„Flechten (Technik)“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt das Fertigungsverfahren. Zum textil Geflochtenen siehe: [[Geflecht (Textil)]].}}
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'''Flechten''' (von {{laS|plectere}}, u. a. über {{gohS|flehtan}}<ref>{{Internetquelle |url=https://www.duden.de/rechtschreibung/flechten |titel=flechten |werk=duden.de |sprache=de |abruf=2022-02-06}}</ref>) ist das Verbinden dünner und biegsamer Materialien (Flechtelemente) von Hand oder maschinell durch regelmäßiges Verkreuzen oder Verschlingen zu einem Geflecht(Flechtwerk).<ref>Meyers großes Taschenlexikon in 24 Bänden, 4., vollständig überarbeitete Auflage Bd. 10. Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus, Mannheim 1992, ISBN 3-411-11074-0, Bd. 7,S. 118.</ref><ref>Monika Künti: Aus Streifen geflochten – Geschichte, Techniken, Projekte. Haupt Verlag Bern 2019, ISBN 978-3-258-60197-7, S. 34/35.</ref> Mit dem Begriff '''Flechtwerk''' oder '''[[Geflecht (Textil)|Geflecht]]''' bezeichnet man einerseits Geflochtenes allgemein, andererseits eine [[Matte (Unterleger)|Matte]] oder einen [[Zaun]], aber auch das Füllen eines [[Gefach|Fachwerks]] mit geflochtenen Zweigen zur Herstellung einer [[Flechtwerkwand]].<ref>{{Literatur |Hrsg=[[Karl-Dieter Bünting]] |Titel=Deutsches Wörterbuch |Verlag=Isis |Ort=Chur (Schweiz) |Datum=1996 |Seiten=388}}</ref>
Das [[Flechtwerkgestalter|Flechthandwerk]] ist als [[Immaterielles Kulturerbe]] in Deutschland anerkannt
▲Das [[Flechthandwerk]] ist als [[Immaterielles Kulturerbe]] in Deutschland anerkannt worden. Die [[Deutsche UNESCO-Kommission]] hat das Flechthandwerk im Dezember 2016 in das [[Bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes|Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes]] aufgenommen.<ref>[https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland/flechthandwerk unesco.de]</ref>
== Einsatzbereiche ==
[[Datei:Reisstrohhut.JPG|mini|Geflochtenes Sechseckmuster bei einem Reisstrohhut]]Zum Flechten eignen sich viele Materialien, daher findet diese Methode in sehr unterschiedlichen Bereichen Verwendung. Flechten kann sowohl per Hand als auch maschinell erfolgen. Zur Erklärung sind einige Beispiele hier genannt:▼
▲Zum Flechten eignen sich viele Materialien, daher findet diese Methode in sehr unterschiedlichen Bereichen Verwendung. Flechten kann sowohl per Hand als auch maschinell erfolgen. Zur Erklärung sind einige Beispiele hier genannt:
* das Flechten von drei Haarsträhnen oder -strähnchen zu einem [[Zopf]]
* das Flechten von Lederstreifen oder -schnüren zu Riemen etwa für [[Gürtel]]
* [[Datei:Die Korbmacher in der Rurniederung - Grauflechten.webm|mini|Video: Korbflechten mit ungeschälten, also „grauen“ Weiden, 1974]]das [[Korb (Behälter)|Korbflechten]] und das Flechten von Matten, also das Herstellen von Flechtwerk durch Ineinanderschlingen von biegsamem Material vor allem von [[Bast (Pflanze)|Bast]], [[Rattan]] und [[
* in der [[Kunstschmied|Schmiedekunst]] das Verflechten gleicher oder Verschmieden gleicher [[Stahl]]stränge im [[Glühen|glühenden]] Zustand
* das Ineinanderschlingen von Teigsträngen etwa beim [[Hefezopf]] oder der [[Brezel]]
* maschinelles
** bei einer geradzahligen Anzahl von Fäden von einem Rundgeflecht oder einer Schnur
** bei ungeradzahligen von einem Flachgeflecht oder einer Litze spricht. (''siehe'' [[Flechtmaschine]]) Aus isolierten Kupferlitzen werden vier- und mehrpolige Kabel, aus nichtisolierten besonders flexible Litzenkabel, flache Entlötlitze und aus Stahldraht sich auf Zug verengende Ziehstrümpfe gefertigt.
* technische Produkte, wie z. B. [[Kletterseil]]e; die [[Seil]]e von [[Seilbrücke]]n wurden seit mehr als 1000 Jahren in [[China]] oder [[Südamerika]] aus Leder oder [[Faserpflanze|Pflanzenfasern]] geflochten – wie die letzte noch bestehende [[Hängebrücke]] der [[Inka]]s aus [[Gras]] ''(Ichu-Gras)'', die [[Hängebrücke Q’iswachaka|Q’iswachaka]].
* Herstellung von sog. 3D-Geflechten mit variabler Querschnittskontur wie bei [[Platting]]s und [[Scoubidou]]s, u. a. bei Faserverbundbauteilen oder Medizinanwendungen, wie [[Stent]]s
* [[Flechtwerkwand|Flechtwerkwände]], die in Europa meist mit [[Klaiben|Lehmbewurf]] versehen wurden.
[[Datei:Animation of the smallest braiding machine with three carriers and two horn gears.gif|mini|Arbeitsweise der kleinsten [[Flechtmaschine]] mit zwei Flügelrädern und drei Klöppeln]]Typisch für [[Bugholz]]stühle von [[
▲Typisch für [[Bugholz]]stühle von [[Gebrüder Thonet|Thonet]] ist die geflochtene Sitzfläche aus Wiener [[Geflecht]], auch Achteck- oder Wabengeflecht genannt. Dünne etwa 2,5 mm breite Rattanstreifen laufen gespannt in vier Richtungen (alle 45°) und sind in den senkrechten Bohrungen des Rahmens verknotet.
Die Geschichte der Teppichherstellung kennt den [[Gezopfter Teppich|gezopften Teppich]].
▲[[Datei:Braid StepBystep.jpg|mini|links|Flechten mit drei Fäden]]
Als [[Volkstanz]] gibt es den so genannten ''Bandltanz,'' wobei die [[Tanz|Tänzer]] jeweils ein Band halten und gegenläufig um einen [[Baum]] oder eine Stange tanzen und so die oben befestigten Bänder um diesen Baum flechten.
== Geschichte ==
[[Datei:Bergens Museums aarbok (1921) (19742271544).jpg|links|mini|Ornamentale [[Flechtband|Flechtbänder]] ]]
Flechten gilt als eine der ältesten Textiltechnik der Menschheit. Wahrscheinlich ist Flechten älter als [[Weben]], da ersteres ohne Werkzeuge, nur mit den Händen ausgeführt werden konnte und von großem funktionalem Wert war. Handgemachte Geflechte, darunter Seile und Körbe, aus Grabstätten im heutigen [[Peru]] werden auf 8600 bis 5780 v. Chr. datiert. Traditionelle chinesische und japanische Flechtbänder aus Seide, [[Kumihimo]] genannt, lassen sich bis in das 8. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Sohel Rana, Raul Fangueiro |Titel=Braided Structures and Composites: Production, Properties, Mechanics, and Technical Applications |Verlag=CRC Press |Datum=2015 |ISBN=978-1-4822-4501-1 |Seiten=5-6 |Online={{Google Buch |BuchID=N19ECgAAQBAJ |Seite=5 |Hervorhebung=history of braiding}}}}</ref> Auch die [[Jäger und Sammler]] der europäischen [[Mittelsteinzeit]] stellten schon [[zwirn]]<nowiki />geflochtene [[Reuse]]n, Matten und Spitzhüte her. Dazu wurden paarige Streifen von [[Eichen]]-, [[Linden (Gattung)|Linden]]- und [[Ulmen]]<nowiki />bast miteinander verzwirnt. Körbe und Siebe wurden in der Technik des Spiralwulstflechtens mit [[Binsen]]halmen, Gras und Rinden hergestellt.<ref>{{Literatur |Autor=Annemarie Feldtkeller, Helmut Schlichtherle |Titel=Flechten, Knüpfen und Weben in Pfahlbausiedlungen der Jungsteinzeit |Sammelwerk=Archäologie in Deutschland |Nummer=1 |Datum=1998 |ISSN=0176-8522 |Seiten=22–27 |JSTOR=26311663}}</ref> Umhang und Schuhwerk des Mannes vom Tisenjoch, [[Genanntname|vulgo]] „[[Ötzi]]“, weisen ebenfalls gezwirnte Geflechte auf.
Auch das Zopfflechten lässt sich durch einen Fund beim [[Tassili n'Ajjer]] schon für das 4. Jahrtausend v. Chr. in Afrika nachweisen;<ref>{{Literatur |Autor=Camille Yarbrough |Hrsg=Iwan Van Sertima |Titel=Female Style and Beauty in Ancient Africa. A Photo Essay |Sammelwerk=Black Women in Antiquity |Auflage=14. |Verlag=Rutgers |Datum=2010 |ISBN=978-0-87855-982-4 |Seiten=94 |Online={{Google Buch |BuchID=Ol9X2G2ub24C}}}}</ref> bis heute gilt die traditionelle Flechtkunst der [[Yoruba (Ethnie)|Yoruba]] zu den anspruchsvollsten Frisiertechniken der Welt.<ref>{{Literatur |Autor=Victoria Sherrow |Titel=Encyclopedia of Hair. A Cultural History |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, CT |Datum=2006 |ISBN=0-313-33145-6 |Seiten=411 |Online={{Google Buch |BuchID=9Z6vCGbf66YC}}}}</ref> [[Matte (Unterleger)|Matten]] und [[Teppich]]e, die aus langen Gewebestreifen geflochten waren, sind in fast allen Weltregionen spätestens im ersten vorchristlichen Jahrtausend nachweisbar. Im [[Altes Ägypten|Alten Ägypten]], in der [[Wari-Kultur|Wari-]] und [[Chavín de Huántar|Chavin-Kultur]] sowie in [[Geschichte Japans|frühen japanischen Kulturen]] wurden Geflechte, vor allem Flachgeflechte, nicht nur zu funktionalen, sondern auch zu dekorativen Zwecken verwendet. Darauf lassen auch [[Keramik]]en aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. schließen, in denen Abdrücke geflochtener Bänder gefunden wurden.<ref name=":0" />
Nachdem Flechten jahrtausendelang Handarbeit war, wurde 1748 das erste Patent für eine Flechtmaschine im [[England|englischen]] [[Manchester]] ausgestellt. 1767 entstand im deutschen [[Barmen]] die erste Flechtmaschine aus [[Eisen]].<ref>{{Literatur |Autor=David Branscomb, David Beale, Royall Broughton |Titel=New Directions in Braiding |Sammelwerk=Journal of Engineered Fibers and Fabrics |Band=8 |Nummer=2 |Datum=2013 |Online=http://64.71.128.227/papers/Volume8/JEFF8-02-02.Branscomb.D.pdf |Format=PDF |KBytes=}}</ref>
== Literatur ==
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* Susie Vaughan: ''Einfach Korbflechten.'' Verlag Ökobuch, 2005, ISBN 3-936896-14-3.
* Hilary Burns: ''Weiden, Binsen, Peddigrohr: Flechten mit Naturmaterialien.'' Haupt Verlag AG, 2000, ISBN 3-258-06045-2.
* {{Literatur |Autor=Bryan Sentance |Titel=Atlas der Flechtkunst: ein illustrierter Führer durch die Welt der geflochtenen Objekte |Verlag=Haupt |Ort=Bern |Datum=2001 |ISBN=3-258-06326-5}}
* {{Literatur |Autor=D. Brunnschweiler |Titel=BRAIDS AND BRAIDING |Sammelwerk=Journal of the Textile Institute Proceedings |Band=44 |Nummer=9 |Datum=1953-09 |ISSN=1944-7019 |Seiten=P666–P686 |DOI=10.1080/19447015308687874}}
* Bernhard Lepperhoff: ''Die Flechterei'', 1953, Verlag Leuze
== Weblinks ==
{{Commonscat|Braids}}<!-- [[Datei:Braidswith 3 4 5 6 yarns.jpg|mini|Geflochtene Zöpfe mit unterschiedlicher Fadenzahl]] << etwas unansehnliche Farben ... -->▼
* [https://www.faszination-flechten.de/ Faszination Flechten] Homepage des Bundesinnungsverbandes für das Korb- und Flechtwerkgestalterhandwerk
* [https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/nebennutzung/waldprodukte/flechten-mit-heimischen-hoelzern Flechten mit heimischen Hölzern] auf waldwissen.net
▲<!-- [[Datei:Braidswith 3 4 5 6 yarns.jpg|mini|Geflochtene Zöpfe mit unterschiedlicher Fadenzahl]] << etwas unansehnliche Farben ... -->
* [https://korbflechten.ch/ IGK Schweiz] Homepage der Interessengemeinschaft Korbflechterei Schweiz
* [https://www.flechtausbildung.de/ Staatliche Berufsfachschule für Flechtwerkgestaltung] in Lichtenfels
== Einzelnachweise ==
<references />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4071252-7
[[Kategorie:Handwerkstechnik]]
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