„Irdisches Paradies“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Lucas Cranach the Elder - The Garden of Eden - Google Art Project.jpg|mini|Das Paradies als Welt des Friedens (1536)]]
Im Christentum existiert die Vorstellung zweier Paradiese: zum einen das künftige [[himmlisches Jerusalem|himmlische Jerusalem]] gemäß dem Buch der Apokalypse, zum anderen der [[Garten Eden]] auf der Erde, in welchem Adam und Eva von Gott geschaffen wurden, gemäß dem Buch der Genesis.
== Eigenschaften des irdischen Paradieses ==
Das irdische Paradies ist der in der ''[[1. Buch Mose|Genesis]]'' beschriebene ''[[Garten Eden]]''. Obwohl es auf der Erde lokalisiert ist, verspricht es neben sinnlichen Genüssen und Kostbarkeiten das ewige Leben, wobei hier die Einschränkung gilt, dass das ewige Leben auf den Aufenthalt im Garten beschränkt ist.<ref>Klaus H. Börner: ''Auf der Suche nach dem irdischen Paradies. Zur Ikonographie der geographischen Utopie.'' Frankfurt 1984</ref> [[Isidor von Sevilla]] beschreibt das Paradies als Garten mit Bäumen jeglicher Art, auch mit dem [[Baum des Lebens]]. Es gibt dort keine Kälte und keine Hitze, nur gemäßigtes Klima. In der Mitte entspringt eine Quelle und teilt sich in vier Flüsse. Der Garten ist von einem Flammenring umgeben und wird von einem [[
▲Das irdische Paradies ist der in der [[1. Buch Mose|Genesis]] beschriebene [[Garten Eden]]. Obwohl es auf der Erde lokalisiert ist, verspricht es neben sinnlichen Genüssen und Kostbarkeiten das ewige Leben, wobei hier die Einschränkung gilt, dass das ewige Leben auf den Aufenthalt im Garten beschränkt ist.<ref>Klaus H. Börner: ''Auf der Suche nach dem irdischen Paradies. Zur Ikonographie der geographischen Utopie.'' Frankfurt 1984</ref> [[Isidor von Sevilla]] beschreibt das Paradies als Garten mit Bäumen jeglicher Art, auch mit dem [[Baum des Lebens]]. Es gibt dort keine Kälte und keine Hitze, nur gemäßigtes Klima. In der Mitte entspringt eine Quelle und teilt sich in vier Flüsse. Der Garten ist von einem Flammenring umgeben und wird von einem [[Cherubim]] bewacht. Das irdische Paradies wird in fast allen Quellen als nicht zugänglich beschrieben, eine Ausnahme bildet die [[Brendan der Reisende|Navigatio Sancti Brendani]]. Dennoch war die Suche danach ein beliebtes Thema, wie die verschiedenen Quellen zeigen. [[Jehan de Mandeville|John de Mandeville]] schreibt erstaunlich ehrlich, dass er selbst nicht dagewesen sei. Dann listet er einige Angaben aus anderen Quellen auf.<ref>''Travels'' (Kapitel XXXIII) online z. B. unter: http://www.planetnana.co.il/notes/books/mandeville.htm</ref> Die Suche nach dem irdischen Paradies wird immer als strapaziös und gefährlich geschildert.
== Lage des irdischen Paradieses ==
[[Datei:Friede.jpg|mini|Friede auf der Erde]]
Die meisten topographischen Angaben in mittelalterlichen Texten oder Karten beziehen sich auf die biblische Vorlage. Einige weichen auch davon ab oder gehen darüber hinaus.
Man versuchte auch, das Paradies zu lokalisieren, indem man die vier [[Garten Eden#Die vier Paradiesflüsse|Paradiesflüsse]] mit echten Flüssen verglich. Leider fand sich keine Stelle, an der vier große Ströme nach der Beschreibung der Genesis zusammenkommen. Man wusste aber, dass einige reale Flüsse unterirdisch fließen und daher ihr Austrittsort nicht mit der Quelle identisch ist. Daraus folgerte unter anderen schon [[Augustinus von Hippo]], dass die Paradiesflüsse streckenweise unterirdisch fließen und dann an den irdischen Quellen der geographischen Flüsse unter deren Namen weiter laufen. So hatte man z. B. die Quelle des Nil noch nicht gefunden und konnte die Vorstellung des Nil als Fortsetzung eines der Paradiesflüsse problemlos in die Debatte integrieren. Welcher Paradiesfluss mit welchem realen Fluss gleichgesetzt wurde, variiert. Die [[Septuaginta]] identifiziert den Geon als den Nil, da man unter Kusch das obere Niltal südlich von Ägypten verstand. Ebenso lautet die Gleichsetzung nach dem Meister aus dem [[Lucidarius]]: Nil = Gehon; Ganges = Phison; Tigris = Tigris; Euphrat = Euphrat.
=== Das irdische Paradies im Reich des Priesterkönigs ===
Es ist nicht verwunderlich, dass das Paradies ein zentrales Motiv des Briefs des [[Priesterkönig Johannes|Priesterkönigs Johannes]] ist. Der Brief sollte vermutlich die Kreuzzugsbegeisterung und die Hoffnung auf Hilfe durch einen neuen christlichen Verbündeten neu entfachen und die Zustände in Europa zur Zeit [[Friedrich I. (HRR)|Barbarossas]] anprangern. Er verbindet die Sehnsucht nach paradiesischen Zuständen mit einer politischen [[Utopie]]. Das Land des Priesterkönigs liegt im Osten und damit in der Nähe des Paradieses, so dass es sich nach damaliger Vorstellung zwangsläufig daran annähern muss.▼
▲Es ist nicht verwunderlich, dass das Paradies ein zentrales Motiv des Briefs des [[Priesterkönig Johannes|Priesterkönigs Johannes]] ist. Der Brief sollte vermutlich die Kreuzzugsbegeisterung und die Hoffnung auf Hilfe durch einen neuen christlichen Verbündeten neu entfachen und die Zustände in Europa zur Zeit [[Friedrich I. (HRR)|Barbarossas]] anprangern. Er verbindet die Sehnsucht nach paradiesischen Zuständen mit einer politischen Utopie. Das Land des Priesterkönigs liegt im Osten und damit in der Nähe des Paradieses, so dass es sich nach damaliger Vorstellung zwangsläufig daran annähern muss.
== Das irdische Paradies in der Kunst ==
Besonders wichtig und ebenso schwierig war für mittelalterliche Kartographen die Darstellung der Unzugänglichkeit. Die Literatur hat hier wesentlich vielfältigere Möglichkeiten. So konnte man z. B. die bei Brendan erwähnte Nebelwand nicht eindeutig malen. Also zeichnete man Feuerwände, Gebirge und Mauern oder nutzte die Darstellung als Insel. Zu sehen ist meist nur eine dünne, geschlängelte Linie um das Paradies, die z. B. rot (Feuer) oder hellbraun (Gebirge) sein kann.
== Islam ==
▲Besonders wichtig und ebenso schwierig war für mittelalterliche Kartographen die Darstellung der Unzugänglichkeit. Die Literatur hat hier wesentlich vielfältigere Möglichkeiten. So konnte man z. B. die bei Brendan erwähnte Nebelwand nicht eindeutig malen. Also zeichnete man Feuerwände, Gebirge und Mauern oder nutzte die Darstellung als Insel. Zu sehen ist meist nur eine dünne, geschlängelte Linie um das Paradies, die z. B. rot (Feuer) oder hellbraun (Gebirge) sein kann. Die Paradiesdarstellung in der [[Ebstorfer Weltkarte]] wurde vermutlich aus einer Beatuskarte von spanischen Kartographen übernommen. <ref>Jürgen Wilke: Die Ebstorfer Weltkarte. 1.Textband. Bielefeld 2001.</ref> Man weiß nicht genau, welche Farbe die Trennwand hatte, da die Karte nur noch in einer schwarzweißen Photographie vorliegt. Es wird mittlerweile angenommen, dass die Trennlinie hellbraun war, also Gebirge darstellte.
Der [[Islam]] kennt die Idee des irdischen Paradieses nicht. Ein [[Sufismus|sufischer]] Heiliger in [[Shergarh]], südlich von [[Lahore]], riss allerdings seinen Garten aus, damit seine Anhänger ihn nicht mit dem Paradies verwechselten<ref> James L. Wescoat Jr. 1995. From the gardens of the Qur'an to the “gardens” of Lahore. Landscape Research 20/1, 24</ref>.
==
[[Vishnu]]s Aspekt als auf der Weltenschlange ''[[shesha]]'' oder ''ananta'' ruhender, d. h. träumender oder meditierender Gott ''[[vaikuntha]]'' wird oft als Darstellung eines ursprünglichen, vor der eigentlichen Schöpfung liegenden Paradieses interpretiert. Dieses liegt an den Hängen des Berges [[Meru (Mythologie)|Meru]] und besteht nur aus Gold und kostbaren Edelsteinen; der Fluss ''[[ganga]]'' fließt mitten durch ihn hindurch.<ref>Veronica Ions: ''Indian Mythology.'' Hamlyn Publishing, Rushden 1988, ISBN 0-600-34285-9, S. 46.</ref>
Mit [[Krishna]]s Wohnort ''[[goloka]]'' (‚Kuhwelt‘) verknüpfen einige seiner Anhänger ähnliche Vorstellungen.<ref>{{Monier-Williams1899|goloka|366|3}}</ref>
<references />▼
== Literatur ==
* [[Klaus H. Börner]]: ''Auf der Suche nach dem irdischen Paradies. Zur Ikonographie der geographischen Utopie.'' Frankfurt 1984▼
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▲* Klaus H. Börner: ''Auf der Suche nach dem irdischen Paradies. Zur Ikonographie der geographischen Utopie.'' Frankfurt 1984
▲* Autor: ''Titel.'' In: Lexikon des Mittelalters, Band 6, 2000, 1697–1699
* A. Graf: ''Miti e leggende e superstizioni del Medio evo.'' Torini 1925
* R.R. Grimm: ''Paradisus Coelestis Paradisus Terrestris. Zur Auslegungsgeschichte im Abendland bis um 1200.'' München 1977
* Heinrich Krauss: ''Das Paradies. Eine kleine Kulturgeschichte.'' München 2004.
== Weblinks ==
* [http://books.google.com/books?id=ARIfXwi2mjAC&pg=PA357&lpg=PA357&dq=das+irdische+paradies&source=web&ots=cQiuMqGxYO&sig=j6ZNW03iXsOA3I73tKSY_1qmCBc Marcello Garzaniti: ''Das Bild der Welt und die Suche nach dem irdischen Paradies in der Rus’.'']
* [http://books.google.com/books?id=eD-2HHOVxIUC&pg=PA273&lpg=PA273&dq=das+irdische+paradies&source=web&ots=ZJ6fittwoJ&sig=3x1KCEcCpWF6vNFsvbKHXLaq0lY#PPA273,M1Henryk Anzulewicz: ''Perspektive und Raumvorstellung. 2. Wohnorte des Menschen – paradisus und mundus.'']
== Einzelnachweise ==
▲<references />
[[Kategorie:Christentumsgeschichte (Mittelalter)]]
[[Kategorie:Fiktiver Ort]]
[[Kategorie:Geographie des Mittelalters]]
[[Kategorie:Mythologischer Ort]]
[[Kategorie:Eschatologie]]
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