„Frühdynastische Zeit (Mesopotamien)“ – Versionsunterschied

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Als '''Frühdynastische Zeit (Mesopotamien)''' oder '''Frühdynastikum''' (abgekürzt ''FD'' oder ''Ed'' für ''early dynastic'') bezeichnet man eine historische Epoche aus der frühen Geschichte Mesopotamiens (wobei [[Sumer]] und [[Akkad]] als die Kerngebiete gelten), die im Anschluss an die [[Dschemdet-Nasr-Zeit|Ǧemdet-Nasr-Zeit]] um etwa 2900 v. Chr. begann und mit der Gründung des Reiches von Akkad unter [[Sargon von Akkad|Sargon I.]] um 2340 endete. Mit der Entstehung der Schrift um etwa 3200 v. Chr. in Sumer lassen sich erstmals archäologische und schriftliche Quellen aus der Frühdynastischen Zeit verbinden, was zu einer differenzierteren Beobachtung der mesopotamischen Geschichte beiträgt.
 
== Archäologische Unterteilung ==
Anhand von Ausgrabungen der Ruinenhügel [[Tell Agreb]], [[Tell Asmar]] und [[Hafaǧi]], die 1930 im [[Diyala]]-Gebiet (östlich von [[Bagdad]]) stattfanden, nahm man eine Dreiteilung der Frühdynastischen Zeit wie folgt vor (hier die „mittlere“ Chronologie):
* Frühdynastisch I (2900–2750 v. Chr.)
* Frühdynastisch II (2750–2600 v. Chr.)
* Frühdynastisch III a/b (2600–2450/2340 v. Chr.)
Die „kurze“ Chronologie reicht von 2800 bis 2230 v. Chr.
Diese Dreiteilung ist allerdings aufgrund der oftmals fehlenden Übereinstimmung bei der Betrachtung anderer Fundorte eher umstritten und so wird das Frühdynastikum meistens nur in ein älteres (2900–2600 v. Chr.) und ein jüngeres (2600–2350 v. Chr.) unterteilt.
Eine von Wolfram Nagel vertretene lange Chronologie datiert zwischen 3100 und 2440 v. Chr.<ref>{{Literatur |Autor=[[Wolfram Nagel]], Christian Eder, [[Eva Strommenger]] |Titel=Archaische Wagen in Vorderasien und Indien. Bauweise und Nutzung. |Verlag=Reimer |Ort=Berlin |Jahr=2017 |ISBN=978-3-496-01568-0}}</ref>
 
== Schriftzeugnisse ==
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== Stadtstaaten ==
Die Stadtstaaten in Sumer und Akkad wurden autonom von jeweils einem Stadtfürsten ([[Ensi (Sumer)|ensi]] oder [[lugal]] genannt) regiert. Da sich die meisten Stadtstaaten in der Tiefebene zwischen [[Euphrat]] und [[Tigris]] in einem begrenzten Ballungsraum befanden, kam es des Öfteren zu Streitigkeiten und Kriegen unter den Stadtstaaten, wobei natürlich jeder Fürst ständig bestrebt war, sein eigenes Territorium zu sichern und neues hinzuzugewinnen. Davon zeugen unter anderem die besonders in dieser Zeit entstandenen starken Befestigungsanlagen der sumerischen und akkadischen Städte.
 
[[Datei:Basse Mesopotamie DA.PNG|mini|Wichtige Städte in Niedermesopotamien während der Frühdynastischen Periode, mit dem ungefähren Verlauf der Flüsse und der alten Küstenlinie des Golfs.]]
=== Bevölkerung ===
Ein Hauptmerkmal dieser Epoche ist sicherlich die Landflucht, bei der es zahlreiche Menschen in die Großstädte der wasserreichen Gebiete Mesopotamiens zog. Zum einen sorgten Trockenheiten in den wasserarmen Gebieten, zum anderen die durch den Menschen selbst verursachte zunehmende Versalzung des Bodens für einen Rückgang der ländlichen Bevölkerung.
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In der Frühdynastischen Epoche tritt erstmals in der Geschichte Mesopotamiens eine Trennung zwischen Staat und Tempel auf. Im Vergleich zur älteren [[Uruk-Zeit]], wo keine differenzierten Aussagen über bestimmte Funktionen von Gebäuden im sakralen Bereich oder der damit verbundenen Berufsgruppen wie zum Beispiel Priestern gemacht werden können, lassen sich die Merkmale sakraler Bauten (Tempel) und profaner Bauten (Paläste, Repräsentationsbauten) jetzt deutlicher ausmachen. Außerdem geht eine gesellschaftliche Veränderung damit einher. Es entsteht eine adlige Oberschicht, bestehend aus privilegierten Familien, welche eng mit der Herrscherfamilie verbunden war. Dieser Wandel der Gesellschaft brachte ein stetiges Streben der Oberschicht nach Luxus und Ansehen mit sich; sichtbar an prunkvoll ausgestatteten Gräbern und sogenannten Gefolgschaftsgräbern wie dem Königsgrab von [[Ur (Stadt)|Ur]], bei denen der gesamte Hofstaat dem Verstorbenen in den Tod folgte.
 
Zur Architektur der [[Tempel]] lässt sich sagen, dass sie von nun an nicht mehr ebenerdig, sondern auf einer Art Terrasse errichtet wurden, welche ein festes Fundament darstellte. Wie schon zu früheren Zeiten, wurden auch hier die Tempelanlagen ummauert.
 
==== Wirtschaft ====
Die Wirtschaft stellte in der Frühdynastischen Zeit eine Art „Planwirtschaft“ dar. Palast und Tempel kontrollierten den Handel, dieweite Teile der Landwirtschaft und Gewerbetätigkeit und regelten die Abgaben. Da sich die Beamten des Königs allerdings zunehmend an den Abgaben bereicherten, führte dies zu [[Machtmissbrauch]] und Ausbeutung der ohnehin benachteiligten Bevölkerung. Ein König, der gegen diesen Missstand einschritt, um die ausgebeuteten und dadurch verschuldeten Menschen zu schützen, war [[Urukagina]] von [[Lagasch]] (auch Iri-kagina), der gegen Ende dieser Epoche um 2350 v. Chr. lebte. Er stellte Reformgesetze auf, die Schuldenerlass, Befreiung aus der Knechtschaft und weitere sozialpolitische Fortschritte beinhalten. Bei der Aufstellung dieser Reformen, wie auch bei jeder Handlung, die er als König gegenüber dem Staat vollzieht, beruft er sich auf [[Ningirsu]], den Stadtgott von Lagasch. Diese Rechtfertigung der Königsherrschaft und der damit verbundenen Pflichten als gottgewollt darzustellen, beobachtet man überall in der frühen mesopotamischen Geschichte.
 
Das wichtigste angebaute Getreide war die [[Gerste]], jeweils mit speziell angepassten Sorten im Trockenanbau im Norden und auf bewässerten Flächen im Süden. Ebenfalls bedeutsam, insbesondere im Norden, war [[Weizen]]. Dabei wurden vor allem [[Emmer (Getreide)|Emmer]] und andere behüllte Varianten angebaut, im geringen Umfang aber auch [[Weichweizen]]. Verbreitete Feldfrüchte waren zudem [[Linse (Botanik)|Linse]], [[Erbse]] und [[Kichererbse]]. Die wichtigsten Gemüse waren verschiedene [[Lauch (Gattung)|Laucharten]]. Als Ölpflanzen wurden [[Gemeiner Lein]] und in geringerem Umfang [[Sesam]] angebaut. Die Dattelpalme war insbesondere im Süden die wichtigste kultivierte Baumart, neben [[Echte Feige|Feige]], [[Weinreben|Wein]], [[Granatapfel]], [[Kulturapfel]] und [[Olivenbaum]]. Im Norden Mesopotamiens spielte die Weintraube eine größere Rolle als im Süden. Ziegen und Schafe waren die bei weitem wichtigsten Nutztiere. Die [[Hausrind|Rinderzucht]] nahm einen wesentlich geringeren Umfang ein, insbesondere wegen kaum vorhandenem natürlichen Grünfutter im Süden Mesopotamiens. Rinder wurden vor allem wegen ihrer Zugkraft und als besonders hochwertige Geschenke und kultische Opfergaben gezüchtet. In erster Linie wurden aber [[Hausesel|Esel]] als Zug-, Last- und Reittiere genutzt. [[Hauspferd|Pferdezucht]] war bekannt, hatte aber eine wesentlich geringere Bedeutung als in der späten Bronzezeit. Zudem wurden [[Hausente]]n und [[Hausgans|Hausgänse]] gehalten. Die [[Geschichte der Schweinehaltung|Schweinezucht]] nahm durch das gesamte 3. Jahrtausend v. Chr. hindurch einen deutlichen Aufschwung.<ref>[[Michael Jursa]]: ''Agriculture in Bronze Age Mesopotamia''. In: David Hollander, Timothy Howe: ''A companion to ancient agriculture''. John Wiley & Sons, 2021. S. 155f.</ref>
 
Wie bereits in der vorhergehenden Uruk-Zeit waren sowohl private Haushalte als auch Herrscherhaushalte und Tempel Eigentümer von Agrarland. Auch die Überlassung von Land der Institutionen für Gegenleistungen an Haushalte bestand weiter. Im Verlauf der Epoche sowie der weiteren Bronzezeit scheint sich der Landbesitz zu Gunsten der Institutionen verschoben zu haben. Ein wichtiger Grund dafür dürften die umfangreichen Bewässerungsanlagen gewesen sein, die im Süden Mesopotamiens seit dem Wandel zum trockeneren Klima im vierten Jahrtausend nötig geworden waren. Diese ließen sich durch Institutionen und die ihnen zur Verfügung stehende Arbeitskraft leichter anlegen, pflegen und betreiben. Zudem dürfte den Institutionen auch der Einsatz von dreiköpfigen Arbeitsgruppen mit dem [[Pflug#Ritzpfluggerät|Ritzpflug]] zur Aussaat leichter gefallen sein, der zu dieser Zeit effizientesten landwirtschaftlichen Arbeitseinheit. Für etwa 2500 v. Chr. berichten Dokumente aus [[Girsu]] von vielschichtigen Formen der Bearbeitung des Landbesitzes eines Tempels. Sowohl die Arbeitsleistung von Mitgliedern des Tempelhaushalts als auch Frondienste externer Personen zur direkten Erwirtschaftung von Erträgen für den Tempel werden dokumentiert als auch die Überlassung von Land an Mitglieder des Tempelhaushalts zur Selbstversorgung. Weitere Flächen wurden an Pächter von außerhalb des Tempelhaushalts verpachtet, die entweder einen Teil der Erträge oder feste Zahlungen leisten mussten.<ref>[[Michael Jursa]]: ''Agriculture in Bronze Age Mesopotamia''. In: David Hollander, Timothy Howe: ''A companion to ancient agriculture''. John Wiley & Sons, 2021. S. 162f.</ref>
 
== Fußnoten ==
<references />
 
== Siehe auch ==
* [[Sumerische Königsliste]]
* [[Urukagina]]
* [[Liste der Könige von Lagaš]]
 
== Literatur ==
* Bär, [[Jürgen Bär]]: ''Frühe Hochkulturen an Euphrat und Tigris.'' Theiss, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8062-2139-8.
* Nissen, [[Hans JörgJ. Nissen]]: ''Geschichte Alt-Vorderasiens'' (= ''[[Oldenbourg Grundriss der Geschichte]].'' 25). 2., Münchenvollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg, München 2012, 62ISBN 978-733-486-59223-8, S. 62–73.
 
{{SORTIERUNG:Fruhdynastische Zeit}}
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[[Kategorie:Sumer]]
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