„Keltisches Baumhoroskop“ – Versionsunterschied

[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
K Leerzeichen vor/nach Schrägstrich korrigiert
 
(152 dazwischenliegende Versionen von 76 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1:
[[Datei:Rachau Wipfelwanderweg 51.jpg|mini|hochkant|Schautafel am [[Wipfelwanderweg Rachau]]]]
Das sogenannte '''keltische Baumhoroskop''' geht auf das Buch ''[[The white goddess (1946)]]'' (''Die weiße Göttin'', 1948) des britischen Schriftstellers und Dichters [[Robert Graves]] zurück, in dem der Autor durch eine meist willkürlichen Zuordnung von [[Ogham]]-Zeichen zu einzelnen Bäumen einen keltischen Baumkalender entwickelte. Dabei kommen bei der Bezeichnung der einzelnen Schriftzeichen zwar auch einige Baumnamen vor, aber ein Großteil der Bezeichnungen ist deutlich anderen Ursprungs. Ein keltisches Baumhoroskop lässt sich durch keinerlei Quellen belegen.
Das '''Keltische Baumhoroskop''' ist eine Erfindung im Zuge des [[Neopaganismus]] (Neuheidentum), das aus ursprünglichen keltischen Pflanzen-Mythen spekulativ ein Horoskop-System konstruiert. Ein historisches Baumhoroskop lässt sich als [[Mantik|mantische]] Praxis (Wahrsagung) bei den [[Kelten]] weder durch [[antike]] noch durch [[mittelalter]]liche Quellen über [[keltische Religion]] und Bräuche belegen.<ref>{{Literatur |Autor=Andreas G. Heiss, Jutta Leskovar |Hrsg= |Titel=Der ›keltische Baumkalender‹ — Zur Entwicklung und Rezeption eines Mythos |Sammelwerk=Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift |Band=54, 2013 |Nummer=1/2 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2015 |ISBN= |ISSN=0012-7477 |Seiten=99–136 |Online=https://www.researchgate.net/publication/287936126_Der_keltische_Baumkalender_-_Zur_Entwicklung_und_Rezeption_eines_Mythos}}</ref>
 
== Entstehungsgeschichte ==
Die heute besonders im deutschsprachigen Raum weit verbreitet Form geht ihrerseits auf eine Artikelserie der französischen Journalistin Paule Delsol zurück, die 1971 im Auftrag des Mode und Livestile Magazins ''Marie Claire'' eine Reihe von Horoskopsystemen erfand, die 'alten' Kulturen nachempfunden waren. Unter anderem entwickelte Delsol ein mittlerweile auch auf Deutsch erhältliches 'arabisches' Horoskop (''Horoscopes Arabes''), ein ebenso frei erfundenes 'tibetisches' Horoskop (''Horoscopes Tibetains'') und ein offenbar Robert Graves nachempfundenes 'keltisches' Baumhoroskop (''Horoscopes Gauloise'').
Das keltische Baumhoroskop hat seinen Ursprung im Buch ''The White Goddess'', erschienen 1948 (deutsch ''Die weiße Göttin'', 1981) des britischen Schriftstellers und Dichters [[Robert Graves]], in dem der Autor durch eine meist willkürliche etymologische Zuordnung von [[Ogham]]-Zeichen zu einzelnen Bäumen einen [[Keltischer Kalender#Neuzeitliche Esoterik und Neopaganismus|keltischen Baumkalender]], genannt auch '''Keltischer Baumkreis''' (gemäß dem „Astrologen“ Michael Vescoli<ref>Gunter Lehrieder (2007), S. 31.</ref>) und '''Lebensbaumkreis''', entwickelte. Dabei kommen bei der Bezeichnung der einzelnen Schriftzeichen zwar einige Baumnamen vor, ein Großteil der Bezeichnungen ist jedoch anderen Ursprungs. Graves verwendete für seine Spekulationen nämlich die nicht-oghamische Mönchsschrift ''[[Irische Schrift|Cló gaelach]]'', die in vereinfachter Form heute die offizielle Schrift der [[Irische Republik|Irischen Republik]] ist.<ref>Helmut Birkhan: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' S.&nbsp;911, Fußnote&nbsp;1.</ref><ref>Helmut Birkhan: ''Nachantike Keltenrezeption.'' S.&nbsp;566&nbsp;ff. Die Oghamnamen sind (S.&nbsp;569, Anm.&nbsp;1): ''beithe'' (Birke), ''luis'' (Flamme oder Kraut), ''fern'' (Erle), ''sail'' (Weide), ''nin'' (Gabel), ''hÚath'' (Schrecken), ''dair'' (Eiche), ''tinne'' (Metallbarren), ''coll'' (Hasel), ''ce(i)rt'' (Eichenbusch?), ''muin'' (Hals), ''gort'' (Feld), ''gétal'' (Tötung), ''straif'' oder ''sraib'' (Schwefel), ''ruis'' (Röte), ''ailm'' (Nadelbaum, eher Ulme), ''onn'' (Esche), ''úr'' (Erde), ''edad'' (?), ''idad'' (?). Wenn es für sein System nötig war, veränderte er Bezeichnungen, so wurde die Eiche zur Buche, zur Erle und schließlich zur Weide!</ref>
 
Die heute bekannteste Form dieses Horoskops geht auf eine Artikelserie der französischen Journalistin und Regisseurin Paula Delsol (*&nbsp;1923, †&nbsp;2015) zurück, die 1971 im Auftrag des Mode- und Lifestyle-Magazins „[[Marie Claire]]“ eine Reihe von Horoskopsystemen erfand, die „alten“ Kulturen nachempfunden waren. Unter anderem entwickelte Delsol ''nach eingehenden Studien der jeweiligen Kulturen'' (sic!) ein mittlerweile auf Deutsch erhältliches „arabisches“ Horoskop (''Horoscopes Arabes''), ein ebenso frei erfundenes „tibetisches“ Horoskop (''Horoscopes Tibetains'') und ein offenbar Robert Graves nachempfundenes „keltisches“ Baumhoroskop (''Horoscopes Gauloises''). Die von Delsol entwickelten Horoskop-Systeme erschienen erneut 1981 als Sammelband.<ref>Paula Delsol: ''Horoscopes insolites: Les horoscopes gaulois, chinous, arabes, tibetains, lunaires, des alchimistes, la corologie, le zooroscope, chiffres vous disent qui vous êtes.'' France loisirs, Paris 1981, ISBN 978-2-7242-1123-8</ref>
1984 erschien dieses Baumhoroskop dem Titel "''Bäume Lügen nicht. Das keltische Horoskop''" (herausgegeben von Annemarie Mütsch-Engel im Verlag Bert Schlender, Göttingen) zum ersten Mal im deutschen Sprachraum und fand schnell lebhafte Aufnahme. Die erste Ausgabe des Buches berief sich vorerst auf eine 'uralte' tatsächlich jedoch frei erfundene Texttradition. In später erschienenen Lizenzausgaben anderer Verlage wurde gar von einer alten Handschrift in einem polnischen Kloster berichtet, von deren Abschrift im vorliegenden Buch eine Übersetzung vorläge.
 
1984 erschien das Baumhoroskop unter dem Titel ''Bäume lügen nicht. Das keltische Horoskop'' (herausgegeben von Annemarie Mütsch-Engel im Verlag Bert Schlender, Göttingen) erstmals in deutscher Sprache.<ref>Annemarie Mütsch-Engel (Hrsg.): ''Bäume lügen nicht. Das keltische Horoskop.'' Bert Schlender, Göttingen 1984, ISBN 978-3-88051-023-4.</ref> Diese Ausgabe des Buches berief sich vorerst auf eine „uralte“, tatsächlich jedoch erfundene Texttradition. In später erschienenen Lizenzausgaben anderer Verlage wurde sogar von einer alten Handschrift in einem polnischen Kloster berichtet, die in einer Übersetzung dem Buch beiliege.<ref name="HBs" />
In einem sich durch drei [[Instanz|Instanzen]] bis zum deutschen [[Bundesgerichtshof]] hinziehenden Streit um Fragen des [[Urheberrecht]] und das Recht zur Weitergabe der [[Verwertungslizenzen]] (Urteil vom 27. Juni 1991, 1. Zivilsenat, Aktenzeichen I ZR 7/90) mußte die eigentliche Geschichte des 'keltischen' Horoskops Geschichte offen gelegt werden. Hierbei stellte sich heraus, dass die deutschsprachige Form aus einer Übersetzung des französischen Artikels für einen polnischen Gartenkalender entstanden war. Indiz hierfür war unter anderem auch ein Übertragungsfehler, der den in Polen unbekannten, im Frankreich aber weit verbreiteten [[Zürgelbaum]] (lateinischer Name ''Celtis australis'' aus der Familie der Ulmengewächse) zur [[Zeder]] machte, die den Kelten unbekannt war und erst im 17. Jahrhundert in England angepflanzt wurde.
 
In einem sich bis zum deutschen [[Bundesgerichtshof]] hinziehenden Streit um Fragen des [[Urheberrecht]]s und das Recht zur Weitergabe der Verwertungslizenzen (Urteil vom 27.&nbsp;Juni 1991, 1.&nbsp;Zivilsenat, Aktenzeichen I&nbsp;ZR&nbsp;7/90) musste die reale Geschichte des „keltischen“ Horoskops offengelegt werden. Hierbei stellte sich heraus, dass die deutsche Ausgabe auf einem Artikel in einem polnischen Gartenkalender basierte, der wiederum eine Übersetzung des „keltischen“ Horoskopes war, das Paula Delsol für „[[Marie Claire]]“ kreiert hatte. Ein Übersetzungsfehler, der den in Polen unbekannten, im Frankreich aber weit verbreiteten [[Zürgelbäume|Zürgelbaum]] (lateinischer Name ''Celtis australis'' aus der Familie der [[Hanfgewächse]]) zur [[Zedern|Zeder]] machte, war der Beweis. Die Zeder (lateinisch ''Cedrus'') war den Kelten unbekannt und wurde erst im 17.&nbsp;Jahrhundert in England angepflanzt. Aufgrund dieses Fehlers ist die Zeder bis heute Bestandteil der meisten „keltischen“ Baumhoroskope im deutschsprachigen Raum geblieben. Dafür fehlt die tatsächlich in der keltischen Mythologie belegte, als heilig angesehene [[Europäische Eibe|Eibe]] im Horoskop.<ref name="HB1">Helmut Birkhan: ''Beobachtungen zum mystischen Keltenbild besonders in Österreich.'' S.&nbsp;7&nbsp;f.</ref><ref name="HBs" /> Nach dem Bekanntwerden der modernen Quelle des Horoskopsystems schrieb der deutsche Tarot- und Esoterik-Autor Bertram Wallrath, der anfänglich noch die Authentizität des „keltischen“ Baumhoroskopes verteidigt hatte, dass es dennoch
Trotzdem hat das keltische Baumhoroskop dennoch eine weite Verbreitung gefunden und wurde und wird von einigen Teilen der [[Heide (Glaube)|Heiden]] als ein Bestandteil ihrer Lebensauffassung angesehen. Einen neu angelegten Baumkreis gibt es in [[Gnutz]].
: ''[…] geradezu kongenial die Gefühlswelt der keltischen Gallier und ihrer Beziehungen zu dem Bäumen widerspiegelt. So könnte also ein keltisches oder gallisches Horoskop ausgesehen haben, wenn es eine gesicherte Überlieferung gäbe.''<ref name="HBs">Helmut Birkhan: ''Nachantike Keltenrezeption: Projektionen keltischer Kultur.'' S.&nbsp;584&nbsp;ff.</ref>
 
1998 veröffentlichte Wallrath ''Das echte keltische Baumhoroskop'', in dem er die [[Zedern|Zeder]] wieder durch den [[Zürgelbäume|Zürgelbaum]] des französischen Originals ersetzte.<ref>Bertram Wallrath: ''Das echte keltische Baumhoroskop.'' Smaragd-Verlag, Woldert 1998. ISBN 978-3-926374-60-8</ref> 2001 folgte ''Das keltische Baum-Horoskop'',<ref>Bertram Wallrath: ''Das keltische Baumhoroskop. Magie und Heilkunde der alten Druiden.'' Smaragd, Woldert 2001. ISBN 978-3-926374-45-5.</ref> 2004 veröffentlichte er mit Leah Levine ''Das keltische Baum-Tarot''<ref>Leah Levine und Bertram Wallrath: ''Das keltische Baum-Tarot: Buch und Karten.'' Silberschnur, Güllesheim 2004, ISBN 978-3-89845-076-8</ref> sowie 2005 ''Das keltische Baum-Horoskop der Liebe.''<ref>Bertram Wallrath: ''Das keltische Baum-Horoskop der Liebe.'' Smaragd, Woldert 2005, ISBN 978-3-934254-96-1.</ref> Das ''keltische Baum-Horoskop'' wurde bei Amazon.de wie folgt beworben:
''siehe auch'' [[Coelbren]]
: ''Das keltische Baumhoroskop zeichnet menschliche Eigenschaften in ihrer Zuordnung zu unseren Bäumen als faszinierende Alternative zu den uns vertrauten Tierkreiszeichen. Diese Umsetzung kannten bereits die Druiden im alten gallischen Frankreich, denen, wie uns heute erneut, die Bäume näher waren als die Sterne. Darüber hinaus werden das druidisch-magische Heilwissen und seine Anwendung für den Alltag wiederentdeckt. ‚Der Apfelbaum – die Liebe‘ […] oder ‚Die Haselnuss – das Außergewöhnliche‘ […]''<ref name="HBs" />
Obwohl das „keltische Baumhoroskop“ eine freie Erfindung des 20.&nbsp;Jahrhunderts ist und mit den alten Kelten nichts zu tun hat, hat es eine weite Verbreitung gefunden und wird von einigen Teilen der Neuheiden als ein Bestandteil ihrer Lebensauffassung angesehen. Die falsche Ansicht vom angeblich echt keltischen Horoskop hat sich mittlerweile so fest im Alltagswissen des deutschen Sprachraumes etabliert, dass selbst die ehemalige österreichische Justizministerin [[Miklautsch|Karin Miklautsch]] in einer Rede auf den keltischen Baumkreis mit seinen Baumbotschaften einging und das Bundesministerium für Justiz in einer Aussendung darauf hinwies, dass drei ehemalige österreichische Justizminister im Zeichen der [[Linden (Botanik)|Linde]] geboren worden seien. Diese, so die Aussendung, würden sich daher „durch besonderen Gerechtigkeitssinn und eine ausgeprägte Harmoniefähigkeit“ auszeichnen und verstünden es, „sich in die Lage ihrer Mitmenschen zu versetzen, um eine akzeptable Lösung für jede Situation zu entdecken“.<ref>Republik Österreich, Bundesministerium für Justiz. (abgerufen am 22. September 2006): ''[http://www.bmj.gv.at/service/content.php?nav=65&id=236 Miklautsch besucht Justizanstalt Gerasdorf und Bezirksgericht Hartberg]''</ref>
 
== Keltische Pflanzenmystik ==
==Weblinks==
Schon seit dem Mittelalter waren die Angaben über Pflanzenmystik bei den Kelten eine Quelle der Spekulationen, denn eine magisch-medizinische Verwendung über Pflanzen konnte bei ihnen angenommen werden. In einem unter anderem germanisch-gallischen Mistel-Glauben überliefernden bairischen ''Eichenmisteltraktat''<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Eichenmisteltraktat.'' In: [[Burghart Wachinger]] u. a. (Hrsg.): ''[[Verfasserlexikon|Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon]].'' 2., völlig neu bearbeitete Auflage, Band 2 (''Comitis, Gerhard - Gerstenberg, Wigand''). De Gruyter, Berlin / New York 1980, ISBN 3-11-007264-5, Sp. 392 f.</ref><ref>Annelore Högemann: ''Der altdeutsche „Eichenmisteltraktat“. Untersuchungen zu einer bairischen Drogenmonographie des 14. Jahrhunderts (= Mittelalterliche Wunderdrogentraktate, II).'' Wellm, Pattensen; jetzt Königshausen und Neumann, Würzburg 1981, ISBN 3-921456-25-8 (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen.'' Band 19), (zugleich: Dissertation Würzburg 1981).</ref> aus dem 14.&nbsp;Jahrhundert werden explizit [[Eiche]] und [[Misteln|Mistel]] als besonders heilkräftig genannt. Dieses Werk ist in 21 Handschriften überliefert und wurde auch ins [[Altfranzösische Sprache|Altfranzösische]] übersetzt.<ref>Gundolf Keil: ''Eichenmisteltraktat'', in Annelore Högemann: ''Der altdeutsche ›Eichenmisteltraktat‹.''</ref> Hier wird wie so oft allerdings die [[Weißbeerige Mistel]] (Viscum album) mit der eigentlich gemeinten [[Eichenmistel]] (Loranthus europaeus), auch Riemenblume, verwechselt. Die [[Druide]]n behaupteten nach [[Plinius der Ältere|Plinius dem Älteren]] ([[Naturalis historia]] XVI,&nbsp;95), dass die Eichenmistel alles heilen könne.<ref>Helmut Birkhan: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' S.&nbsp;631&nbsp;f.</ref> Nach [[Wolfgang Meid|Meid]] und Nagy ist der von ''*dru-ṷid-'' („das Wissen von der Eiche habend, eichenkundig“) hergeleitete Name der Druiden ein Zeichen für die Eiche als Weltbaum, da der keltische Himmelsgott die Eiche als Symbol hatte.<ref>Wolfgang Meid: ''Keltische Religion im Zeugnis der Sprache.'' S.&nbsp;30.</ref><ref>Joseph F. Nagy: ''Celtic Religion. History of Study.'' In: Lindsay Jones (Hrsg.): ''Encyclopedia of Religion'', Bd.&nbsp;3 (2005), ISBN 0-02-865736-5, S.&nbsp;1486&nbsp;f.</ref>
*http://cura.free.fr/xv/13ellis2.html - ''Peter B. Ellis: The Fabrication of 'Celtic' Astrology'' (englisch)
 
*http://www.euro-celts.com/arboreum/baumkreis.html - ''Bertram Wallrath: Die Wahrheit über das keltische Baumhoroskop''
Heilige Bäume sind bei allen Keltenstämmen häufig zu finden, was schon aus der Verehrung des „heiligen Haines“ (''nemeton'', bei den [[Galater]]n ''drunemeton'') und aus der Bedeutung von [[Anthropomorphe Pfahlgötter|anthropomorphen Pfahlgöttern]] (''[[Xoanon]]'') hervorgeht. Die „fünf berühmten Bäume Irlands“, die den fünf Provinzen entsprechen, sind drei [[Gemeine Esche|Eschen]] und je eine Eibe und Eiche, sie markieren das mythische Zentrum des jeweiligen Königreiches. Das altirische Wort ''bile'' („heiliger Baum“) ist noch heute in Ortsnamen als ''billy'' zu finden, so in Toberbilly ([[County Antrim]]) und [[Moville]] ([[Irische Sprache|irisch]] ''Bun an Phobail''). In Wales war die Beschädigung der heiligen Eibe (''ywen sant'') durch ein Gesetz des Königs [[Hywel Dda]] bei Höchststrafe verboten.<ref>Helmut Birkhan: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' S.&nbsp;781.</ref> Die enge Beziehung der Kelten zu Bäumen bezeugt auch die hohe Zahl von Personennamen dieser Art, wie im [[Altirische Sprache|altirischen]] beispielsweise ''Mac Daro'' („Sohn der Eiche“), ''Mac Cairthin'' („Sohn der Eberesche“), ''Dar Chairtinn'' („Tochter der Eberesche“), ''Mac Cuill'' („Sohn der Hasel“) und ''Dar Ibair'' („Tochter der Eibe“).<ref>Helmut Birkhan: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' S.&nbsp;881.</ref>
 
Ob die neopaganen Konstrukte auf die [[Liste inselkeltischer Mythen und Sagen#Mythen und Sagen aus Irland|altirische Sage]] über [[Airmed]], die Tochter [[Dian Cecht]]s, des Heilers der [[Túatha Dé Danann]], und ihr umfassendes Pflanzenwissen zurückzuführen sind oder auf die walisische Überlieferung der 500 Jahre lang bestehenden Dynastie der ''Ärzte von Myddfai'', die ihr Wissen von den [[Tylwyth Teg]] aus dem See ''Llyn Fan Fach'' („See am kleinen Signalfeuerhügel“ in den [[Black Mountains (Wales)|Black Mountains]] in [[Carmarthenshire]]) erhielten (tradiert im ''[[Llyfr Coch Hergest]]'', „Das Rote Buch von Hergest“), ist nicht belegbar.<ref>Helmut Birkhan: ''Nachantike Keltenrezeption.'' S.&nbsp;588&nbsp;f, Anm&nbsp;3.</ref><ref>Helmut Birkhan: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' S.&nbsp;627&nbsp;f.</ref>
 
== Moderne Baumkreise ==
[[Datei:Naturteichanlage Unterlamm Gransetzweg Keltischem Baumkalender.JPG|mini|„Keltischer Baumkalender“]]
Als Erholungsort und Touristenattraktion wurden an einigen Orten Baumkreise nach dem Vorbild des Baumhoroskops angelegt: in [[Deutschland]] beispielsweise in [[Gnutz]] ([[Schleswig-Holstein]]), in [[Castrop-Rauxel]] und auf der [[Sophienhöhe (Jülich)|Sophienhöhe]] bei [[Jülich]] ([[Nordrhein-Westfalen]]), in [[Münchsteinach]] und [[Stamsried]] ([[Bayern]]) sowie in [[Achern]]-[[Oberachern]], [[Mannheim]] und [[Wald (Hohenzollern)|Wald]] ([[Baden-Württemberg]]), in [[Österreich]] unter anderem in [[Gundersdorf (Gemeinde Sankt Stefan)|Gundersdorf]], [[Weng im Gesäuse]], Kalsdorf bei Graz und [[Sankt Stefan ob Stainz]] (alle [[Steiermark]]), [[Pyhra]], [[Frankenfels]], [[Hoheneich]] und [[Kettlasbrunn]] (alle [[Niederösterreich]]), [[Ampflwang]] ([[Oberösterreich]]), bei [[Schloss Eberstein (Eberstein)|Schloss Eberstein]] ([[Kärnten]]) sowie in [[Vils (Tirol)|Vils]] ([[Tirol (Bundesland)|Tirol]]).
 
Die Anlage eines „keltischen“ Baumkreises im [[Wien]]er Bezirk [[Döbling]] (der sogenannte [[Pfaffenberg (Wien)|Lebensbaumkreis am Himmel]]) wurde sogar im österreichischen [[Parlament]] präsentiert<ref>Parlament der Republik Österreich: Parlamentskorrespondenz Nr. 731, 5. Dezember 1996</ref> und führte zu teils heftigen Protesten von Seiten der Wissenschaft gegen die staatliche Subvention von [[Horoskop]]en und Neuheidentum. Das hat dazu geführt, dass die Gemeinde Wien falsche botanische Angaben korrigieren und auf der Baumkreistafel den Zusatz „keltisch“ entfernen ließ.<ref name="HB1" /><ref name="HBs" />
 
== Die Arten und Kalendersegmente im „keltischen Baumkreis“ ==
{| class="wikitable" border=1
!Baum
!1. Halbjahr
!2. Halbjahr
![[Ogham]]-Zeichen
![[Keltischer Jahreskreis]]
|-
|[[Holzapfel|Apfelbaum]]
|23. Dezember bis 1. Januar
|25. Juni bis 4. Juli
|ᚊ
|
|-
|[[Weiß-Tanne|Tanne]]
|2. bis 11. Januar
|5. bis 14. Juli
| +
|
|-
|[[Ulmen|Ulme]]
|12. bis 24. Januar
|15. bis 25. Juli
|ᚙ
|
|-
|[[Mittelmeer-Zypresse|Zypresse]]
|25. Januar bis 3. Februar
|26. Juli bis 4. August
|ᚍ
|
|-
|[[Pappeln|Pappel]]
|4. bis 8. Februar
|4. bis 13. August
|ᚓ
|
|-
|[[Europäischer Zürgelbaum|Zürgelbaum]]
|9. bis 18. Februar
|14. bis 23. August
|ᚔ
|
|-
|[[Waldkiefer|Kiefer]]
|19. bis 28. Februar
|24. August bis 2. September
|ᚕ
|
|-
|[[Weiden (Botanik)|Weide]]
|1. bis 10. März
|3. bis 12. September
|ᚄ
|
|-
|[[Linden (Gattung)|Linde]]
|11. bis 20. März
|13. bis 22. September
|ᚏ
|
|-
|[[Stieleiche|Eiche]]
|21. März
|
|ᚇ
|[[Ostara]]
|-
|[[Europäische Eibe|Eibe]]
|
|23. September
|ᚔ
|[[Mabon]]
|-
|[[Gemeine Hasel|Haselnuss]]
|22. bis 31. März
|24. September bis 3. Oktober
|ᚉ
|
|-
|[[Vogelbeere|Eberesche]]
|1. bis 10. April
|4. bis 13. Oktober
|ᚂ
|
|-
|[[Spitzahorn|Ahorn]]
|11. bis 20. April
|14. bis 23. Oktober
|ᚈ
|
|-
|[[Echte Walnuss|Nussbaum]]
|21. bis 30. April
|24. Oktober bis 11. November
|ᚌ
|
|-
|[[Pappeln|Pappel]]
|1. bis 14. Mai
|
|ᚓ
|
|-
|[[Edelkastanie|Kastanie]]
|15. bis 24. Mai
|12. bis 21. November
|ᚋ
|
|-
|[[Gemeine Esche|Esche]]
|25. Mai bis 3. Juni
|22. November bis 1. Dezember
|ᚅ
|
|-
|[[Hainbuche|Hagebuche/Hainbuche]]
|4. bis 13. Juni
|2. bis 11. Dezember
|ᚖ
|
|-
|[[Schwarzerle|Erle]]
|14. bis 23. Juni
|12. bis 21. Dezember
|ᚃ
|
|-
|[[Hänge-Birke|Birke]]
|24. Juni
|
|ᚁ
|Litha
|-
|[[Rotbuche|Buche]]
|
|22. Dezember
|ᚘ
|[[Yule]]
|}
<ref>Gunter Lehrieder (2007), S. 30–48.</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Keltus |url=https://keltus.eu/ogham-runen.php |titel=Das Runenalphabet: Die geheime Schrift der Kelten |sprache=DE |abruf=2023-05-22}}</ref>
 
== Keltischer Baumkalender ==
Dieser Kalender wurde von [[Robert Graves|Robert von Ranke-Graves]] 1946 in dem Buch ''The white goddess'' (deutsch 1948 ''Die weiße Göttin'') propagiert. Darin wies er den Monaten Baumnamen zu, die zum Teil sehr spekulativ dem [[Ogam]]-Alphabet entnommen waren. Den Bäumen wiederum wies Graves bestimmte Eigenschaften zu, die Bedeutung für in diesem Monat Geborene haben sollten. Später wurden den Monaten auch noch Steine zugeordnet.<ref>Robert Graves: ''Die weisse Göttin: Sprache des Mythos.'' 7.&nbsp;Ausgabe, Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, 2002, ISBN 9783499554162.</ref>
 
{| class="wikitable" border=1
!Nr.
!Name
!Bedeutung
!Beginn
!Baum
!Stein
![[Ogham]]-Zeichen
![[Keltischer Jahreskreis]]
|-
|1
|Beth
|Anfang
|24. Dezember
|[[Birke]]
|[[Quarz|Bergkristall]]
|ᚁ
|
|-
|2
|Luis
|Belebung
|21. Januar
|[[Eberesche]]
|[[Turmalin]]
|ᚂ
|
|-
|3
|Nion
|Kraft des Meeres
|18. Februar
|[[Traueresche]]
|[[Aquamarin]]
|ᚅ
|
|-
|4
|Fearn
|Feuer
|18. März
|[[Erlen (Botanik)|Erle]]
|[[Granat]]
|ᚃ
|
|-
|5
|Saille
|Verzauberung
|15. April
|[[Weiden (Botanik)|Weide]]
|[[Mondstein (Mineral)|Mondstein]]
|ᚄ
|
|-
|6
|Uath
|Reinigung
|18. Mai
|[[Eingriffeliger Weißdorn|Hagedorn]]
|[[Lapislazuli]]
|ᚆ
|
|-
|7
|Duir
|Standhaftigkeit
|10. Juni
|[[Steineiche]]
|[[Diamant]]
|ᚇ
|
|-
|8
|Tinne
|Blut
|8. Juli
|[[Europäische Stechpalme|Stechpalme]]
|[[Rubin]]
|ᚈ
|
|-
|9
|Coll
|Weisheit
|5. August
|[[Haselnuss]]
|[[Topas]]
|ᚉ
|
|-
|10
|Muin
|Beseelung
|2. September
|[[Weinrebe|Weinstock]]
|[[Amethyst]]
|ᚋ
|
|-
|11
|Gord
|Wiederauferstehung
|30. September
|[[Europäische Eibe|Eibe]]
|[[Opal]]
|ᚌ
|
|-
|12
|Pethboc (Ngetal)
|Königtum
|28. Oktober
|[[Schlehdorn]]
|[[Saphir]]
|ᚍ
|
|-
|13
|Ruis
|Das Unvermeidliche
|25. November
|[[Holunder]]
|[[Olivin]]
|ᚎ
|
|-
|14
|Unbehauener Stein
|Der Tag zwischen den Jahren
|23. Dezember
|
|
|
|[[Yule]]
|}
 
== Siehe auch ==
* [[Keltischer Jahreskreis]]
* [[Coelbren]]
* [[Keltomanie]]
 
== Literatur ==
* [[Helmut Birkhan]]: ''Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur.'' Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1997, ISBN 3-7001-2609-3.
* Helmut Birkhan: ''Nachantike Keltenrezeption: Projektionen keltischer Kultur.'' Praesens, 2009, ISBN 3-7069-0541-8.
* Helmut Birkhan: ''Beobachtungen zum mystischen Keltenbild besonders in Österreich.'' Referat bei der Kelten-Tagung in Hallein 2010.
* [[Raimund Karl]], [[Jutta Leskovar]], Stefan Moser (Hrsg.): ''Die erfundenen Kelten – Mythologie eines Begriffes und seine Verwendung in Archäologie, Tourismus und Esoterik : Tagungsbeiträge der 4. Linzer Gespräche zur interpretativen Eisenzeitarchäologie''. (=Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich, Folge 31). OÖ. Landesmuseum, Linz 2012, ISBN 978-3-85474-257-9.
* Gunter Lehrieder: ''Der Keltische Baumkreis.'' In: ''Der Steigerwald. Zeitschrift einer fränkischen Landschaft: Natur – Kultur – Geschichte.'' Band 27, Nr. 3 (Juli) 2007, S. 27–48.
* [[Wolfgang Meid]]: ''Keltische Religion im Zeugnis der Sprache''. Zeitschrift für celtische Philologie (ZcP), Vol.&nbsp;53, No.&nbsp;1, April 2003.
* Michael Vescoli: ''Der keltische Baumkalender. Über den Menschen die Zeit und die Bäume.'' Heinrich Hugendubel, München 1995; Neuauflage ebenda 2000, ISBN 3-89631-377-0.
* Bertram Wallrath: ''Märchen um keltischen Baumhoroskop.'' Smaragd, Woldert 2002.
 
== Weblinks ==
* [http://cura.free.fr/xv/13ellis2.html Peter B. Ellis: The Fabrication of 'Celtic' Astrology] (englisch).
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Astrologie]]
[[Kategorie:NeuheidentumNeopaganismus]]