorgung, erhöhte den Sozialmetabolismus, den Stoff- und Energiefluss, also letztlich die Strategien der kontrollierten Nutzung von Solarenergieströmen. Dadurch konnte prinzipiell wiederum die Bevölkerung weiter wachsen, unter dem Vorbehalt, dass die frühen jungzeitlichen Kulturen von einer stärkeren Instabilität betroffen waren. Der Prozess der horizontalen Differenzierung wurde begleitet von einem Prozess der vertikalen Differenzierung, dem Herausbilden einer herrschenden Elite, etwa der Häuptlinge oder Priesterkasten. Veränderungen im Bereich der Organisation von Arbeitsteilung, Herrschaft, Siedlungsbau und Regelung von Eigentum blieben nicht ohne Auswirkungen auf [[Religion|spirituell-religiöse]] Fragen.
Die vielfältige und abwechslungsreiche Formung und Ornamentierung von Töpferware ([[Keramik]]) lässt Archäologen einzelne Gefäße (und damit Fundorte) einer bestimmten Kulturgruppe zuordnen. Als oft einziges verlässliches Indiz für eine Kulturstufe wird die Form oder Ornamentierung ihrer Keramik als typochronologische Leitform vielfach zur Bezeichnung für die Kultur selbst herangezogen, zum Beispiel [[Trichterbecherkultur]], [[Glockenbecherkultur]], [[Linearbandkeramische Kultur|Bandkeramische Kultur]], [[Grübchenkeramische Kultur]] oder [[Schnurkeramische Kultur|Schnurkeramik]].▼
Nach [[David Graeber]] und [[David Wengrow]] – in ihrem Buch ''Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit'' aus dem Jahr 2021 – ist es jedoch ein überholtes [[Narrativ (Sozialwissenschaften)|Narrativ]], den Beginn aller vorgenannten sozialen Neuerungen im Sinne eines unwiederbringlichen Wandels zu einer „höheren Kulturstufe“ nur auf die Entstehung der Landwirtschaft zu beziehen. Es gäbe etliche Befunde aus älterer Zeit, die ähnliche Schritte bereits unter Jägern und Sammlern belegen, und ebenso seien gegenteilige Entwicklungen unter frühen Bauern kein „Rückschritt“, sondern das Resultat bewusster Entscheidungen der damaligen Ethnien gewesen.<ref>[[David Graeber]], [[David Wengrow]]: ''Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit.'' Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm, Henning Dedekind und Andreas Thomsen, 4. Auflage, Klett-Cotta, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-608-98508-5, S. 258–281.</ref> Axel Paul weist darauf hin, dass der Wechsel zur landwirtschaftlichen Produktion dennoch überall auf der Welt einen Wendepunkt markiert, der viele der genannten sozialen Neuerungen bei den meisten Kulturen dauerhaft manifestierte und somit Hierarchien und Herrschaftsformen zur Regel machte.<ref>Axel T. Paul: ''Neue Ideen zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht: Literaturessay zu „Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit“ von David Graeber und David Wengrow.'' Literaturessay in Soziopolis: Gesellschaft beobachten vom 4. April 2022, [https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-78986-9 PID] abgerufen am 31. Juli 2024.</ref>
▲[[Humberto R. Maturana]] definierte [[Kultur]] als ein Netz von Umgangsformen, die das Gefühls-Sprach-Handeln<ref>Vgl. [[Methodischer Kulturalismus#Handlungstheorie|Handlungstheorie]]</ref> bestimmen und einen Sprach-Konsens erzeugen, der über die Generationen weitergegeben wird.<ref>
▲Wie in den vorausgehenden [[Religion im Paläolithikum|steinzeitlichen Religionen]] wurden Kräfte in der umgebenden Tierwelt vermutet. Menschen-, tier- oder mischgestaltige Chimären wurden Objekte der Verehrung. Die vielfältige und abwechslungsreiche Formung und Ornamentierung von Töpferware ([[Keramik]]) lässt Archäologen einzelne Gefäße (und damit Fundorte) einer bestimmten Kulturgruppe zuordnen. Als oft einziges verlässliches Indiz für eine Kulturstufe wird die Form oder Ornamentierung ihrer Keramik als typochronologische Leitform vielfach zur Bezeichnung für die Kultur selbst herangezogen, zum Beispiel [[Trichterbecherkultur]], [[Glockenbecherkultur]], [[Linearbandkeramische Kultur|Bandkeramische Kultur]], [[Grübchenkeramische Kultur]] oder [[Schnurkeramische Kultur|Schnurkeramik]].
=== Kalendarium ===
{{Hauptartikel|Kreisgrabenanlage}}
Überall dort, wo sich neolithische Lebensweisen gründeten, stellte sich eine direkte Abhängigkeit vom [[Wetter]] und damit der Wetterbeobachtung ein, Sesshaftigkeit wurde in spezifischer Weise abhängig vom Rhythmus der [[Jahreszeit]]en. Dabei erhielt der [[Sonnenstand]] einen hohen Stellenwert. Die in den [[
Um Ackerbau zu etablieren, der sukzessive einen wichtigen Anteil an der Nahrungsversorgung einer neolithischen Gruppe einnehmen konnte, mussten bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden bzw. vorhanden sein. So bedurfte es zunächst eines präparierten [[Kulturboden]]s, sodann musste eine adäquate und über [[Vegetationsperiode]] hinweg anhaltende Bewässerung oder Durchfeuchtung der Böden gewährleistet sein. Der Boden musste, mit den entsprechenden Erfahrungen, [[Bodenbearbeitung|bearbeitet]] werden, so mussten die jungsteinzeitlichen Gruppen die Zeit der Aussaat an den sich verändernden, jahrzeitlichen Rhythmusgebern erkennen.<ref>Ina Mahlstedt: ''Die religiöse Welt der Jungsteinzeit.'' WBG, Darmstadt 20004, ISBN 978-3-534-23595-7, S. 42–46.</ref>
In enger Beziehung hierzu steht die Entwicklung früher [[Kalender]]systeme. Sie beruhen im Allgemeinen auf der Beobachtung natürlicher, meist astronomischer Ereignisse (Sonnenstand, [[Mondphase]]n, [[Kosmischer Aufgang|Aufgang]] oder Stand bestimmter Sterne u. ä. m.). Mit dem Eintritt eines bestimmten definierten [[Astronomisches Ereignis|Himmelsereignisses]]<ref>Burkard Steinrücken: ''Sonnenwenden und Mondwenden. Astronomische Grundlagen der Wenden von Sonne und Mond am Horizont und ihre Bedeutung in der Archäoastronomie.'' Tagung der Gesellschaft für Archäoastronomie vom 19.–12. März 2011 in Osnabrück ([http://archaeoastronomie.org/assets/downloads/55ca20c7/sm_wenden2011.pdf PDF, 4,17
Ackerbau erforderte ein hohes Wissen, Beobachtung und Erfahrungen, die sich im Umgang mit dem Ackerboden in einem speziellen geografischen Raum,<ref>Angelina Münster, Corina Knipper, Vicky M. Oelze, Nicole Nicklisch, Marcus Stecher, Björn Schlenker, Robert Ganslmeier, Matthias Fragata, [[Susanne Friederich]], Veit Dresely, Vera Hubensack, Guido Brandt, Hans-Jürgen Döhle, [[Kurt W. Alt]] et al.: ''4000 years of human dietary evolution in central Germany, from the first farmers to the first elites.'' 27. März 2018 [https://journals.plos.org/plosone/article/file?id=10.1371/journal.pone.0194862&type=printable PDF; 12
Gerade für den Ackerbau war es wichtig, eine von den konkreten Wetterbedingungen unabhängige Bestimmung der Zeitpunkte für Aussaat und Ernte vornehmen zu können. Während nomadische Ethnien mit einem [[Lunarkalender]] sehr gut zurechtkamen
Hingegen sind die Sonnenphasen, zum Beispiel die [[Äquinoktium|Äquinoktien]] oder die [[Sonnenwende|Solstitien]], ungleich schwieriger festzustellen. In einem freien Mondkalender wandern die Jahreszeiten kontinuierlich durch das ganze Jahr. Das war für [[Jäger und Sammler|Jäger-und-Sammler]]-Gesellschaften zumeist kein Problem, hingegen hatten sesshafte Ethnien, die ihre Pflanz- und Erntezeiten planen mussten, mit einer solchen Kalenderform Schwierigkeiten. Dies führte schließlich zur Entwicklung von Sonnenkalendern.
== Siehe auch ==
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== Literatur ==
'''Monographien'''
* [[Hans-Jürgen Beier]] (Hrsg.): ''Studien zum Siedlungswesen im Jungneolithikum. Beiträge der Sitzung der AG Neolithikum, gehalten in Kempten/Allgäu 1995''
* Chris Fowler, Jan Harding, Daniela Hofmann: ''The Oxford Handbook of Neolithic Europe'', Oxford University Press, 2015.▼
▲* [[Hans-Jürgen Beier]] (Hrsg.): Studien zum Siedlungswesen im Jungneolithikum. Beiträge der Sitzung der AG Neolithikum, gehalten in Kempten/Allgäu 1995 In: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 10 Beier & Beran, Weißbach 1996.
* MediaCultura (Hrsg.): ''Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien.'' Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 3-8062-2090-5 (DVD-ROM).
▲* Chris Fowler, Jan Harding, Daniela Hofmann (Hrsg.): ''The Oxford Handbook of Neolithic Europe.''
* [[David Graeber]], [[David Wengrow]]: ''Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit.''
* Steven Mithen: ''After the Ice. A Global Human History, 20.000–5000 BC.'' Weidenfeld & Nicolson, London 2003, ISBN 0-297-64318-5.
* [[Joachim Preuß (Prähistoriker)|Joachim Preuß]] (Hrsg.): ''Das Neolithikum in Mitteleuropa. Kulturen – Wirtschaft – Umwelt vom 6. bis 3. Jahrtausend v. u. Z. Übersichten zum Stand der Forschung.'' Beier & Beran, Weissbach 1998–1999.
* [[Josef H. Reichholf]]: ''Warum die Menschen sesshaft wurden.'' 2. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-10-062943-2.
* Daniel Zohary, Maria Hopf: ''Domestication of Plants in the Old World. The Origin and Spread of Cultivated Plants in West Asia, Europe and the Nile Valley.'' 3. Auflage. Oxford University Press, Oxford 2000, ISBN 0-19-850357-1.
Zeile 272 ⟶ 279:
'''Aufsätze'''
* Christopher S. Troy u. a.: ''Genetic evidence for Near-Eastern origins of European cattle.'' In: ''[[Nature]].'' Band 410, 2001, April, [[doi:10.1038/35074088]], S. 1088–1091.
* Lounès Chikhi u. a.: ''[http://www.pnas.org/cgi/content/full/99/17/11008 Y genetic data support the Neolithic demic diffusion model].'' In: ''[[Proceedings of the National Academy of Sciences
* Gordon Hillmann u. a.: ''New evidence of Lateglacial cereal cultivation at Abu Hureyra on the Euphrates.'' In: ''The Holocene.'' Band 11, Nr. 4, 2001, [[doi:10.1191/095968301678302823]], S. 383–393.
* Simcha Lev-Yadun, Avi Gopher, Shahal Abbo: ''The Cradle of Agriculture.'' In: ''Science.'' Band 288, Nr. 5471, 2000, [[doi:10.1126/science.288.5471.1602]], S. 1602–1603.
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* [http://www.rserv.de/ Bilder von Großsteingräbern und Menhiren in Deutschland] (private Seite)
* {{HLS|8012|Neolithikum|Autor= Werner E. Stöckli}}
* [https://www.google.com/maps/d/u/0/edit?hl=de&mid=1UTxue2tZva-koxg-97VjBrjF0imlUuoV&ll=0.32301819470333015%2C0&z=3 Digitale Karte der Fundstellen Afrikas] (frühes-spätes Holozän); [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main|Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt]]; VFGAF.
== Anmerkung ==
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